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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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sie sonst noch dabeihatte, waren dünne Sommersachen, die sie für die Flitterwochen eingepackt hatte. Sie zog ein weißes Sommerkleid von Ghost über und schlüpfte in ein Paar goldene Flipflops, die sie eigentlich am Strand in der Karibik hatte tragen wollen.
    Als sie nach den Autoschlüsseln griff, fiel ihr Blick in den Spiegel. Ihre Haare waren fettig, Arme und Beine käsebleich, die Brille mit dem dunklen Gestell passte nicht zu ihrem leichten Sommeroutfit. Sie sah lächerlich aus.
    Aber als sie aus dem Haus trat, war die Sonne richtig warm, und der Duft von Flieder und gemähtem Gras lag in der Luft. In den vier Tagen seit ihrer Hochzeit hatte eine neue Jahreszeit begonnen. Es war Sommer.
    Sie klappte das Dach des Audi auf und war froh, dass es deshalb zu laut war, um sich auf dem Weg zum Krankenhaus zu unterhalten. Sie hätte nicht gewusst, was sie sagen sollte.
    Die Röntgenassistentin drückte die Brust ihrer Mutter unter einer riesigen Kamera auf eine Glasplatte und positionierte eine weitere Glasplatte darüber, die die eingeklemmte Brust zusammenpresste. Schrecklich, dachte Saffy. Wie bei einem mittelalterlichen Folterinstrument.
    »Ist ein bisschen kalt, nicht?«, fragte die Röntgenassistentin freundlich. »Aber Sie kennen das ja schon. Geht ganz schnell. Hübsche Jacke übrigens, wo haben Sie die denn gekauft?«
    »Bei Marks & Spencer.« Jills Unterlippe zitterte. »Die ist aus der Autograph Spring Collection vom letzten Jahr.«
    Das letzte Mal, dass Saffy ihre Mutter oben ohne gesehen hatte, war vor zehn Jahren im Urlaub auf Teneriffa gewesen. Eine Freundin ihrer Mutter war in letzter Minute abgesprungen, und Jill hatte Saffy so lange bearbeitet, bis sie schließlich an ihrer Stelle mitgefahren war.
    Sie hatte die kompletten zwei Wochen voll angezogen im Schatten gesessen, Jagged Little Pill auf ihrem Discman gehört und so getan, als würde sie Jill nicht kennen, die in winzigen, bonbonfarbenen Bikinis und passenden Sonnenhüten am Pool lag und die bewundernden Blicke genoss.
    Jill war damals schon Anfang vierzig gewesen, hatte aber immer noch den Körper einer Dreißigjährigen gehabt. Nun hingen ihre Brüste, die unter ihrer Kleidung nach wie vor voll und fest aussahen, schlaff an ihren hervorstehenden Rippen hinab, und ihr Bauch stand ein wenig über den Bund ihres roten Rocks. Es war schlimm, sie so nackt zu sehen.
    Sie war froh, als die Röntgenassistentin sie bat, hinter den Glasschirm zu treten, und das Licht ausknipste. Sie stand dort in der Dunkelheit, mit der Jacke, der Bluse und dem BH ihrer Mutter über dem Arm, und lauschte auf das Summen des Geräts und Jills Atem, wenn sie zwischen den Röntgenaufnahmen Luft holte.
    Saffy sah an Mr. Kennys kantigem Profil vorbei auf die schwarzgrauen Schemen auf dem Monitor. Der Arzt war Mitte sechzig, nannte einen vollen, silbrigen Haarschopf sein eigen und wirkte sehr distinguiert. Er trug eine gelbe Fliege, einen teuren Anzug und Cool Mountain Water von Creed. Das war Gregs Lieblingsduft, aber er sorgte nicht dafür, dass sie Greg vermisste, sondern sich selbst. Die unbeschwerte Saffy, die sie noch ein paar Monate zuvor gewesen war. Bevor bei der Trennung ihr Kopf kaputtgegangen war und bei der Hochzeit ihr Herz, und bevor der Knoten ihrer Mutter alles überschattete. Ihr altes Leben kam ihr jetzt vor wie ein fremdes Land, in das sie nie wieder zurückkonnte.
    »Die Wucherung, aus der wir vor ein paar Wochen eine Gewebeprobe entnommen hatten, war gutartig«, sagte er zu ihr, während Jill für die Behandlung vorbereitet wurde, »und das hier ist bestimmt auch wieder falscher Alarm. Kein Grund zur Sorge, aber sie hätte sofort kommen sollen, als sie den Knoten bemerkt hat. Wir stechen kurz mit einer Nadel hinein und entnehmen ein paar Zellen. Es ist möglich, dass sie hinterher leichte Schmerzen hat. Sind Sie ihre Schwester?«
    Diesmal machte dieser Fehlschluss Saffy nichts aus. »Ich bin ihre Tochter.«
    »Und Sie können sich in den kommenden Tagen ein wenig um sie kümmern?«
    Saffy nickte. »Ich wohne im Moment bei ihr, das ist aber nur vorübergehend.« In der Sekunde, in der Greg wieder im Lande war, würde sie ihn aus der Wohnung werfen, damit sie wieder dort einziehen und sich an den Verkauf machen konnte.
    »Eins nach dem anderen«, sagte Dr. Kenny, »in Ordnung?«
    Conor hockte auf der Treppe und drückte ein Handtuch auf den Drucker, um dessen arthritische Geräusche etwas zu dämpfen, als er die nächsten einhundert Seiten von »Alles auf

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