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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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versucht, Ihnen andeutungsweise zu verstehen zu geben, wie unangebracht Ihr Verhalten ist. Wenn Sie Andeutungen nicht verstehen, sehe ich mich gezwungen Sie daran zu erinnern, daß Sie die Zeugin sind, die keine Fragen zu stellen, sondern zu beantworten hat. Wenn Sie entschuldigen.«
    Geduld, sagte sich Nastja und biß die Zähne zusammen. Geduld. Arbeit ist Arbeit.
    »Sie erwähnten, daß bei der Wette drei mitgemacht hätten. Ist Ihnen bekannt, wer der Dritte war?«
    »Er hat sich mir nicht vorgestellt. Dobrynin behauptete, er hieße Shenja und arbeite im Sanatorium als Elektriker. Alferow hat dem nicht widersprochen. Allerdings . . .«
    »Sekunde«, unterbrach sie der Kommissar, »wollen Sie damit sagen, Sie hätten nicht einmal gefragt, wie er heißt, als Sie diesen Shenja kennenlernten? Können Sie mir das erklären?«
    »Ich kann das nur damit erklären, daß ich nie die leiseste Absicht hatte, ihn kennenzulernen. Er hat zweimal versucht, mich anzusprechen, und zweimal habe ich seinen Versuch unterbunden. Genau deshalb habe ich auch nicht nach seinem Namen gefragt, um ihm nicht die Illusion zu geben, ich wolle die Unterhaltung fortsetzen und eine Bekanntschaft anknüpfen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    »Anastasija Pawlowna, ich rate Ihnen, nicht unverschämt zu werden. Der Umstand, daß Sie eine Mitarbeiterin des GUWD in Moskau sind, macht Sie noch nicht zu einer Spezialistin für Verbrechensaufklärung. Wenn es Ihnen so vorkommt, als wüßten Sie besser als ich, welche Fragen für die Aufklärung eines Mordes zu stellen sind, dann erlaube ich mir, Ihnen zu versichern, daß Sie sich täuschen. Ich versehe meine Tätigkeit seit vielen Jahren, und glauben Sie mir, ich habe einige Erfahrung, und die genügt völlig, um die Aufklärungsrate bei Mordfällen auf einem Niveau von sechsundneunzig Prozent zu halten. In Moskau, wo Sie zu arbeiten belieben, liegt die Aufklärungsrate ähnlich schwerer Verbrechen um einiges niedriger. Hab’ ich recht? Darum wollen wir uns besser an die Spielregeln halten: Ich werde die Fragen stellen, die ich für nötig halte, und erwarte von Ihnen wahrheitsgemäße Antworten. Sie Ihrerseits werden nur auf diese Fragen antworten und sonst nichts. Emotionen bleiben draußen, erst recht die negativen. Lassen Sie uns also weitermachen. Hat Shenja nach dem ersten Mal noch einmal versucht, Ihre Bekanntschaft zu machen?«
    »Nein. Er hat mich danach nicht weiter belästigt.«
    Natürlich hat er. Zuerst hat er mir diesen Tölpel von Alferow geschickt, wobei er ihm verheimlicht hat, daß er selbst schon eine Niederlage eingesteckt hatte. Kolja konnte man das nicht vorher sagen, sonst hätte er von Anfang an nicht mitgemacht. Danach hat er diesen unglaublichen Pawel Dobry-nin auf mich losgelassen. Da ich nicht im entferntesten eine Marylin Monroe bin, mußte er für Pawel einen Anreiz schaffen. Eben deshalb hat sich der geniale Shenja den Trick mit dem erhöhten Einsatz ausgedacht. Er war sich sicher, daß bei Alferow nichts herauskommt, und dann würde sich der Einsatz auf mich so erhöhen, daß es für Dobrynin interessant war. Und damit Pawel den Köder ganz schluckt und sich mit Enthusiasmus daran macht, eine graue Maus wie mich anzubaggern, hat Shenja ihm nun wiederum gesagt, er selbst sei bereits abgeblitzt. Shenja ist jung, sieht nicht übel aus, gegen den anzutreten ist keine Schande. Außerdem ist er, wie sich gezeigt hat, schlau und berechnend. Aber Sie, verehrter Herr Kommissar, wollen meine Kommentare ja nicht hören. Sie haben gefragt – ich habe geantwortet.
    »Sagen Sie, Anastasija Pawlowna, wie erklärt sich der Umstand, daß Sie nacheinander Shenja Schachnowitsch, Kolja Alferow und Pawel Dobrynin abweisen und dann plötzlich selbst abends auf Alferow zugehen und auf eigene Initiative ein Gespräch mit ihm anfangen?«
    »Er schien mir ein offener und aufrichtiger Mensch zu sein. Mag er auch bei der ersten Begegnung den Eindruck eines geistig Beschränkten hinterlassen haben, so hat sich dafür später im Gespräch mit Dobrynin eine Erklärung gefunden und ein bestimmtes Licht auf Koljas Charakter geworfen. Darum fand ich nichts dabei, während eines Spaziergangs ein paar Minuten mit ihm zu plaudern.«
    Als ich Kolja auf der Bank im Park sah, wurde mir innerlich ganz kalt, und ich bin es gewohnt, auf meinen Körper zu hören. Wenn er sagt: Achtung! – dann muß ich ihm folgen. Leider habe ich während der letzten Woche diese Regel mehrmals nicht befolgt. Ich habe

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