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An Paris hat niemand gedacht

An Paris hat niemand gedacht

Titel: An Paris hat niemand gedacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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elf einen Termin, aber wenn du zu mir in die Stadt kommst, mache ich uns Frühstück.«
    »Großartig! Gegen neun? Ist das zu früh?«
    »Perfekt. Ich freue mich.«
    »Wirklich?«
    »Was soll die Frage? Alles in Ordnung mit dir, Mama?«
    »Alles gut, entschuldige, ich vermisse nur in letzter Zeit manchmal meine Töchter und bin wahrscheinlich gerade dabei, mich in eine sentimentale alte Schachtel zu verwandeln.«
    »Bleib locker, das steht dir besser. Klingelt da noch ein Telefon?«
    »Mein Fahrer. Bis morgen, Liebes.«
    »Wir sehen uns.«
    »Sophia?«
    Der lang gezogene Ton plärrt ihr das Ende der Verbindung ins
Ohr. »Bleib locker«, äfft Greta vor sich hin, während sie ihre Unterlagen zusammenrafft.
    Beim Aufheben ihrer Handtasche fällt ihr der Terminkalender vor die Füße. Greta bückt sich, schlägt das morgige Datum auf und überkritzelt mit kräftigem Kugelschreiberstrich die Einträge von »8.00 h Tel. Ord. Hmbg.« bis »12.10 h Ende Besp. Mü.«
    »Klare Prioritäten setzen«, predigt sie ihren Shopleitern regelmäßig. Heute verschiebt sie die ihren und fühlt sich überraschend gut.
    »Ich vermisse meine Töchter«, hatte sie zu Sophia gesagt, und die Zahl, die dabei in ihrem Kopf mitschwang, war drei gewesen. Ich vermisse alle meine drei Töchter, und nicht: Ich vermisse dich! Ihre kluge Älteste mochte genau das herausgehört haben. Fraglich, ob nach dieser Bemerkung das »ich freue mich« noch immer seine Gültigkeit hat. Sophia ist diejenige von uns, die am wenigsten zu egozentrischer Beleidigtheit neigt, denkt Greta und wundert sich. Da hat sich doch tatsächlich das Wort »uns« eingeschlichen.
    Das Hoteltelefon meldet erneut den wartenden Fahrer.
    Greta rennt auf dem Weg zum Aufzug beinahe in das Zimmermädchen, das sich gerade dranmacht, eine Putzkarre in die Nachbarsuite zu schieben.

    »Haben Sie zufällig ein Aufladegerät dabei, Herr Langer?«, fragt Greta, als sie nach mehreren Stunden, die sie mit Mitarbeitergesprächen, Nachorder und Zwischenbilanzen zugebracht hat, wieder in den Wagen steigt. Der Chauffeur, der sie fast jedes Mal fährt, wenn Greta in München ist, verneint entschuldigend.
    »Was soll’s, dann müssen die Telefonate eben warten.«
    Im Rückspiegel kann Greta sehen, wie Langer zustimmend nickt und ein lustiges Blinzeln hinterherschickt.

    »Recht haben Sie, Frau Wördehoff. Soll ich Musik anmachen?«
    »Nein, ich werde einfach eine halbe Stunde Stille genießen.«
    »Ich kann langsam fahren, wenn Sie möchten. Ist für heute meine letzte Tour.«
    »Fahren Sie wie immer, Herr Langer, ich werde um achtzehn Uhr erwartet, aber danke, sehr freundlich von Ihnen.«
    Greta greift nach ihrer Ledermappe, legt sie nach kurzem Zögern wieder weg, streift die Pumps von den Füßen und lässt sich seufzend in die Sitze sinken. Sie sollte eigentlich die Fahrzeit zum Bearbeiten von Order oder Korrespondenz nutzen, denkt sie und dass irgendetwas irgendwie aus den Fugen geraten könnte, wenn sie sich weiter so hinreißen lässt. Aber das wirklich Besorgniserregende daran ist, dass es ihr für den Moment vollkommen egal zu sein scheint. Sie schließt die Augen, lässt sich von den ruhig dahinschaukelnden Fahrbewegungen der Limousine wiegen.
    Ich sage einen Geschäftstermin ab, ohne ernsthaft krank zu sein. Stattdessen frühstücke ich morgen früh bei meiner ältesten Tochter.
    Eigentlich das Normalste der Welt.
    Bis zu sechzehn Stunden täglich ist sie an den meisten Tagen im Dienst, die Wochenenden verbringt sie größtenteils mit Eventplanung, Umbaumaßnahmen und der Entwicklung neuer Konzepte. Ein Privatleben ist nicht vorgesehen. Bislang kam ihr das entgegen.
    »Supervisorin z.b.V.«, hatte Calva sich bei den ersten Personalüberlegungen für Greta ausgedacht und nennt sie gelegentlich heute noch »meine besondere Verwendung«.
    Shopleitung, Sortimentsgestaltung, Präsentation, Warennachschub, Personal, Krisenmanagement, Kassenabrechnung, Inventur und mehr fiel mit dem »z.b.V« in ihre Zuständigkeit. Ein halbes
Jahr Intensivschulung bis zur Eröffnung, dann stand sie als Verantwortliche vor Ort zwischen den Regalen mit der ersten Calva-Airport-Kollektion und »lernte beim Machen«, wie Calva es gern ausdrückte. Greta ging vor sieben Uhr morgens aus der Wohnung und kam oft genug erst in der Nacht zurück. Sie fühlte sich dabei wunderbar. Die Umsatzzahlen sprengten sämtliche Erwartungen, man hatte, wie Bremer es bei den Feierlichkeiten zu »ein Jahr Calva-Airport« ausdrückte,

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