Anansi Boys
Luft auf Saint Andrews sch m eckte, hörte die vernünft i ge Polizistin auf, ihr den puren v e rbl e ndeten Irrsinn ihres Vorhabens auseinanderzusetzen. Das lag daran, dass sie von einer anderen Stimme übertönt wurd e . »Ne h mt euch in Acht, ihr Bösew i chter!«, sang diese. »Hütet euch, Diebe und anderes Gelichte r !«, und Daisy marschierte im Rhyth m us dieses Gesangs. Grahame Coats hatte in seinem Büro eine Frau er m o rdet, und er war unges c horen davongeko m men. Er hatte es praktisch vor Daisys Nase getan.
Kopfschüttelnd holte sie i h ren Koffer vom Band, teilte dem Bea m ten der Einwande r ungsbehörde fröh l ich m it, dass sie g e kommen sei, ihre Fer i en hier z u verbringen, und ging dann hinaus zum Taxistand.
»Ich m ö chte ein Hotel, das nicht zu teuer, aber auch nicht eklig ist, bitte«, sagte sie zum Taxifahrer.
»Da weiß ich genau das Richt i ge für Sie, Darlin’«, sagte er. »Steigense ein.«
—————
SPIDER ÖFFNETE DIE AUGEN UND STELLTE FEST, dass er, auf dem Bauch liegend, gefesselt war. Seine Arme waren an einem großen, vor i h m in die Erde geram m ten Pflock befestigt. Er konnte die Beine nicht bewegen und auch den Kopf nicht weit genug drehen, um nach hinten zu blicken, aber er hätte darauf wetten m ö gen, dass auch die Beine auf gleiche Weise festgebunden waren. Die körperliche Anstrengung b e i dem Versuch, sich aufzurichten und hinter sich zu blicken, hatte z u r Folge, dass seine Schrammen zu brennen begannen.
Er öffnete den Mund, worauf dunkles Blut sabbernd auf den staubigen Boden trop f te und ihn einnässte.
Er hörte ein Geräusch und d r ehte den Kopf, so weit es ging. Eine weiße Frau stand da und sah neugierig zu ihm hinunter.
»Alles in Ordnung? Blöde Frag e . Bei Ihrem Zustand. Ich nehme an, Sie sind auch so ein Duppy. Habe ich recht?«
Spider üb e rlegte. Er glaubte n i cht, dass er ein Duppy sei.
Er schüttelte den Kopf.
»Es ist nichts, wofür man sich schämen m ü sste. Ich b i n offensicht l ich selbst ein D u ppy. Ich hatte den Ausdruck vorher noch nie gehört, aber auf dem Weg hierher bin ich einem ganz reizenden alten Gentle ma n beg e gnet, der m ir alles dar ü ber erzählt hat. W o llen doch mal sehen, ob ich irgendwie behil f lich sein kann.«
Sie hockte sich neben ihn und versuchte ihm beim Lösen der Fesseln zu helfen.
Ihre Hand glitt durch ihn hin d urch. Er konnte ihre Finger fühlen, wie Nebelschwaden, die über seine Haut strichen.
»Ich fürchte, ich bin nicht in der Lage, Sie wirklich zu berühren«, sagte sie. »Anderer s eits bedeutet das, dass Sie noch nicht tot sind. Also, Kopf hoch.«
Spider hoffte, dass diese m erkwürdige Geisterfrau bald wieder verschwinden würde. Er konnte gar nicht m e hr geradeaus denken.
»Wie auch immer, a l s sich e r st ei n m al alles geklärt hatte, habe ich beschlossen, weiter auf der Erde zu wandeln, bis ich Rache an meinem Mörder genommen habe. Ich habe es Morris erklärt, er war auf einem Fernsehbildschirm bei Selfridges, doch er meinte, seiner Ansicht nach hätte ich überhaupt nicht begriffen, was gem e int ist, wenn es heißt, dass man die sterbliche Hülle abstreift, aber eins sage ich Ihnen, wenn man von m ir erwartet, dass ich auch noch die andere Wange hinhalte, dann hat man sich gründlich ge tä uscht. Es gibt durchaus Präzedenzfälle, und ich b i n sicher, dass ich eine ähnliche Nummer wie Banquo be i m Gast m a hl hinbekomme, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Sprechen Sie?«
Spider schüttelte den Kopf, und schon tr opfte ihm Blut von der S t irn i n die Augen. Es brannte. Spider fragte sich, wie lange es dauern würde, bis ihm eine neue Zunge ge wach s e n war . Pr om e t h eu s h a t t e e s g e s c h a ff t , t a g t ä g lic h ei n e neue Leber hervorzubringen, und Spider war davon überzeugt, dass eine Leber sehr viel me hr Arbeit kosten m u sste als eine Zunge. Eine Leber sorgte für che m ische Reaktionen Bilirubin, Harnstoff, Enzyme, die ganze Palette. Alkohol wurde von ihr zersetzt, und das allein m u sste eine m ö rderische Arbeit sein. Zungen dagegen brauchte man nur zum Reden. Gut, und zum Lecken natürl ic h …
»Na ja, ich kann m ich nic h t weiter m it Schwatzen aufhalten«, sagte die flachsblonde Geisterda m e. »Ich habe noch einen weiten Weg vor m ir, glaube ich.« Sie ging fort, und während sie g i ng, verf l üchtigte sie sich. Sp i d er hob den Kopf, beobachtete, wie s i e von einer Realität in eine andere glitt, wie ein Foto,
Weitere Kostenlose Bücher