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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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India skeptisch.
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Ach, das wissen Sie doch ganz genau. Sie haben doch so was schon öfter praktiziert.«
    Â»Das kommt darauf an, was Sie mit ›so was‹ meinen.«
    Â»Na ja, Frauen eingeladen. Oder wollen Sie mir vielleicht erzählen, ich wäre die Erste?«
    Â»Nein. Aber das hier ist etwas anderes.«
    Â»Ach, du lieber Gott. Das sagen sie auch alle.«
    Â»Alison und ich gehen seit vielen Jahren getrennte Wege. Sie hat ihre Interessen, ich habe meine. Wir trennen uns nur unserer Tochter wegen nicht. Missverstehen Sie mich bitte nicht, India. Sie haben mir neulich Abend das Vergnügen Ihrer Gesellschaft geschenkt, und ich würde mich gern revanchieren, das ist alles.« Lügner, dachte sie. »Ich muss heute Abend noch nach Cambridge zurück«, fuhr er fort. »Aber zwischen sechs und sieben bin ich im Claridge’s in der Bar. Kennen Sie die?«
    Â»Ja. Aber ich komme nicht.«
    Â»Um ehrlich zu sein, Sie gehen mir nicht aus dem Kopf«, fügte er hinzu.
    India lächelte ein wenig traurig. »Auch das sagen sie alle, Marcus.«
    Rileys Haus in Tufnell Park war freundlich und großzügig. Drucke hingen an den Wänden, und er besaß Unmengen von Büchern und Schallplatten – eine Mischung, wie Ellen feststellte, als sie sie durchsah, während er Annie zu Bett brachte, aus klassischer Musik (viel Mozart) und Jazz. Pearls Geist war noch im Haus zu spüren. Die Romane von Daphne du Maurier und Monica Dickens, die im Regal standen, gehörten sicher ihr, und die bunten Kissen und Vorhänge mit den knalligen Mustern waren gewiss nicht Rileys Geschmack. Das Foto auf dem Sideboard zeigte eine lachende und auffallend schöne Frau.
    Als Riley wieder herunterkam, fragte er, ob es ihr etwas ausmache, in der Küche zu essen. Natürlich nicht, beruhigte Ellen ihn. Die Küche war groß und hell, der Esstisch stand vor einer Fenstertür mit Blick auf den Garten. Annies Malbilder hingen an den Wänden und am Kühlschrank. Ellen vermutete, dass Riley es vorzog, in der Küche zu bleiben, weil er die schmerzlichen Erinnerungen an intime Abendessen mit Pearl im Speisezimmer scheute.
    Â»Mein kulinarisches Repertoire ist leider beschränkt«, sagte er, aber die Lammkoteletts und das Gemüse schmeckten ausgezeichnet, und sie sparte nicht mit Komplimenten. Er habe sich das Kochen während seiner Militärzeit notgedrungen selbst beibringen müssen, um wenn möglich die Militärrationen aufzubessern. Während er von der Zeit an der Front erzählte, entdeckten sie, dass er, damals bei den Fallschirmjägern, 1944 praktisch zur gleichen Zeit in Nordfrankreich gewesen sein musste wie Ellens Vater, der als Oberst bei den Royal Engineers diente.
    Er deckte das Geschirr ab, schenkte Wein nach und stellte einen Schokoladenkuchen auf den Tisch. Während er Wasser in den Kessel laufen ließ, um Kaffee zu machen, sagte er: »Es ist wirklich nett, dass Sie gekommen sind, Ellen. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
    Â»Ich bin gern gekommen«, erwiderte sie. »Außerdem konnte ich so meinem letzten Freund entfliehen.«
    Â»Ihrem letzten Freund?«, fragte er amüsiert.
    Â»Ja, er kreuzt ständig bei mir zu Hause auf und bittet mich, zu ihm zurückzukehren. Das heißt, nein, er bittet eigentlich nicht, er hält mir eher vor, wie falsch meine Entscheidung war, und behauptet, genau zu wissen, wie sehr er mir fehlt.«
    Â»Und – fehlt er Ihnen?«
    Â»Nicht die Spur. Daher mein Bedürfnis, abzutauchen.«
    In der kurzen Stille, die darauf folgte, dachte sie über ihre Worte nach. Alle in ihrer Familie hatten diese fatale Neigung, seelisch belastende Situationen einfach wegzuschieben, anstatt sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. In Wirklichkeit war der Bruch mit Simon alles andere als leicht gewesen. Sie hatte ihn verletzt, und das belastete sie, aber nicht etwa, dass sie sich dem stellte; nein, sie versuchte, mit Witzen und Spott darüber hinwegzugehen.
    Â»Und wie geht es Ihnen, Riley?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
    Â»Gut.«
    Â»Ach, tun Sie doch nicht so.« Sie sah ihn forschend an. »Ihre Frau hat Sie vor drei Monaten verlassen. Da wird es Ihnen wohl kaum gut gehen.«
    Er stand noch am Herd und drehte sich nach ihr um. »Wollen Sie es genauer wissen? Pearl hat Annie eines Tages im August bei einer

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