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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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stand einen Moment in der Tür und betrachtete ihn, wie er dort auf dem Plastikstuhl neben dem Bett saß und die OK! für sie hochhielt, als könnte Jill etwas erkennen.
    »Mann, guck dir das mal an. Wie viele Schönheits- OP s Anne Robinson hatte: Wangenimplantante, Augen, Lippen, und die Zähne hat sie sich auch machen lassen. Sieht irgendwie heiß aus. Ich meine, sie ist keine Helen Mirren, aber im richtigen Licht …« Er blätterte um.
    »David Beckham hat ein neues Tattoo. Ich hab vor ein paar Monaten auch mal darüber nachgedacht, aber mache ich lieber doch nicht. Der Arm von dem Typen sieht doch mittlerweile aus wie ein Ed-Hardy-T-Shirt.«
    Saffy hatte noch nie erlebt, dass er sich so um jemanden kümmerte, außer um sich selbst natürlich.
    Len kam meistens etwa eine Stunde, nachdem Greg gegangen war. Er hatte einen Schlüssel für Jills Haus und brachte ihr Rosen und Zuckerschoten aus ihrem Garten mit. Einmal hatte er ein Paar cremefarbener Plüschpantoffeln dabei. Er stellte sie ordentlich vor ihr Bett, damit sie sofort hineinschlüpfen konnte.
    Saffy ging meistens für eine halbe Stunde in die Cafeteria, damit er etwas Zeit allein mit ihrer Mutter hatte, und wenn sie wiederkam, hatte er oft schon seine Jacke an und die Fahrradklammern festgesteckt, und seine Augen waren gerötet. Er umarmte sie etwas verkrampft zur Verabschiedung, und auch wenn sie dabei immer seinen Pullover in den Mund bekam, machte es ihr nichts aus.
    Sie lernte die Krankenschwestern kennen. Pamela, die Blonde mit den Sommersprossen, die immer nach Red Bull und Zigaretten roch und mit Jill schwatzte, während sie ihr den Infusionsbeutel wechselte, den Blutdruck maß oder den Katheter richtete. Harimi, die indische Lieder vor sich hin summte, während sie die Laken wechselte. Rosa von den Philippinen, die Jill mit Vaseline einrieb, nachdem sie sie im Bett gewaschen hatte.
    Eines Abends entfernte Saffy Jills abgesplitterten Nagellack, schnitt ihr die Nägel und rieb ihr die Füße mit Pfefferminzlotion ein. Sie musste an das Öl denken, das sie für Joe gekauft hatte, und wie er eine Augenbraue angehoben und gegrinst hatte, als sie ihm damit eine Rückenmassage angeboten hatte. Und dann musste sie noch an viele andere Dinge denken. Alltägliche Dinge, die sie nicht einmal bewusst wahrgenommen hatte.
    Wie er sich nach dem Duschen immer abtrocknete, erst die Haare, dann die Beine, dann die Arme, dann den Rest. Wie er aß, so amerikanisch, nur mit der Gabel, und die freie Hand lag dabei in einer lockeren Faust auf dem Tisch. Wie er sich mit Daumen und Zeigefinger die Augenbrauen rieb, wenn er müde war. Wie er immer auf dem Rücken schlief, einen Arm unter dem Kopf, den anderen quer über sie geworfen.
    Sie hatte ihn verloren. Und bald würde sie auch diese kleinen Erinnerungen an ihn verlieren. So war wohl das Leben. Man verlor Dinge. Selbst jetzt, obwohl ihre Mutter noch hier war, noch lebte, noch stockend atmete, verlor Saffy auch sie, zumindest zum Teil. Das Bild der jungen, starken, glamourösen Frau, das Saffy immer von ihrer Mutter gehabt hatte, wurde langsam von der Realität der kranken, schwachen Frau eingeholt, die hier reglos im Bett lag. Sie war davon ausgegangen, dass Jill immer da sein würde, ihr auf die Nerven gehen und sich in ihr Leben einmischen würde. Anstelle dieser Annahme trat nun die Angst, dass es vielleicht nicht ewig so sein könnte.
    Saffy tupfte Jills Füße mit einem Papierhandtuch trocken und zog die Decke wieder darüber. Sie küsste sie auf die Wange und knipste das Licht aus. Dann kuschelte sie sich in den Sessel und weinte leise vor sich hin. Im Krankenhaus lernte man, so zu weinen.
    Jess hatte bei Komodo angerufen und Vicky erzählt, was passiert war.
    Ciara und Vicky schickten ihr jeden Tag liebe SMS und fragten, ob sie irgendetwas für sie tun konnten.
    Ant schickte ihr ein Foto von seiner Stirn, auf die er mit Kuli »positive Gedanken« geschrieben hatte.
    Marsh schickte ihr einen riesigen Keramiktopf mit Orchideen und schrieb ihr ebenfalls jeden Tag eine SMS . Manchmal auch zwei. Oder mehr.
    Anfangs klangen sie noch freundlich, zumindest so freundlich, wie eine Nachricht in Großbuchstaben nun mal klingen konnte.
    GUTE BESSERUNG FÜR DEINE MUTTER, LIEBE GRÜSSE VON UNS ALLEN BEI KOMODO. M
    Dann änderte sich der Ton etwas.
    MUSST DICH NICHT MIT DEINER RÜCKKEHR BEEILEN . NIMM DIR ZEIT. REICHT EINE WOCHE? M
    WANN KOMMST DU WIEDER? M
    HOFFE, DU KANNST IM KRANKENHAUS DEINE E-MAILS LESEN. LEITE ALLE

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