Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen
ins Zimmer.
»Worum geht es? Leg los!«
Während er sich Jerochins Erzählung über Wladimir Vakar anhörte, kaute er unzufrieden an seinen Lippen und trommelte mit den Fingern auf seinem Knie herum.
»Du sagst, daß er dich die ganze Zeit beschattet?«
»Nein, nicht die ganze Zeit, nur von Fall zu Fall. Aber oft. Was soll ich machen, wenn er mir bei der Übergabe der Ware in die Metro folgt?«
»Seit wann geht das denn schon so?«
»Weiß der Teufel. Ich habe es erst vor kurzem bemerkt.«
»Du bist ein Idiot«, herrschte Artjom ihn wütend an. »Warum hast du bis jetzt geschwiegen? Wir hätten längst das Nötige getan.«
»Was meinst du damit?« fragte Igor mit einem Beben in der Stimme.
»Dieser Mann muß verschwinden. Ich gebe dir drei Tage. In drei Tagen muß die Sache erledigt sein. Ist das klar?«
»Darf ich die Jungs bitten, mir zu helfen?«
»Wie bitte?« Artjom verzog verächtlich die Lippen. »Bist du noch bei Trost? Es sind deine Sünden, mein Lieber, die Suppe mußt du allein auslöffeln. Laß die Jungs aus dem Spiel!«
»Aber warum denn, Artjom? Zu dritt wäre es viel einfacher.«
»Aber dann würden es auch drei wissen, das scheinst du völlig zu vergessen. So aber weiß es nur einer.«
»Und du.« Igor sah Resnikow unverwandt an.
»Ich zähle nicht«, grinste Artjom. »Ich habe in diesem Spiel den höchsten Einsatz, deshalb bin ich mehr als du daran interessiert, daß nichts herauskommt. Wir haben alles besprochen, Igor, es gibt nichts mehr zu sagen. Geh und bring diesen Vakar um, tu es, wo du willst, wie du willst, aber in spätestens drei Tagen darf er nicht mehr unter den Lebenden sein. Wenn er dich schon länger beschattet, kann er sehr vieles wissen. Er ist in jedem Fall gefährlich für uns.«
Nachdem Igor auf die Straße vor Artjoms Haus hinausgetreten war, empfand er zum ersten Mal keine Freude beim Anblick seines teuren, funkelnden Autos. Vor einigen Tagen hatte er beschlossen, seinen Verfolger umzubringen, aber jetzt, da die Tat endgültig bevorstand, da sie nicht mehr zu vermeiden und nicht mehr aufzuschieben war, fühlte er, daß es gar nicht so einfach war, sie zu begehen. Zum ersten Mal fragte er sich heute mit Erstaunen, wie es ihm gelungen war, dies bereits zweimal in seinem Leben zu tun. Zum ersten Mal damals, vor neun Jahren, als er noch überhaupt keine Ahnung davon hatte, was das Leben war und was es bedeutete, es jemandem zu nehmen. Zum zweiten Mal kürzlich, als er den rotbackigen Sergeanten erschoß, der nicht bereit war, ihm für fünfhundert Dollar den Papierfetzen auszuhändigen, den er von ihm verlangte. In beiden Fällen hatte er spontan getötet, ohne nachzudenken. Aber jetzt plante er einen Mord. Und das war etwas ganz anderes.
5
»Wissen Sie, Anastasija Pawlowna, ich glaube, unser General ist ganz schön in der Klemme«, sagte Bokr nachdenklich, während er, wie es seine Gewohnheit war, bei Nastja im Zimmer auf und ab ging.
»Wie kommen Sie darauf?« fragte Nastja, sofort hellhörig geworden.
»Diese Tante Ljuba, die ein ausgemachtes Scheusal ist, lungert Tag und Nacht in dieser Kirche und auf dem Friedhof herum, sie ist mit sämtlichen Totengräbern befreundet und trinkt Wodka mit ihnen. Es wimmelt dort von kriminellen Elementen, und unter ihnen geht das Gerücht, daß eine Kirchenbesucherin über Tante Ljuba einen Henkersknecht sucht.«
»Eine Kirchenbesucherin? Was für eine?« fragte Nastja ungeduldig.
»Eine bessere Dame, eine Frau Generalin. Mit diesen Worten haben sie es mir dort gesagt. Soll ich ein Treffen mit Tante Ljuba für Sie arrangieren?«
»Nein, Bokr, es ist nicht nötig.«
»Warum nicht?« fragte er aufrichtig enttäuscht. »Wir haben uns soviel Mühe gegeben.«
»Genau deshalb ist es nicht nötig. Sie haben schon alles für mich herausgefunden, ich weiß durch Sie bereits alles, was ich wissen will.«
»Dann ist es gut«, sagte er strahlend. »Und was Resnikow betrifft – der ist heute morgen nach Podlipki gefahren und hat dort einen Mann namens Sewa getroffen. Hier ist die Videoaufzeichnung.« Bokr legte eine Kassette auf den Tisch. »Wir mußten leider aus ziemlich großer Entfernung filmen. Aber alles Wichtige ist gut zu sehen. Sewa hat Resnikow ein Paket übergeben.«
»Haben Sie etwas über diesen Sewa herausgefunden?«
»Nein, fast gar nichts. Nur daß er in Podlipki wohnt. Wir haben natürlich seine Adresse, aber alles andere machen Sie lieber selbst. Für Sie ist es einfacher.«
»Bokr, ich möchte Sie um etwas
Weitere Kostenlose Bücher