Ana Veloso
León gebührend zu bewundern. Raus jetzt, alle, marsch!«
Sie stand an der Tür, machte eine ungeduldige Handbewegung, als wollte sie
einen Schwarm Fliegen verscheuchen, und sah der flüchtenden Ines nach.
Als sie sich umdrehte, um zu ihrem Platz zurückzugehen,
stand León direkt vor ihr.
Sie hörte ihn atmen. Sie sah sein Herzflattern.
Sie fühlte seine Aufregung. Und dann spürte sie seine Finger unter ihrem Kinn,
das er durch einen sanften Druck anhob.
»Sieh mich an, Sinhazinha.«
Seine Pupillen waren riesengroß, sein Blick
geheimnisvoll.
»Ach, Vita. Du kannst dir nicht vorstellen, wie
sehr ich diesen Moment herbeigesehnt habe.«
»Doch, das kann ich.«
Er nahm ein wenig Abstand, um Vitórias
Gesichtsausdruck besser deuten zu können. »Ja? Und warum hast dann nicht du mir
geschrieben, sondern Joana?«
»Sie ist mir zuvorgekommen. In Wahrheit bin ich
jetzt froh darüber. Ich hätte nie die richtigen Worte gefunden. So wie jetzt.«
»Du
musst nichts sagen. Ich verstehe dich auch so.«
»Glaubst du?«
León nickte. Sanft zog er Vitória zu sich heran,
schloss die Arme um sie und beugte das Gesicht zu ihrem herab. Als ihre Lippen
sich berührten, wurde Vitória von einem so überwältigenden Glücksgefühl
durchflutet, dass ihr beinahe die Sinne schwanden. Oh, wie sie das vermisst
hatte, wie köstlich das war! Ihr Kuss wurde immer inniger, gewann eine solche
Macht über sie, dass die Welt um sie herum hätte untergehen können, ohne dass
sie es bemerkt hätten. Nur ein einziger Gedanke spukte ihr noch im Kopf herum.
Und je länger der Kuss währte, desto mehr gewann dieser Gedanke an Klarheit:
Nie, nie wieder würde sie León gehen lassen.
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