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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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und Sie verweigern mir die Aussage, weil Sie ihr Interesse an Jerochin nicht preisgeben möchten. Aber wenn Sie ihn ermorden, werde ich mit Sicherheit wissen, wer es gewesen ist. Und Sie werden sich für alle vier Morde verantworten müssen. Solange Jerochin lebt, kann ich nicht beweisen, daß Sie die anderen drei umgebracht haben, das müssen Sie mit Ihrem eigenen Gewissen abmachen, denn ich habe sowieso keine Beweise, es sei denn, Sie würden ein Geständnis ablegen. Aber nach dem Mord an Jerochin werde ich Sie aller vier Morde überführen, darauf können Sie sich verlassen. Geben Sie Ihr Vorhaben auf. Überlassen Sie Jerochin mir . . . Bitte«, fügte Sie leise hinzu.
    »Ich bin bereit, für alles, was ich tue, die Verantwortung zu übernehmen«, sagte der General eisig. »Aber ich habe nicht vor, Ihnen bei der Ermittlungsarbeit zu helfen.«
    Ich hatte recht, du bist nicht zu kriegen, dachte Nastja traurig. Du fürchtest weder das Gefängnis noch die Schande. Aber irgendeine Schwachstelle mußt auch du haben, denn ein Mensch bist du ja trotzdem. Und diese Schwachstelle werde ich finden.
    »Sonst haben Sie mir nichts zu sagen?«
    »Nein, sonst nichts.«
    »Sehr schade«, sagte Nastja und erhob sich von der Bank. »Dann will ich Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Aber vielleicht denken Sie trotzdem noch einmal über das nach, was ich Ihnen gesagt habe.«
    »Wohnen Sie weit weg von hier?« fragte er plötzlich übergangslos.
    »Ja, ich wohne in der Stschelkowskij-Straße.«
    »An der Metro?«
    »Nein, man muß noch vier Haltestellen mit dem Bus fahren.«
    »Ich werde Sie begleiten.«
    »Wozu?« fragte sie erstaunt.
    »Eine Frau sollte zu so später Stunde nicht allein unterwegs sein«, sagte Vakar entschieden.
    »Ich bin keine Frau, ich bin Kriminalbeamtin, und ich brauche keine Begleitung.«
    »Haben Sie eine Waffe?«
    »Ja, sie liegt im Safe.«
    »Warum haben Sie sie nicht bei sich?«
    Will er mich etwa belehren? fragte Nastja sich widerwillig. Er scheint kein schlechter Mensch zu sein, dieser General Vakar, aber er macht einen sehr unglücklichen Eindruck.
    »Ich trage keine Waffe«, antwortete Nastja schulterzuckend. »Ich kann im Grunde gar nicht mit ihr umgehen.«
    »Das ist schlecht«, sagte Vakar streng. »Gibt es denn bei der Miliz keine entsprechende Ausbildung, keine regelmäßigen Schießübungen?«
    »Es gibt alles, aber ich drücke mich.«
    »Das ist schlecht«, wiederholte Vakar. »Ich werde Sie begleiten.«
    »Das ist nicht nötig, an der Metrostation wartet ein Wagen auf mich.«
    »In diesem Fall bitte ich um Entschuldigung für meine Aufdringlichkeit«, sagte er trocken, drehte sich abrupt um und ging in Richtung Sustschewskij-Bahnhof.
    2
    Dmitrij Sotnikow unterhielt sich widerwillig mit Nastja.
    »Hegen Sie irgendeinen Verdacht gegen Wladimir Sergejewitsch?« fragte er mißtrauisch.
    »Nicht im geringsten«, log sie, ohne mit der Wimper zu zucken. »Es geht nur darum, daß er ein wichtiger Mordzeuge für uns ist, aber aus unverständlichen Gründen weigert er sich, eine Aussage zu machen. Mir scheint, daß meine Hartnäckigkeit in dieser Sache ihm irgendwie zusetzt, und ich würde gern etwas mehr über ihn erfahren, um mich ihm gegenüber so taktvoll wie möglich zu verhalten. Bitte erzählen Sie mir doch etwas über seine Familie.«
    »Warum? Warum gehen Sie nicht zu ihm nach Hause und sehen sich alles selbst an?«
    »Weil ich niemanden beunruhigen will, der eine so schreckliche Tragödie durchlebt hat«, sagte sie aufs Geratewohl. Und traf ins Schwarze. Dmitrij wurde sofort zugänglicher.
    »Sie wissen also Bescheid?«
    »Natürlich.«
    »Jelena Viktorowna ist völlig . . .« Er hielt inne, er wollte Lisas Mutter nicht beleidigen und suchte nach den richtigen Worten. »Kurz, sie verharrt seit dem Tod ihres Sohnes in ständiger Trauer und zwingt die ganze Familie, im ewigen Schatten der Tragödie zu leben. Es geht nur um Andrjuscha. Sein Zimmer, seine Sachen, seine Bilder, seine Gedichte, seine Fotos. Und so weiter.«
    »Und die Tochter?«
    »Um Lisa steht es ebenfalls schlecht. Sie ist krank, nimmt ständig Tabletten und lebt nur von der Erinnerung an ihren Bruder. Wenn Sie meine Meinung hören wollen – sie haben den General völlig erdrückt. Er ist schließlich ein normaler Mann mit einer normalen Psyche und muß Tag für Tag in diesem Reich der Tränen und der ewigen Klage leben.«
    »Kennen Sie Wladimir Sergejewitsch gut?«
    »Nein, nicht sehr gut. Ich bin seit vielen Jahren mit

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