An und für dich
sie mit Joe reden sollte, aber das war unnötig gewesen. Meatloaf redete ununterbrochen mit ihm in einer Sprache, die genauso gut Urdu hätte sein können, über Pyrometer, Altimeter und Steiggeschwindigkeiten. Sie kurbelte das Fenster runter, ließ sich in den Sitz sinken und genoss die frische Brise im Gesicht und das schlichte Vergnügen, an einem herrlichen Sommerabend aus der Stadt rauszufahren. Nachdem sie die N 11 bei Rathnew verlassen hatten, fuhren sie durch kühle, grüne Alleen. Saffy konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal auf dem Land gewesen war. Doch dann fuhren sie an einem Dorf vorbei, das ihr bekannt vorkam, und sie erinnerte sich plötzlich sehr gut.
Sie tippte Meatloaf auf die Schulter. »Wohin fahren wir eigentlich genau?«
»Zu einem Hotel, sind noch etwa zwei Meilen. Woodglen. Schickimicki, wird gerne für Hochzeiten genommen. Waren Sie schon mal da?«
»Es gibt zwei Dinge, die Sie über das Ballonfahren wissen müssen«, erklärte Joe, als sie zu dem riesigen weißen Heißluftballon hinübergingen, der mitten auf dem Rasen festgemacht war. »Man weiß nicht, wo man hinfährt, und man weiß nicht, wo man landet.«
Saffy nickte stumpf. Dort drüben war die kleine Holzbrücke, an der sie den Brautstrauß geworfen hatte. Da oben, im ersten Stock, das geöffnete Fenster der Honeymoon-Suite. Dort der Rosengarten, in dem sie für die Presse posiert hatten.
»Jetzt hör mal auf, Joe«, sagte Meatloaf. »Mach ihr doch keine Angst.«
Vivienne, die Geschäftsführerin, tauchte aus dem Garten mit den Steinmauern auf. Gefolgt von einem Pärchen stapfte sie auf die drei zu. Die Frau sah genervt aus. Ihr Freund betrachtete Viviennes Hintern.
»Unser exklusives Diamond Package beinhaltet mehrere Sorten ausgezeichneter Champagnercocktails, die vor dem Empfang gereicht werden«, leierte sie gerade herunter. »Die Gäste können neben dem üppigen Marmorspringbrunnen entspannen, während unser exzellentes Personal eine große Auswahl an Fingerfood reicht.«
Saffy drehte sich schnell zur Seite, damit Vivienne sie nicht erkannte, und barg ihr Gesicht an Joes Brust.
»Alles in Ordnung?« Joe blieb erschrocken stehen.
»Ich hab ein bisschen Angst«, murmelte Saffy. Er roch nach frisch gewaschener Wäsche und Leder.
»Gibt keinen Grund.« Er versuchte, sie sanft von sich zu schieben, aber sie klammerte sich an ihn wie ein Koala an einen Eukalyptuszweig. »Wirklich nicht. In den letzten fünf Jahren sind in den USA gerade mal sieben Menschen beim Ballonfahren ums Leben gekommen.«
»Wow!«, sagte Meatloaf. »Da geht’s ihr bestimmt schon viel besser. Mir auf jeden Fall.«
»In der Abenddämmerung«, hörte Saffy Vivienne sagen, »werden Woodglens gepflegte Rasenflächen von Hunderten brennender Fackeln erleuchtet.«
»Sie müssen da nicht mit hoch, wenn Sie nicht wollen«, sagte Meatloaf freundlich. »Sie können auch unten bei der Rückholmannschaft bleiben.«
»Ich fahre mit«, sagte Saffy. Die Vorstellung, in einem überdimensionalen Wäschekorb mit integriertem Gastank umherzuschweben, war nicht halb so schlimm wie die Aussicht, noch länger auf Woodglens gepflegten Rasenflächen herumzustehen.
Ruth, das Lara-Croft-Double, das Saffy schon von der White-Feather-Ballonfahrt kannte, trug einen engen, schwarzen Overall und wartete neben dem Ballon. Meatloaf stieg ein, dann half sie Saffy hinein.
»Übertreib’s nicht da oben«, sagte Joe zu Meatloaf. »Das letzte Mal ist ihr nicht so gut bekommen.«
»Fahren Sie nicht mit?«, fragte Saffy.
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ruth und ich, wir folgen Ihnen mit dem Auto. Und ich meine es ernst, Meatloaf.« Joe kniff die Augen gegen die Sonne zusammen. »Keine Stunts, okay?«
Der Korb knarrte, und langsam hob der Ballon ab. Meatloaf verdrehte die Augen und überprüfte den Füllstand der Gasflaschen. »Ja, ja! Wir haben keine Schere dabei und wir rauchen nicht. Aber wenn sie mir auf die Schuhe kotzt, schmeiß ich sie raus, okay?«
Saffy drehte sich wütend nach Joe um, sah aber nur noch seinen Kopf von oben.
Der Ballon stieg auf, langsam wie Rauch, und schwebte über die Spitzen einiger Kiefern hinweg. Saffy beugte sich über den Korbrand und streckte die Hand aus. Kein Windzug war zu spüren. Sie trieben auf einer Luftströmung, die sie weder sehen noch fühlen konnte. Sie fuhren hoch über ein Feld hinweg, auf dem ein paar Jungen Hurling spielten. Ihre Stimmen drangen bis zu ihnen hinauf, jede einzelne glasklar.
Meatloaf sprach etwas
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