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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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gesessen? Wer hat hier geschlafen? Gut, wir stellen jetzt den Stuhl an seinen Platz und streichen das Bett glatt, und wir werden sehen, wer sich hier so ungezügelt benimmt. In so einem Chaos kann man doch nicht leben. In Wirklichkeit wollen sie sehr gerne wissen, wer Alferow getötet hat und warum. Und ich habe den Verdacht, daß sie gerade deshalb angekrochen kommen. Offenbar unterscheidet sich dieser Mord grundsätzlich von allen anderen, die in der STADT geschehen. Die sehen ja den Unterschied – im Gegensatz zu mir. Deshalb konstruiere ich auch irgendwelche unbeholfenen Hypothesen. Diesen Leuten wurde vermutlich schon zugetragen, daß ich bestimmte Überlegungen zu dem Mord anstelle, und daß mit den Kripoleuten und der Ermittlung was schiefgelaufen ist, und so sind diese Überlegungen nicht bis zu ihnen gedrungen. Was meinst du, klingt das plausibel?«
    »Ja, aber mir gefällt das nicht, Nastja. Ich fahre morgen ab, und wie willst du dich hier rauswinden? Du mußt denen ja morgen eine Antwort geben. Weißt du schon, welche?«
    »Hängt davon ab, wer morgen kommt und wie er sich präsentiert. Ich habe mir da schon einiges zurechtgelegt. Wenn natürlich einer zur Tür reinkommt und sagt: ›Guten Tag, ich bin der Hauptmafioso‹, werde ich ihn wohl wegschicken müssen. Ich kann ja nicht mit Verbrechern Zusammenarbeiten, auch nicht für einen guten Zweck. Aber ich muß ehrlich gestehen, Jura, ich fände es schade, wenn es so wäre. Eine interessante Rechenaufgabe hätte ich schon ganz gern gelöst. Aber ein reines Gewissen vorausgesetzt. Ich bin doch käuflich –oder?«
    »Wer weiß das schon, Nastja. Ich würde es nicht riskieren.«
    »Vielleicht riskiere ich es auch nicht. Ich laß es mir heute nacht noch einmal durch den Kopf gehen. Ich bin sowieso ein ziemlicher Feigling, wie du weißt. Und vor dieser Mafia zittern mir die Knie. Weißt du, was mir blüht, wenn sie mich entführen?«
    »Pfui, hüte deine lose Zunge! Hättest du dich bloß nicht mit ihnen eingelassen.«
    »Mir ist langweilig, Jura, ich mag es nicht, wenn mein Gehirn nichts zu tun hat. Übersetzen ist eine einfache Arbeit, das lastet mich nicht aus.«
    »Verlieb’ dich«, riet Korotkow. »Du wirst tagelang die Worte und Handlungen deines Verehrers analysieren: Wie er dich ansieht und was er sagt. Wenn das keine Aufgabe ist.«
    »Hab’ ich versucht«, gestand Nastja. »Es geht nicht. Die Aufgabe ist einfach, aber die Emotionen sind gleich null. Wahrscheinlich bin ich einfach ein Monstrum. In welcher Straße sind wir eigentlich?«
    Korotkow hob den Kopf und hielt nach dem nächsten Straßenschild Ausschau.
    »Tschaikowskistraße.«
    »Gehen wir zum Fernmeldeamt, das kann nicht weit sein.«
    * * *
    Ins Sanatorium zurückgekehrt, brachte Nastja als erstes ihr Zimmer in Ordnung. Die Entscheidung, die sie zu treffen hatte, war nicht einfach und verlangte eine sorgfältige Vorbereitung.
    Sie nahm die beschriebenen Blätter Papier und legte sie in der richtigen Reihenfolge fein säuberlich auf einen Stoß. Sie schloß die Wörterbücher und das englische Buch, deckte die Schreibmaschine mit einer Plastikhülle ab und schob alles an den Tischrand, um sich eine freie Arbeitsfläche zu schaffen. Sie nahm von beiden Betten die verstreuten Kleidungsstücke, hängte sie in den Schrank, leerte und wusch den Aschenbecher aus, zog die Vorhänge zu und machte die Schreibtischlampe aus. Jetzt erinnerte sie die Zimmeratmosphäre an ihr Moskauer Arbeitszimmer an der Petrowka: alles ordentlich, karg und unpersönlich.
    Nastja stand lange unter der heißen Dusche, um sich nach dem Spaziergang durch die frostige Luft zu erwärmen, dann wickelte sie sich in einen langen geblümten Morgenmantel, setzte sich an den Tisch und begann zu arbeiten.
    Nach einiger Zeit stellte sie mißmutig fest, daß sie keine Wahl hatte. Entweder hat jemand Angst, daß sie die Wahrheit über den Mord an Alferow kennt oder herausfinden kann, dann wird er ihr ohnehin keine Ruhe lassen, unabhängig davon, ob sie ihr Einverständnis gibt oder nicht: weil er versuchen wird, sie entweder an der Nase herumzuführen oder sie einzuschüchtern oder sich freizukaufen. Oder dieser Jemand braucht ihre analytischen Fähigkeiten, dann ist es auch sinnvoll, sein Einverständnis zu geben, weil es um ein Schwerverbrechen geht, und dann ist es aus rein menschlichen Erwägungen unmöglich, sich rauszuhalten. Das heißt, sie könnte es natürlich, aber das wäre dumm und peinlich. Was macht es schließlich

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