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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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ist
fantastisch!«
    Vitória blieb weiter reglos sitzen. Geliebte
Sinhá? War das nur wieder einer seiner sonderbaren Scherze? Fand er das witzig,
sie ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag daran zu erinnern, dass Liebe nicht
gerade das war, was ihre Ehe auszeichnete?
    León tauchte erneut ab und schwamm mit kräftigen
Zügen zu ihr. Er hielt sich an ihren Füßen fest und hob den Kopf aus dem
Wasser. Sein Haar lag glatt und pechschwarz glänzend an seinem Kopf an, auf
seinem Gesicht glitzerten die Tropfen. Er lächelte sie breit an, und zum ersten
Mal seit Ewigkeiten sah dieses Lächeln nicht verbittert oder zynisch aus,
sondern froh. Und diese herrlich weißen, regelmäßigen Zähne! Schade, dass er
ihr dieses Lächeln nicht öfter zeigte.
    »Komm schon, Vita, zieh dich aus! Oder soll ich
dich in deinem Kleid ins Wasser ziehen?« Er ließ seine kühlen, nassen Hände an
ihren Beinen hochwandern, als suche er die am besten geeignete Stelle, um sie
zu packen. Die Berührung war erfrischend und zugleich unverhohlen erotisch. Vitória
bekam eine Gänsehaut.
    Sie zog die Beine zurück, stand auf, drehte sich
um und entfernte sich ein paar Schritte von ihm. Einen Augenblick lang dachte
León, dass sie einfach davongehen würde, dass sie ihn allein, nackt und gedemütigt
hier zurücklassen würde. Verstand sie denn nicht, warum er sich ihr in dieser
Schutzlosigkeit darbot?
    Doch Vitória ging nicht fort. Sie hatte nur eine
Stelle am Ufer gesucht, an der sie festen und trockenen Boden unter den
Füßen hatte. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, als sie das Oberteil ihres
Kleides abstreifte. León hielt den Atem an. In aufreizend langsamen Bewegungen
entledigte sie sich all ihrer Kleidung, immer noch mit dem Rücken zu ihm. Sie
wusste, dass er sie anstarrte. Sie zögerte kurz, als habe sie Scheu, sich ihrem
Mann auch von vorne ganz nackt zu zeigen, bis sie sich schließlich umdrehte,
eine Weile so stehen blieb und León erlaubte, sie von Kopf bis Fuß anzusehen.
Natürlich war der Anblick ihm nicht neu. Aber unter freiem Himmel, von der schräg
stehenden Sonne angestrahlt, hatte sie sich noch nie vor ihm ausgezogen. Es war
auch für sie selber ein neues Gefühl. Ein gutes. Ihre Blicke trafen sich, und
unter seinen zusammengekniffenen Lidern glaubte sie mehr zu sehen als reine
Lust.
    Dann lief sie los und sprang, wie er mit dem
Kopf zuerst, ins Wasser. Sie tauchte einige Meter vor León auf, heftig nach
Luft schnappend.
    »Ist das kalt!«
    »Nur am Anfang. Gleich wirst du dich daran gewöhnt
haben.« Vitória schwamm so schnell sie konnte, damit ihr wärmer wurde.
    Nach ein paar Runden empfand sie die Temperatur
des Sees als angenehm und ließ sich reglos auf der Wasseroberfläche treiben.
    Sie sah in den Himmel, sah die Baumkronen, die über
dem See aufragten, die Schmetterlinge und Libellen, die dicht über ihrem
Gesicht herflogen. Wie sie das vermisst hatte! Es war genau wie früher, als sie
noch im Paraíba do Sul schwimmen gegangen war. Fast genauso. Sie spürte Leóns Hände
um ihre Taille, der lautlos herangeglitten war. Er zog Vitória an sich heran
und hob sie so weit aus dem Wasser, dass er erst ihren Hals, dann ihre
Schultern und ihre Brustwarzen küssen konnte. Die Berührungen seiner Lippen
waren unendlich sanft und zärtlich, und er hätte von ihr aus noch stundenlang
damit fortfahren können, hätte sie nicht in diesem Augenblick eine Stimme gehört.
    »Hast du das auch gehört?«
    »Nein. Ich höre nur mein gebrochenes Herz laut
schlagen.«
    »Da, wieder!«
    Jetzt hörte León es auch.
    »Sinhô León! Sinhá Vitória!«, rief der Kutscher.
Wenig später tauchte der Mann am See auf. Er sah sich suchend um, bis er ihre
Kleider entdeckte und schließlich ungläubig auf das Paar glotzte, das unweit
des Ufers im Wasserstand, eng umschlungen und offenbar splitternackt. Vitória
presste sich dichter an León, um sich vor den neugierigen Blicken des Schwarzen
zu schützen.
    »Oh! Es tut mir Leid! Ich wollte nur sagen, dass
wir demnächst abfahren müssen. Die Sonne geht bald unter.« Damit wandte er sich
abrupt um und ging davon.
    Vitória und León sahen sich an und brachen in
Lachen aus.
    Am Ufer rieben sie sich gegenseitig mit Vitórias
Unterrock trocken. »Den brauche ich heute nicht mehr«, sagte sie, »und die Wäsche
will ich eigentlich auch nicht anziehen. Sieh mal, es klettern tausend Ameisen
darauf herum!«
    Trotz der knisternden Stimmung gelang es ihnen,
sich voneinander zu lösen und sich anzuziehen. Im

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