Anansi Boys
er wahrscheinlich in Brasilien sei. Es klang so, als wüssten Sie, dass er dort nicht ist.«
»Das wäre Sache der Polizei«, sagte sie. »Und ich fürchte, dass ich m ich dazu nicht ä ußern kann. Wie geht’s Ihrem Bruder?«
»Ich weiß nicht. Ich glaub e , er ist verschwunden. Sein Zimmer war nicht da, als ich nach Hause ka m .«
»Sein Zimmer?«
»Seine Sachen. Er hatte s e ine Sachen mitgenomme n . Und seither kein Lebensze i chen von ihm.« Fat Charlie schlürfte seinen Jas m intee. »Ich hoffe, es geht ihm gut.«
»Warum sollte es nicht?«
»Na ja, er hat die gleiche Phobie wie ich.«
»Die Sac h e m it den Vögeln. Alles klar.« Daisy nickte m itfühlend. »Und wie geht’s der Verlobten und der zukünf t igen Schwi e ger m utter?«
»Ähm. Ich glaube, dass b e ide Bezeichnungen gegenwärtig, äh, keine Gültigkeit beanspruchen können.«
»Ah.«
»Sie sind weg.«
»War die Verhaftung der Grund dafür?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
Sie sah ihn an wie ein gu t h e rziger Kobold. »Tut m ir leid.«
»Na ja«, sagte er. »Im Moment habe ich keinen Job. Ich habe kein Liebesleben, und meine Nachbarn sind – hauptsächlich dank Ihrer Be m ühung e n – davon überzeugt, dass ich ein Ki l ler in Diensten einer jamaikanischen Bande bin. Einige gehen jetzt immer auf d i e andere Straßenseite, wenn sie m i ch sehen. Auf der and e ren Seite m ö chte mein Zeitungshändler, dass der Typ, der seine Tochter geschwängert hat, eine Lektion erteilt be k o m m t.«
»Was haben Sie ihm gesagt?«
»Die Wahrheit. Ich glaube a b er nicht, dass er mir geglaubt hat. Er hat m ir eine Gratistüte Chee s e-a n d-OnionChips und eine Packung M i nzbonbons in die Hand gedrückt und meinte, davon gäbe es noch jede Menge mehr, wenn der Job erledigt sei.«
»Das wird vorbeigehen.«
Fat Charl i e seufz t e. »Es ist beschämend.«
»Trotzde m « , sagte sie. »Es i s t nicht grad das Ende der Welt.«
Sie teilten sich die Rechnung, und m it dem Wechselgeld beka me n sie noch zwei Glückskekse.
»Was steht auf Ihrem?« fragte Fat Charlie.
»Beharrlichkei t führ t zu m Ziel‹ , la s sie . »Un d au f Ihre m ? «
»Das Gle i che wie b e i Ihnen«, sagte er. »Gute alte Beharrlichkeit.« Er zerknüllte d e n Zettel mit dem Sinnspruch zu einer erbsengroßen Kugel und stopfte diese in seine Tasche. Er begleitete Daisy zur U-Bahn-Station am Leicester Square.
»Sieht so aus, als sei’s I h r Glückstag«, sagte Daisy.
»Wie meinen Sie?«
»Keine Vögel hier.«
Es stimmte, was sie sagte, Fat Charlie sah es sofort. Es waren weder Tauben noch S t are da. Nicht der kleinste Spatz.
»Aber auf dem Lei c ester Square sind immer Vögel.«
»Heute nicht«, sagte sie. »Vielleicht haben sie was anderes zu tun.«
Sie blieben vor der Station stehen, und einen närrischen M o ment lang dachte Fat Char l i e, sie wü r d e ihm einen Abschiedskuss geben. Sie tat es nicht. Sie lächelte nur und sagte: »Machen Sie’s gut«, u n d er machte eine unbestimmte Geste m it der Hand, die man unter U m ständen als Winken interpretieren konnte, gen a uso gut aber auch als unwillkürli c hes Zucken, und schon war sie die Treppe hinunter und seinen Blicken entschwunden.
Fat Charlie kreuzte Leicest e r Square, g i ng Richtung Piccadilly Circus.
Er zog den Glückskekszettel aus seiner Tasche und entknül l te ihn. »Treffe dich beim Eros«, stand darauf und daneben war etwas hastig D a hingemal t es; es sah aus wie ein großes Sternchen, ein As te riskus, m öglich aber auch, dass es ei n e Spinne sein sollte.
Er suchte beim Gehen d e n Himmel ab und die Gebäude ringsu m , aber es waren keine Vögel zu sehen, und das war überaus merkwürdig, denn in London gab es immer Vögel. Überall waren zu jeder Zeit V ö gel.
Spider saß unter der Statue und las die News of the World. Er blickte auf, als F a t Charlie sich näherte.
»Es ist in Wirklichkeit nicht Eros, weißt du«, sagte Fat Charlie. »Sondern der Engel der Bar m herzigkeit.«
»Warum ist er dann nackt und hat Pfeil und B ogen in der Hand? Das kom m t m ir nicht besonders engelhaft oder bar m herzig vor.«
»Ich gebe nur weiter, was i c h gelesen hab e «, sagte Fat Charlie. »Wo warst du? Ich habe m ir schon Sorgen gemacht.«
»Das war nicht nöt i g . Ich bin nur den Vögeln aus dem Weg gegangen, hab versucht zu kapieren, was hier abgeht.«
»Ist d i r aufgefallen, dass heute keine Vögel unterwegs sind?«, sagte Fat Charlie.
»Allerdings. Und ich weiß ec h t nicht,
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