An und für dich
Farbe. Ich bin Maler.«
»Bitte.« Sie schob ihm das Geld zu. »Nehmen Sie es trotzdem. Ich habe echt ein schlechtes Gewissen. Falls es nicht reicht, kann ich auch gern einen Scheck ausstellen.«
Er stand auf. Sie hatte vergessen, wie groß er war.
»Das ist wirklich nicht nötig.«
»Na gut. Sagen Sie mir einfach Bescheid, wenn ich irgendetwas für Sie tun kann. Egal was. Wirklich.«
Oh Gott, das klang alles so blöd, als ob sie ihm sexuelle Gefälligkeiten anbieten wollte. Sie wurde rot.
»Hallo.« Jill trat an den Tisch. »Kennen wir uns schon?«
»Ich bin Joe«, sagte er. »Ich wollte gerade gehen.«
»Und ich bin Jill. Ich habe Krebs. Normalerweise erzähle ich das nicht einfach so, aber meine Tochter meint, ich muss offener damit umgehen.«
Jill schnitt ihren Pancake in winzige Stücke, aß jedoch nichts davon. Sie trank ihren Tee und las die Marie Claire , während Saffy auf ihrem Blackberry E-Mails abrief.
Sie versuchte es ein letztes Mal. »Ich muss erst in einer halben Stunde wieder im Büro sein.« Sie hatte Marsh gesagt, sie würde ein paar Läden für White Feather auskundschaften. »Wollen wir nicht doch noch mal zurück und die Perücke bestellen?«
»Wollen wir nicht lieber zu Karen Millen und mir ein Top kaufen? Das würde mich aufmuntern.«
Es war, als würde man mit einem Kind feilschen. »Ich komme mit zu Karen Millen, und wir kaufen dir ein Top«, sagte Saffy, »aber nur, wenn wir erst die Perücke bestellen.«
Jill hörte nicht zu. Sie sah aus dem Fenster. »Was ist denn mit deinem Freund los?« Joe, der Ballonpilot, war schon vor fünf Minuten gegangen, lief aber immer noch im strömenden Regen draußen auf und ab und wartete auf ein Taxi. »Er ist nicht mein Freund. Ich habe ihn erst zweimal gesehen.«
»Na so was«, Jill hob die Brauen, »ich glaube, du siehst ihn gleich zum dritten Mal.«
Joe drängte sich an der Schlange vorbei und kam zu ihrem Tisch, tropfnass und völlig außer Atem. »Sally!« Er wirkte verzweifelt. »Sie heißt Saffy«, sagte Jill, »oder noch besser: Sadbh.«
»Sie meinten doch, ich soll Bescheid sagen, wenn Sie was für mich tun können. Es gibt da was! Könnten Sie mich im Auto mitnehmen? Ich habe meinen Lieferwagen nicht hier und kriege kein Taxi. Ich muss meinen Sohn von der Schule abholen. Er hat sich verletzt.«
»Tut mir leid, ich würde Ihnen wirklich gern helfen, aber ich muss noch etwas mit meiner Mutter erledigen und dann wieder zur Arbeit.«
»Geh ruhig«, sagte Jill. »Na los. Wir können die Perücke auch ein anderes Mal kaufen. Ich nehme einfach ein Taxi nach Hause.«
»Danke!«, sagte Joe.
»Ich weiß genau, was du vorhast«, sagte Saffy zu Jill und steckte das Blackberry in die Tasche, »und ich finde das echt kindisch.«
»Du hast dich jahrelang wie ein Kind benommen.« Jill lächelte wie Kevin Costner, wenn er an Katzenminze geschnuppert hatte. »Jetzt bin ich mal dran.«
»Bitte, Mum, nur Karen Millen, ja? Du bist noch nicht ganz gesund. Bleib nicht zu lange weg, okay?«
»Den Satz kenne ich doch«, antwortete Jill. »Woher bloß?«
Joe sprach die Fahrt über nur, um Saffy Anweisungen zu geben, wohin sie fahren sollte, und um auf den Verkehr zu schimpfen, der schlimmer war als sonst.
»Haben Sie Ihre Frau schon angerufen?«, fragte Saffy.
»Die ist nicht mehr zu sprechen.«
Wenn Sie zu ihr genauso unhöflich sind wie zu mir , hätte Saffy am liebsten gesagt, ist das auch kein Wunder . Sie parkte in zweiter Reihe vor der Schule und ließ den Motor laufen, während Joe über einen überfluteten Schulhof auf eine Ansammlung trostloser Baracken zulief. Sie sah auf ihrem Blackberry nach. Sie hatte heute nichts Dringendes mehr vor, musste aber ins Büro. Ihr Vorwand mit den Läden würde höchstens noch für eine halbe Stunde reichen. Als sie hochsah, kam Joe durch den Regen zurückgerannt. Er trug einen Jungen in Schuluniform auf dem Arm. Er blutete im Gesicht.
Scheiße , dachte Saffy, meine Sitzbezüge .
Joe hielt ihren entsetzten Gesichtsausdruck für Besorgnis. »Geht schon«, sagte er, »es ist nichts gebrochen. Wir müssen nicht in die Notaufnahme. Ich muss den kleinen Kerl nur nach Hause bringen.«
Der Junge, etwa neun, versteckte sein Gesicht in Joes Hemd und begann zu weinen. Saffy war nicht sicher, ob wegen der Schmerzen oder der Demütigung, als »klein« bezeichnet und wie ein Baby auf dem Arm getragen zu werden.
Sie sah Joe an, der immer noch im Regen stand und auf dessen ohnehin schon nasses Hemd jetzt auch
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