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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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verstanden?«
    »Jawohl, Sinhá.«
    Dona Alma schwieg und warf ihrer Tochter einen
skeptischen Blick zu. Sie schien zu ahnen, dass die kleine Zurechtweisung wohl
eher eine Demonstration hausfraulicher Kompetenz sein sollte. Mit einem leisen
Stöhnen ergriff sie Mirandas Arm, raffte mit der anderen Hand ihren schwarzen
Taftrock und quälte sich die Treppe hinauf.
    »Mamãe, erholen Sie sich gut. Ich werde später
nach Ihnen sehen«, rief Vitória ihr nach. Nun hatte sie doch wieder ein
schlechtes Gewissen.
    Sie ging zum Fenster, um erneut einen Blick auf
die weiße Pracht zu werfen, die in der Morgensonne glitzerte. Was für ein
Spektakel! Allein dafür lohnte es sich, fernab des Hofes zu leben und in Rio de
Janeiro als Landpomeranze verschrien zu sein.
    Heute würde sie, trotz aller Arbeit, die auf sie
wartete, einen kleinen Spaziergang auf die Kaffeefelder unternehmen. Ein paar hübsche
Zweige wären genau das Richtige für die festlich gedeckte Tafel, die weißen Blüten
würden perfekt mit der damastenen Tischwäsche und dem feinen Porzellan aus
Limoges harmonieren. Ja, und sie würde die Zweige so geschickt in der
venezianischen Kristallvase arrangieren, dass niemand auf die Idee käme, es könne
sich nicht um eine äußerst kostbare botanische Rarität handeln.
    Aber zunächst die unangenehmeren Aufgaben. Sie
musste dringend mit der Köchin reden und mit ihr die Vorräte inspizieren. Luiza
hatte schon seit vielen Jahren die Oberaufsicht über die Küche, und sie würde
wissen, was bis heute Abend machbar war und was nicht.
    Vitória schloss die Gardinen des Speisezimmers,
um auch hier ein Eindringen der heißen Luft so gut wie möglich zu verhindern.
Bis heute Abend wurde der Raum nicht mehr gebraucht. Zu Mittag aßen die da
Silvas fast nie gemeinsam. Eduardo da Silva kehrte, da er tagsüber meist
unterwegs war, in einer Schänke ein oder aß zusammen mit den Vorarbeitern, die
am Rande der Felder eine primitive Kochstelle errichtet hatten. Alma da Silva
litt unter chronischem Appetitmangel und verzichtete auf ein Mittagessen. Und
Vitória langte schon beim Frühstück so zu, dass sie nie vor dem Nachmittag
Hunger verspürte – und wenn doch, dann ließ sie sich auf der Veranda einen
leichten Imbiss oder Obst servieren.
    Auf dem Weg zur Küche fiel Vitórias Blick auf
die Vitrine, in deren Scheibe sie sich spiegelte. Himmel, sie war ja noch im
Morgenrock! Schnell lief sie auf ihr Zimmer, zog sich ein dünnes, aber robustes
Kattunkleid sowie feste Schuhe an. Ein Korsett trug sie bei dieser Hitze nicht,
und solange sie außer den Dienstboten niemand sah, konnte ja auch keiner Anstoß
daran nehmen.
    Vitória schloss leise die Tür hinter sich. Sie
wollte nicht, dass ihre Mutter sie zu sich hereinrief. Aus ihrem Zimmer, das
auf der anderen Seite des Flurs lag, drang gedämpftes Gemurmel. Dona Alma
schien Miranda länger in Beschlag zu nehmen als nötig. Fast hatte Vitória
Mitleid mit dem Dienstmädchen, das wahrscheinlich endlose Reden über das Elend
dieser Welt im Allgemeinen und die Abscheulichkeit dieses gottverlassenen
Winkels im Besonderen über sich ergehen lassen musste. Obwohl Brasilien schon
vor mehr als sechzig Jahren seine Unabhängigkeit erklärt hatte, betrachtete
Dona Alma das Land weiterhin als portugiesische Kolonie. Sie klagte unaufhörlich
über die unmenschlichen Lebensbedingungen, das feuchtwarme Klima und die wilde
Bevölkerung, der es offensichtlich an sittlicher Reife fehlte. Wie sonst war es
zu erklären, dass sich hier die Rassen gemischt hatten, dass es neben Weißen
und Schwarzen und Indios auch alle möglichen Subjekte undefinierbarer Hautfarbe
gab? Und zwar immer mehr davon?
    Vitória schlich sich nach unten. Als sie in der
Halle angelangt war, rief sie nach Miranda. Ihre Mutter würde an einem anderen
Tag weiterlamentieren können, heute wurden alle Hände gebraucht. Miranda schlug
die Tür von Dona Almas Zimmer zu und kam die Treppe herunter.
    »So, du nichtsnutziges Ding. Genug geplaudert.
Wenn du den Tisch abgeräumt hast, wirst du das Silber polieren und jeden
Gegenstand im Salon fein säuberlich abstauben. Aber dass du mir nicht wieder
etwas kaputtmachst!«
    Dann stapfte Vitória in ihren derben Schuhen zur
Küche.
    »Sinhazinha, in welchem Aufzug läufst du herum?«
Die Köchin blickte von der Schüssel auf, in der sie gerade Teig knetete, und
musterte Vitória kritisch. Als einzige Haussklavin duzte sie die Tochter des
Hauses, und ebenfalls als Einzige nannte sie sie

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