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An einem Tag wie diesem

An einem Tag wie diesem

Titel: An einem Tag wie diesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stamm
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vorbeikommen. Kaum hatte Andreas die Nachricht abgehört, klingelte es an der Tür, und der Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt.
    Er habe gedacht, Andreas sei in den Ferien, sagte der Immobilienhändler. Andreas sagte, er sei früher zurückgekommen als geplant. Er sei dabei, die Wohnung zu räumen. Sie sollten sich nur umschauen. Der Immobilienhändler stellte ihm die Interessenten vor, das Ehepaar
Cordelier aus Perpignan. Die beiden waren ziemlich jung. Die Frau war schwanger und sah etwas aufgelöst aus. Der Mann hatte schwarzes Haar, sein Gesicht war von der Sonne gebräunt und hatte einen brutalen Ausdruck. Er erzählte, er arbeite für einen Blumengroßhändler und sei nach Paris versetzt worden, um sich um den Absatz zu kümmern.
    »Er ist zum Vizedirektor befördert worden«, sagte die Frau. Sie war sichtlich stolz auf ihren Mann.
    Andreas blieb in der Küche, während der Immobilienhändler das Paar durch die Wohnung führte. Er hörte Rufe des Entzückens. Schließlich kamen die drei in die Küche zurück.
    »Die Wohnung ist ein Schmuckstück«, sagte die Frau.
    »Natürlich ist sie ziemlich klein«, sagte der Mann.
    Der Immobilienhändler sagte, für diesen Preis bekämen sie nichts Größeres, nicht in diesem Viertel.
    »Die Preise sind in den letzten Jahren stark gestiegen«, sagte er, »und sie steigen weiter. Die Wohnung ist eine Kapitalanlage.«
    Andreas wunderte sich, dass sie ihn nicht nach dem Grund für seinen Auszug fragten. Die Frau erkundigte sich nach Kinderspielplätzen, nach Kindergärten und Schulen. Andreas sagte, er habe keine Kinder. Es gebe ein paar kleine Parks in der Gegend, sagte der Immobilienhändler, und der Friedhof von Montmartre sei gleich um die Ecke. Natürlich sei das nicht Perpignan.
    »Ihr Erstes?«, fragte er.
    Die Frau nickte eifrig und sagte, sie seien seit einem Jahr verheiratet. Sie lehnte sich an ihren Mann, und er
legte ihr den Arm um den Hals und küsste sie auf die Wange. Es sah aus, als wolle er sie würgen.
    »Die Möbel sind wunderbar«, sagte die Frau, »sehr stilvoll. Findest du nicht, Hervé?«
    »Wir haben bis jetzt bei den Eltern meiner Frau gewohnt«, sagte der Mann.
    »Sie haben ein riesiges Haus«, sagte sie, »und einen großen Garten mit alten Bäumen.«
    Andreas sagte, er brauche die Möbel nicht mehr. Wenn sie das eine oder andere Stück haben wollten, könne man darüber reden. Das Gesicht der Frau nahm plötzlich einen traurigen Ausdruck an. Der Mann legte eine Hand auf ihren Bauch und sagte, es werde schon gut gehen.
    »Alles ist neu«, sagte sie, »das Kind und die Stadt, all die Sachen, die man kaufen muss.«
    »Schauen Sie sich um«, sagte der Immobilienhändler. »Ich lasse Sie allein, dann können Sie sich in Ruhe besprechen.«
    Das Paar ging noch einmal durch die Wohnung. Der Immobilienhändler zeigte mit dem Daumen nach oben und nickte Andreas zu. Dann rieb er die Finger der rechten Hand aneinander.
    »Er ist ein ziemlicher Schwachkopf«, sagte er leise. »Die Firma, bei der er arbeitet, gehört ihren Eltern. Da kommt das Geld her.«
    Andreas bot ihm Kaffee an, aber der Immobilienhändler lehnte ab. Er legte eine Hand auf seinen Magen und bat um ein Glas Wasser. Sie warteten schweigend. Nach einer Weile trat Andreas in den Flur und schaute ins Wohnzimmer. Das Paar stand am Fenster. Sie küssten
sich. Der Mann war etwas in die Knie gegangen, er hatte den Rock der Frau hochgehoben und streichelte mit der Hand die Innenseite ihrer Oberschenkel. Andreas schlich zurück in die Küche. Der Immobilienhändler schaute ihn fragend an, und Andreas verzog das Gesicht.
    »Die Wohnung ist wirklich wunderschön«, sagte die Frau, als sie zurück in die Küche kam. Der Mann war im Flur stehen geblieben und musterte mit wichtigem Gesicht den Sicherungskasten.
    »Dann wollen wir mal«, sagte der Immobilienhändler. Er sagte, sie würden sich noch ein anderes Objekt anschauen. Er schüttelte Andreas die Hand.
    »Sie werden von mir hören.«
     
    Der Hamburger war kalt und schmeckte widerlich, aber Andreas aß ihn trotzdem. Dann legte er sich etwas hin. Er lag auf dem Sofa und stellte sich vor, wie die Cordeliers in seiner Wohnung lebten. Er stand im Hof und schaute hinauf zu den erleuchteten Fenstern, hinter denen sich die Familie bewegte. Das Kind trat ans Fenster und schob die Gardine beiseite und schaute hinaus. Es war ein Junge von vielleicht fünf Jahren. Während Andreas ihn betrachtete, schien er zu wachsen und älter zu werden. Seine Mutter trat

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