An und für dich
Jogginganzug. Saffy machte sich etwas frisch und zog sich auf der Toilette neben dem Zimmer ihrer Mutter um.
»Du musst mal was essen«, sagte Jess und stopfte ihre alten Sachen in eine Tüte. »Ich hol dir einen Kaffee und ein paar Sandwiches und bring sie dir her, ja?«
»Ja«, sagte Saffy schwach. »Und danke, dass du hergekommen bist. Ist Conor bei den Kindern?«
Jess nickte. Die Zwillinge waren Hunderte von Meilen weit weg in Cork, und Conor war Millionen von Meilen weit weg in London. Aber Saffy hatte im Moment genug eigene Probleme.
Conor hatte am Mittwochabend angerufen, als sie gerade die Zwillinge ins Bett gebracht hatte. Sie hatte Luke angefahren, weil er sein Abendbrot nicht anrühren wollte. Lizzie redete nicht mehr mit ihr wegen Brendan.
»Was willst du, Conor?« Schon der Klang seiner Stimme erschöpfte sie. »Was willst du denn noch?«
»Ich würde dich gern um einen Gefallen bitten. Ich muss für zwei Wochen nach London. Meine Agentin hat mich gerade angerufen. Ich muss ein paar Änderungen am Buch vornehmen, und sie meint, das geht am besten, wenn ich vor Ort bin.«
Das stimmte so nicht ganz. Becky Kemp hatte ihm eine E-Mail geschrieben und gefragt, ob es ihm irgendwie möglich wäre, nach London zu kommen und die lektorierte Fassung durchzugehen. Von ihm war dann der Vorschlag gekommen, doch gleich eine Weile zu bleiben.
Er brauchte etwas Zeit, um sich darüber klar zu werden, wie es weitergehen sollte. Er hielt es keinen Tag länger bei Greg aus, nach Hause konnte er nicht und auch nirgendwo sonst hin. Und es brach ihm das Herz, wie sehr es Luke und Lizzie mitnahm, zwischen ihm und Jess hin und her gereicht zu werden. Ein paar Wochen ohne dieses emotionale Auf und Ab würden den beiden sicher guttun. Und wenn er ganz ehrlich war, ihm auch.
»Ich wollte nur fragen, ob das in Ordnung für dich ist.«
»Klar. Hätte ich denn eine Wahl?«
»Natürlich. Wenn du es nicht hinkriegst, musst du es nur sagen. Aber je schneller ich mit dem Buch fertig werde, desto schneller bekomme ich auch einen Vertrag und verdiene endlich ein bisschen Geld. Du hattest recht, was Greg angeht. Er kann das Geld für den Ring nicht zurückzahlen, und wie gesagt, ich bleibe ja auch nicht ewig. Höchstens ein paar Wochen. Meinst du, du schaffst das?«
Ein paar Wochen , dachte Jess. Klar . Sie musste die nächsten paar Wochen allein klarkommen. Und dann den Rest ihres Lebens.
»Ja. Ich komm klar. Sonst noch was, Conor? Ich bringe Luke und Lizzie gerade ins Bett.«
Aber sie würde nicht allein klarkommen. Bei der Vorstellung bekam sie solche Panik, dass sie ihre Eltern anrief und sie bat, am nächsten Tag auf dem Weg nach Cork vorbeizukommen und die Kinder mitzunehmen. Sie erzählte irgendetwas von einem dringenden Abgabetermin. Und nachdem sie Luke und Lizzie zum Abschied noch einen Kuss gegeben hatte, ging sie ins Schlafzimmer, zog die Vorhänge vor dem strahlend blauen Himmel zu und legte sich komplett angezogen ins Bett. Sie hatte vor, dort so lange zu bleiben, bis sie darüber hinweg war, dass Conor, genauso wie der echte Brendan, nie wiederkommen würde.
»Was läuft eigentlich zwischen Saffy und diesem Joe?«
Greg drückte immer wieder auf den Knopf am Getränkeautomaten, wie ein Kind. Die Cola zischte schäumend in den Becher. Jess musste sich zusammenreißen, um nicht seine Hand vom Knopf zu nehmen und die Cola selbst zu zapfen.
»Keine Ahnung, Greg. Und jetzt ist auch nicht der richtige Zeitpunkt, sie danach zu fragen.«
Sie waren in der Krankenhaus-Cafeteria. Jess stand vor dem Kaffeeautomaten und füllte sich den Styroporbecher in Lukes Batman-Flasche um. Wie oft hatte sie Conor dabei zugesehen, wie er ihm Milch oder Saft hineingefüllt hatte? Wieso war ihr nie der Gedanke gekommen, dass es davon ein letztes Mal geben könnte, dass er es irgendwann nicht mehr tun würde?
»Dieser Typ war letzte Nacht bei ihr, als ich sie angerufen habe«, sagte Greg. »Er ist morgens um drei an ihr Handy gegangen.«
Jess schraubte den Deckel auf die Flasche. »Und wenn schon, Greg. Du hast mit irgendeiner Jugendlichen geschlafen. Saffy mit einem wildfremden Typen. Und jetzt hat sie einen anderen.
Ist doch egal. Das ist alles nicht mehr wichtig, wenn jemand stirbt.«
»Jill stirbt nicht.« Diesmal bekam Greg den Tonfall genau hin: ernst, aber nicht zu grob. Fest, aber im Unterton schwang Mitgefühl mit. »Sie schafft das. Wir schaffen das alle. Wir müssen nur stark sein.«
Er legte den Arm um sie. Er hatte sich
Weitere Kostenlose Bücher