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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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zurückgekehrt
war, hatte Vitórias Vater beschlossen, den Jungen ins Haus zu holen. Es wurde
immer jemand gebraucht, der Botengänge erledigen oder mit anpacken konnte.
Reissäcke, Schweinehälften, Weinfässer – irgendetwas war immer zu schleppen.
Inzwischen hatte der Junge gelernt, die Sitten seiner Herrschaft zu imitieren,
und man konnte ihn sogar mit weniger groben Aufgaben betrauen.
    »Und das heute!«, lamentierte Dona Alma. »Wo ihr
euch doch um so viele andere Dinge kümmern müsst.«
    Vitória blickte ihre Mutter fragend an. Viele
andere Dinge? Natürlich, sie hatte immer viel zu tun. Seit ihre Mutter durch
die Krankheit so geschwächt war, hatte Vitória die Führung des Haushaltes übernommen.
Aber was lag heute an, was über ihre normalen Pflichten hinausging?
    »Ach Liebes, habe ich es dir noch nicht gesagt?
Pedro hat sich für heute Abend angekündigt, und er bringt ein paar Freunde mit.
Unter anderem einen Neffen des Kaisers. Sorge also bitte dafür, dass es den
hohen Gästen an nichts mangelt.«
    Vitória runzelte die Stirn. Ob ihre Mutter ihr
den Besuch absichtlich erst so spät ankündigte? Nein, Dona Alma mochte kränklich
und wehleidig sein, aber sie war noch immer eine aufopferungsvolle Mutter, die
ihrer Tochter niemals bewusst schaden würde. Andererseits war es in jüngster
Zeit häufiger vorgekommen, dass Vitória immer als Letzte davon erfuhr, wenn
etwas Außergewöhnliches anlag – und dabei war sie doch diejenige, an der dann
die Arbeit hängen blieb.
    Und pflegeleicht war dieser Besuch ganz sicher
nicht. Hohe Gäste, dass sie nicht lachte! So, wie sie ihren Bruder Pedro
kannte, würde er mit einer lärmenden Horde schlecht erzogener Burschen hier
einfallen. Sie würden die erlesenen Speisen in Windeseile vertilgen, ohne auch
nur ein Wort des Lobes darüber zu verlieren. Sie würden teuren Burgunder
herunterstürzen, als handele es sich um Wasser, und der Salon würde nach ihrem
Gelage noch tagelang nach Zigarrenqualm riechen.
    Am liebsten würde sie den jungen Männern,
welcher Herkunft sie auch sein mochten, einen schlichten Eintopf mit c arne
seca, sonnengetrocknetem Rindfleisch, vorsetzen, den diese, da war Vitória
ganz sicher, mit größerem Appetit verspeisen würden als die feinsten
Delikatessen. Sei's drum. Sie war es ihrer Familie und den Gästen schuldig,
standesgemäß aufzutischen. Immerhin wäre Boavista heute Abend die größte
Fazenda weit und breit wenn alles gut ging und Senhor Afonso nicht wieder in
letzter Sekunde kniff.
    Diesmal standen die Chancen gut, dass das Geschäft
glatt laufen würde. Vor drei Jahren hatte eine Rekordernte Afonso Soares knapp
vor dem Ruin gerettet, in den er die Fazenda mit seiner Spielsucht getrieben
hatte. Jetzt aber würde ihm auch die ergiebigste Kaffee-Ernte nicht mehr
helfen: Afonso hatte, so jedenfalls munkelte man, bei einem Spiel in der
Hauptstadt fast sein gesamtes Vermögen verloren. Wenn er wenigstens das
Herrenhaus behalten und seiner Familie ein Minimum an Komfort sichern wollte,
dann musste er sich jetzt von den Ländereien trennen, die an Boavista grenzten.
    »Ich muss aufbrechen. Vita, sobald Félix zurückkommt,
könntest du mit ihm in den Weinkeller gehen und ihm erklären, wo er was findet
und wie er mit den Flaschen umzugehen hat. Ich denke, dieser Verantwortung ist
er inzwischen gewachsen. Und dann könntet ihr auch gleich den 1874er Laffite
mit heraufbringen – heute Abend haben wir sicher einen Grund zum Anstoßen.«
Eduardo da Silva zwinkerte seiner Tochter zu, verabschiedete sich zärtlich von
seiner Frau und verließ energischen Schrittes den Raum.
    Einen Augenblick lang herrschte bedrücktes
Schweigen am Tisch, wie so oft, wenn sich Mutter und Tochter plötzlich ganz
allein miteinander beschäftigen mussten. Oft war das nicht der Fall, auf
Boavista war ein ständiges Kommen und Gehen an der Tagesordnung. Der Arzt sah
regelmäßig nach seiner einträglichsten Patientin; der Pfarrer tauchte mehrmals
in der Woche auf, um sich an Senhor Eduardos Wein gütlich zu tun; der eine oder
andere Nachbar schaute gelegentlich herein, wenn er die Fazenda passierte, auf
dem Weg zu Geschäften in der Hauptstadt Rio de Janeiro oder auch nur in
Vassouras, der nächstgelegenen Stadt; Lourenço, der Dekorateur, und Mademoiselle
Madeleine, die Hutmacherin, machten den Damen öfter als nötig ihre Aufwartung;
und natürlich war Pedro hin und wieder zu Hause. Irgendjemand war also immer in
der Nähe, und unbequeme Stille zwischen Dona

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