An und für dich
April war. Sie hielt sich an ihr Versprechen gegenüber Marsh und machte jeden Tag Überstunden, arbeitete am Wochenende und nahm abends ihren Laptop mit nach Hause, um noch E-Mails zu schreiben, Marktforschungsberichte zu lesen und PowerPoint-Präsentationen zu erstellen.
Sie hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen gegenüber Greg, weil sie so wenig Zeit mit ihm verbrachte, aber er war sehr verständnisvoll. Er bestellte ihnen abends Sushi oder etwas vom Thailänder, sah sich allein eine DVD an oder plante die Hochzeit. Er arbeitete mit Tabellen. Jeder Menge. Sie sollte sich ja eigentlich heraushalten, aber ab und zu warf sie doch einen Blick über seine Schulter und fand, es erinnerte an eine militärische Operation. Sie war sehr beeindruckt, was für einen Aufwand er betrieb.
Er hatte Gästelisten, Checklisten für die Tischdeko, Lesungen in der Kirche, Links zu Fotoserien von Floristen und Locations für die Hochzeitsfotos und – videos. Er hatte eine Telefonliste mit den Nummern von Journalisten, Ringdesignern, Cateringfirmen, Streichquartetten und Limousinenservices. Er hatte eine Playlist für den DJ vorbereitet und einen interaktiven Sitzplan.
Vor ein paar Wochen hatte er sie gebeten, ihm ihr Adressbuch zu mailen, und ihr einige schlichte, aber sehr geschmackvolle Einladungskarten gezeigt. Einmal hatte er sie morgens um vier geweckt, um ihr seinen Beschluss mitzuteilen, dass sie auf Hochzeitsgeschenke verzichten und die Gäste stattdessen bitten würden, an einen Gnadenhof für Esel zu spenden. Ansonsten bestand er weiterhin darauf, dass sie sich aus allem heraushalten sollte.
»Du brauchst nur«, sagte er immer wieder, und sie wusste, wie es weiterging: » … in einem weißen Kleid dort aufzutauchen und ›Ja, ich will‹ zu sagen .«
»Okay.« Ciara schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich muss echt die Hochzeitspolizei anrufen. Du heiratest in fünf Wochen und hast noch keine einzige Gesichtsbehandlung gehabt?«
»Sieh dir ihre Haut doch mal an«, sagte Vicky. »Die ist perfekt, sie hat nicht mal Poren. Sie braucht keine Gesichtsbehandlung.
Nächste Frage. ›Ihre Vorhochzeitsdiät besteht aus: A ) Rohkost und täglich Yoga. B ) Keine Kohlenhydrate und dreimal wöchentlich Fitnessstudio. Oder C ) Zähne bleichen, probeweise Frisuren machen lassen und einmal die Woche Wellness.‹«
Saffy schüttete sich die letzten Chipskrümel aus der Tüte in die Hand und dann in den Mund. Eigentlich sollte sie gerade damit beschäftigt sein, einen sehr komplizierten Zeitplan für die Presseabteilung von NoQ, einem Einzelhandels-Outlet in Cork, zu überarbeiten, und hätte besser an ihrem Schreibtisch bleiben sollen. Aber als sie die Küche betreten hatte, waren Vicky und Ciara mit ihrem blöden Hochzeitsquiz über sie hergefallen, und langsam aber sicher wurde sie panisch.
»Hochzeitsdiät? Ich habe noch nicht mal angefangen, aber wenn, dann wahrscheinlich B . Oder vielleicht A .«
Vicky sah besorgt aus, kreuzte aber folgsam das Kästchen an. »Alles klar. Frage fünf. ›Die Unterwäsche, die Sie an Ihrem Hochzeitstag tragen, ist: A ) Sexy und extravagant. B ) Praktisch und stützend. Oder C ) Schlicht und elegant.‹«
Saffy stand auf. »Gibt’s auch D ? Gar keine?«
»Du ziehst nichts drunter?« Ciara war beeindruckt. »Ich hätte wetten können, du trägst so ein Ganzkörper-Bodyshape-Ding.«
»Nein, natürlich ziehe ich was drunter.« Saffy wusch sich die Hände mit Spülmittel, um den Chipsgeruch loszuwerden. Dieser Cheese-&-Onion-Duft wurde langsam zu ihrem Markenzeichen. Sie konnte sich schon nicht mehr daran erinnern, wann ihr Mittagessen mal nicht aus einer kleinen Tüte gekommen war. »Ich habe nur noch keine Unterwäsche gekauft. Erst mal brauche ich ein Kleid.«
Sie wusste auch ohne hinzusehen, dass Vicky und Ciara schockiert waren. Sie wusste, dass es schlimm war, und jetzt, wo sie es laut ausgesprochen hatte, war ihr zum Heulen zumute. Aber wie sollte sie denn ein Hochzeitskleid kaufen, wenn sie von morgens um sieben bis abends um acht an ihrem Schreibtisch saß? Man konnte zu jeder Tages- und Nachtzeit die Zutaten für ein Vier-Gänge-Menü einkaufen, aber ein Vierundzwanzig-Stunden-Brautmodengeschäft musste wohl erst noch erfunden werden.
13
Greg hatte auf der Xbox »Island of the Dead« gespielt und war dabei auf dem Sofa eingeschlafen. Die Jagd auf Zombies war für Steuerberater oder Buchhalter bestimmt aufregend, aber wenn man jeden zweiten Tag Mac Malone gespielt hatte, war es
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