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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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hoffe, es wird wieder. Ich meine, ich hoffe, alles wird gut.«
    Conor stand auf. »Das hoffe ich auch.«
    Conors Plan war, sich in seinem Hotelzimmer einzuschließen und jede wache Minute damit zu verbringen, Beckys Anmerkungen durchzuarbeiten. In Dublin hatte er mehrere Stunden am Stück schreiben können, aber sein Buch zu überarbeiten, war etwas ganz anderes. Eine winzige Änderung in einem Kapitel konnte die nächsten sechs völlig durcheinanderbringen.
    Er musste sich so viele Dinge auf einmal merken, dass er das Gefühl hatte, ihm würde das Gehirn durchschmoren, wenn er nicht alle paar Stunden eine Pause machte.
    Das Hotel lag in Soho, und wenn er den Kopf freikriegen musste, machte er einen Spaziergang in den Hyde Park oder wanderte nach Covent Garden, quer durch Chinatown, wo der Duft gebratener Chilischoten in der Luft lag und die Läden Obst- und Gemüsesorten verkauften, die er noch nie gesehen hatte. Er las sich aufmerksam die handgeschriebenen Pappschilder über den Körben durch. Ob eine Rambutan innen genauso stachlig war wie außen?, überlegte er. Schmeckte eine Durian genauso eklig, wie sie roch?
    Er frühstückte nicht mehr im Hotel, sondern setzte sich stattdessen jeden Morgen mit seinen Notizen in die Patisserie Valerie, um den Tag zu planen. Und als ihn die lettische Kellnerin mit den Meryl-Streep-Wangenknochen fragte, ob er Schriftsteller sei, antwortete er, er sei Lehrer, bevor ihm einfiel, dass das nicht stimmte. Nicht mehr.
    So lebten doch Schriftsteller, oder? Sie saßen den ganzen Tag in Cafés und machten lange Spaziergänge, um ihre Charaktere im Kopf weiterzuentwickeln. Jetzt bräuchte er nur noch ein zugiges Mansardenzimmer. Was er wahrscheinlich wirklich bewohnen würde, sobald er wieder in Dublin war. Er konnte nicht mehr bei Greg wohnen und wieder bei Jess und den Zwillingen einzuziehen ging auch nicht.
    Becky war ehrlich gewesen. Sie konnte ihm nicht garantieren, dass er einen Buchvertrag bekommen würde. Aber egal, was passierte, er würde nie wieder den Fuß in eine Schule setzen. Er würde lieber Klos putzen oder Supermarktregale einräumen, als vor einer Klasse zu stehen. Es gab kein Zurück.
    Jess hatte ihn nur einmal angerufen, um ihm zu sagen, dass Saffys Mutter im Krankenhaus lag. Das Gespräch hatte weniger als eine Minute gedauert, und Conor war froh darüber. Er hatte sich vorher schon einsam gefühlt, aber nie so einsam wie in dem Moment, als er mit der Frau, die er liebte, wie mit einer Fremden sprach. Sie hatte ihm gesagt, es wäre besser, wenn er nicht mit den Zwillingen redete, um sie nicht aufzuregen, und er hatte zugestimmt. Obwohl er ihre Stimmen so sehr vermisste, dass es wehtat.
    Er hatte Saffys Mutter Blumen ins Krankenhaus schicken lassen. Als er im Laden stand und den würzig-süßen Rosenduft einatmete, überlegte er kurz, auch Jess einen Strauß zu schicken. Er hatte jedoch keine Ahnung, was er ihr damit sagen wollte.
    »Es tut mir leid«? Um ehrlich zu sein, war er zwar traurig, aber leid tat es ihm nicht. »Ich liebe dich«? Natürlich liebte er sie, aber das reichte nicht mehr. Und es zu sagen, änderte auch nichts daran.
    Außerdem mochte Jess gar keine Blumensträuße. Sie hatte immer gesagt, sie möge Blumen lieber in der Erde.
    Becky rief jeden Tag an und erkundigte sich, ob er Fragen zu ihren Anmerkungen hätte. Conor freute sich immer darauf, mit ihr zu reden. Am Telefon war es leichter. Wenn er nicht sah, was sie mit ihren nervösen Händen und ihren Haaren anstellte, schaffte er es sogar, ganz vernünftige Gespräche mit ihr zu führen.
    Ab und zu fragte sie ihn vorsichtig, ob es ihm gut ging. Wahrscheinlich wollte sie herausfinden, ob er die ganze Zeit nur trübselig in seinem Hotelzimmer herumhing und seiner Familie hinterhertrauerte, deshalb erfand er ein paar irische Freunde, die in London lebten und mit denen er sich angeblich alle paar Tage traf.
    Aber eines Abends, als er an einem Fenstertisch in einem vietnamesischen Restaurant in der Frith Street saß, kam sie zufällig daran vorbei, und bevor er noch darüber nachdenken konnte, hatte er schon an die Scheibe geklopft. Sie winkte ihm und ging weiter. Ein paar Minuten später schickte sie ihm jedoch eine SMS: GESELLSCHAFT GEFÄLLIG ?
    Er schrieb zurück: GERN . Und nur einen Moment später kam sie schon ins Restaurant, machte wieder ihr aufgeregtes »Ich gebe Ihnen einen Kuss auf die Wange, ach nein, doch nicht, ich schüttele Ihnen lieber die Hand«, und dann saß sie ihm gegenüber.

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