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Analog 06

Analog 06

Titel: Analog 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Bundesgenosse. Die Menschen sind die einzigen Wesen, die wirkungsvoll als Mittler zwischen den bei uns entstehenden Ideen und der technischen Umsetzungskraft dort auftreten können. Wir selbst können das nicht. Für uns ist es zu … mühevoll. Für die Rosaner übrigens auch.“ Er hielt inne, sah Sorrel eine Zeitlang an und sprach dann mit gedämpfter Stimme weiter. „Sie sind noch nie in Khayyam gewesen, nicht wahr?“
    Sorrel schüttelte den Kopf. Es lag eine unerträgliche Ironie darin, daß er den Planeten eines Volkes, dessen Leben er verwandelt hatte, noch nie besucht hatte. In seinem ganzen Leben war er noch keinem Rosaner begegnet. Er hatte nur, kurz nachdem seine Frau gestorben war, eine Dissertation über sie abgefaßt.
    Durch die Dissertation hatte er den Grund für ein vielfaches Sterben geliefert.
    Balcyrak unterbrach seine Gedanken. „Seien Sie ohne Sorge, Mensch Everwood. Wenn Sie erst eine Weile dort gewesen sind, werden Sie verstehen, warum wir nicht selbst dorthin gehen können. Für die Leute dort werden Sie dann zu einem Lazariner geworden sein.“
    „Wie bitte?“ Sorrel zuckte auf seinem Stuhl zusammen.
    Der Lazariner lächelte. Es war ein abwesendes, fast sorgloses Lächeln, doch irgendwie wirkten alle Handlungen der Lazariner auf den menschlichen Beobachter abwesend und interesselos. „Wenn Sie lazarinergleich geworden sind, werden Sie mich verstehen.“
    Sorrel stellte fest, daß Balcyrak davon ausging, daß er den Job übernehmen, daß er als Baleyraks Bevollmächtigter nach Khayyam reisen werde. Balcyrak irrte sich nicht, das mußte sich Sorrel zu seiner Empörung eingestehen.
    „Sie werden es verstehen“, versprach der Lazariner.
     
    Wandra nahm einen tiefen Zug aus dem Glas, das ihr Sorrel gereicht hatte. Sie war noch immer erschüttert über den Tod des Blutsbandschaftlers. Die drei Menschen waren auf das Schiff zurückgekehrt, doch sie hatten ihre Kühlanzüge noch nicht abgelegt. In der Schutzkleidung sahen sie wie bleiche, zerfranste Rosaner aus; jedenfalls schien es Sorrel so.
    Wandra setzte zum Sprechen an: „Ich kann es einfach nicht glauben. Ich weiß, ich weiß, in allen Berichten, die ich vor meiner Ankunft hier studiert habe, wurde vor ihrem plötzlichen Tod gewarnt, und ich hätte mich darauf einstellen müssen, daß es ein alltägliches Ereignis ist.“ Sie tat einen zweiten Zug. „Aber ich kann es einfach nicht fassen – wie kann es so etwas nur geben?“
    „Es ist doch nichts Besonderes“, warf Cal mit seiner kühnen, sarkastischen Stimme ein. „Für dich wäre es auch nichts Weltbewegendes, wenn du nur sechsunddreißig Stunden zu leben hättest. Dann kommst du gar nicht dazu, dir über den Tod eines anderen Gedanken zu machen.“
    Sorrel seufzte. Es würde Schwierigkeiten mit Cal geben. Er war schon jetzt dabei, sich einen Panzer aus Zynismus zuzulegen, der ihn vor den Wunden, die dieser Planet schlagen konnte, schützen sollte. Aber auch Wandras Hysterie konnte zu Komplikationen führen. „So einfach verhält es sich nicht, Cal. Die Erwachsenenphase des rosanischen Lebenszyklus dauert zwar nur knapp sechsunddreißig Stunden, doch sie legen in diese Zeitspanne mehr hinein als viele Menschen in einhundert Jahren. Wenn auf den Tod keine Trauer folgt, so liegt das daran, daß es für die Kinder lebenswichtig ist. Ein Rosaner kann keine Kinder – in unserem Wortsinne – haben, es sei denn, sein Hirnblut wird für das Larvenblutfest aufbewahrt.“ Sorrel zuckte die Achseln. „Man könnte sagen, daß das Blutfest einem jeden Rosaner ein Stückchen Unsterblichkeit verleiht. Das Blutkind beginnt seine Erwachsenenzeit mit vielen Erinnerungen der Bluteltern und der Hirneltern.“
    Cal schnaubte. „Ja, Unsterblichkeit. Die Kinder erinnern sich an jede Kleinigkeit. Aber tot ist man trotzdem. Da kann man genausogut ein Buch schreiben. Unsterblicher kann ein Rosaner auch nicht werden.“
    „So unsterblich wird vermutlich keiner von uns“, sagte Sorrel. Sofort bereute er seine Worte, denn er hatte ja tatsächlich bereits einen Schritt in Richtung auf diese Art Unsterblichkeit getan.
    Cal stapfte aus der Kabine.
    Sorrel beobachtete Wandra, wie sie ruhelos durch den Raum schritt, wie sie nervös die Hände rang. „Ja, Wandra, was willst du mir über Cal sagen?“ fragte er schließlich.
    Wandra hielt mitten in einem Schritt inne.
    „Ich, äh …“
    Sorrel nickte ihr zu. „Ich könnte nun gut sagen, daß ich dich mit meinen Fähigkeiten als Psychologe analysiert

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