An und für dich
angeguckt.«
»Eben! Wir suchen aber keine verflixten Leute! Wir suchen einen verflixten Engel! Und Sie haben mir noch keinen gezeigt.« Alle waren fassungslos. Dermot der Nervöse hatte noch nie geflucht, ein »verflixt« aus seinem Mund war total ungewohnt.
»Dermot der Nervöse hat recht«, sagte Mike.
Sieben Köpfe wandten sich ihm schlagartig zu. Sieben Augenpaare blinzelten ungläubig.
»Ich meine natürlich«, verbesserte sich Mike, »Dermot hat recht damit, nervös zu sein. Keiner von denen, die wir heute gesehen haben, hat das gewisse Etwas. Ich würde sagen, es gibt nur einen einzigen Mann da draußen, der der Richtige für den WhiteFeather-Engel ist.«
Er betrachtete einen dunklen Fleck auf seiner gelben Krawatte. Saffy fragte sich, ob seine Frau wusste, dass er eine Affäre hatte. Ob die scheußlichen Klamotten, die schmuddeligen Krawatten, die Socken mit den Löchern vielleicht ihre Art waren, sich an ihm zu rächen.
»Nämlich den Schauspieler, der Mac Malone in The Station gespielt hat«, sprach Mike weiter. »Greg Gleeson.«
Saffy traute ihren Ohren nicht.
»Greg Gleeson?« Ant krallte sich in Vickys Arm. »Sag den Arschlöchern, dass Gleeson viel zu künstlich und aalglatt und falsch ist«, zischte er, »und …«
»Moment mal.« Rosen hob die Hand. »Wer ist das?«
Dylan googelte Greg, suchte ein Foto aus und klickte auf Vollbild. Greg stand mit nacktem Oberkörper auf einem Feld und hielt die Zügel eines Pferdes in der Hand. Er konnte Pferde nicht leiden, aber dieses hier sah er total verliebt an.
»Das ist er!« Dermots Nase zuckte wie im Zeitraffer. Er beugte sich vor und zeigte auf den Bildschirm. »Das ist unser Engel.
Wenn wir den kriegen, kann’s losgehen. Wenn nicht, ist der Dreh abgesagt.«
In der darauf folgenden Stille schwebte in unerreichbarer Höhe eine Dreiviertelmillion Euro unsichtbar über dem Tisch. Sie hatten keine Zeit für eine weitere Castingrunde. Selbst wenn sie die Zeit gehabt hätten, das Castingbudget war bereits ausgegeben.
Ben und Dylan warfen einander einen kurzen Blick zu und waren einverstanden.
»Der Kerl hat auf jeden Fall was«, sagte Dylan.
»Er wirkt ein bisschen schwul.« Rosen rieb sich das Kinn. »Aber den kriegen wir bestimmt noch männlicher. Mir gefällt er. Ja, er gefällt mir definitiv.«
»Gute Idee, Dermot.« Simon ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, sich ein wenig einzuschmeicheln. »Das ist genau der Richtige für die White-Feather-Klientel.«
Marsh hob die Arme und streckte sich wie eine Katze. Saffy bemerkte in ihrer Achselhöhle ein paar winzige Stoppeln. »Leute, wir haben unseren Engel!«
Ant schlug mit der Stirn auf den Tisch.
Vicky unterbrach ihn. »Was Ant damit sagen will, ist, dass Greg zu stark mit seiner Serienfigur in Verbindung gebracht wird, und er ist auch, sorry, Saffy, aber er ist auch ziemlich klein.«
»Das mit der Größe kriegen wir schon hin«, sagte Dylan. »Aber wenn er an eine Serie gebunden ist, gibt’s vielleicht Probleme mit seinem Vertrag.«
»In der Serie ist er schon vor Monaten gestorben«, grinste Simon. »Der Typ hat nichts zu tun außer ein paar Promo-Jobs.«
Ben Rosen nickte. »Na dann, worauf warten wir noch? Holen wir ihn her!« Er drehte sich zu Marsh um. »Kennt jemand seinen Agenten?«
Marsh lächelte. »Seinen Agenten zwar nicht, Ben.«
Sie zeigte mit einer perfekt manikürten Hand auf Saffy. »Aber dies hier ist seine Frau.«
Solange er zurückdenken konnte, hatte Conor sich immer als Vielfraß empfunden und mit diesem unangenehmen Schamgefühl gelebt, das der Preis für einen Nachschlag beim Abendbrot, eine doppelte Portion Dessert oder ein paar kalte Fischstäbchen von den Tellern der Zwillinge zu sein schien.
Er hatte gedacht, sein Appetit wäre einfach in seinen Genen verankert, wie seine Locken oder seine Sommersprossen. In letzter Zeit hatte er jedoch eine seltsame, neue Beziehung zum Essen. Das Kribbeln war weg. Keine Leidenschaft mehr da.
Er ging beim Frühstücksbuffet im Hotel einfach an den riesigen Edelstahlwannen voller Würstchen, Eier und Bacon vorbei und nahm sich stattdessen ein Schälchen Obst und einen Kaffee. Als er sich an den Tisch setzte, sah er sich an der gegenüberliegenden Wand im Spiegel. Was für eine Ironie. Er hatte noch nie so gut ausgesehen, aber es war ihm auch noch nie so schlecht gegangen.
Als er die Reise nach London gebucht hatte, war er fest entschlossen gewesen, die Zeit zu nutzen, um eine Entscheidung zu treffen, was
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