Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
nur eine an, die anderen beiden waren nicht in der Stadt. Eine machte gerade Urlaub irgendwo im Ausland, die andere war auf einer Dienstreise. Die Frau, die ihnen die Tür öffnete, erzählte mit freimütigem Lächeln, daß man sie gebeten hatte, einem guten Menschen zu helfen und eine Scheinehe mit ihm einzugehen, weil die Behörde, bei der er arbeitete, ihm dann eine Zweizimmerwohnung zur Verfügung stellen würde. Natürlich hätte sich der Mann in diesem Fall erkenntlich gezeigt. Aber kurz nach der Bestellung des Aufgebots fand in der Behörde eine personelle Umstrukturierung statt, der Mann bekam einen sehr viel höheren Posten und in der Folge auch eine Zweizimmerwohnung.
Gegen sieben Uhr abends brachte Anton Nastja wieder nach Hause.
»Machen wir weiter?« fragte er, als sie vor dem Haus angekommen waren.
»Wenn Sie nicht müde sind. Aber es ist mir peinlich, Sie so auszubeuten . . .«
»Nastja, wir haben doch eine Vereinbarung getroffen«, sagte er vorwurfsvoll, während er das Auto abschloß.
Zu Hause setzte Nastja sich wieder an den Computer, während Schewzow sich wie gehabt zwischen den Listen auf dem Fußboden einrichtete.
»Shdanow und Kochomskaja.«
»1968.«
»Malachow und Nikitina.«
»1955.«
»Und? Liegt eine Eheschließung mit einem anderen vor?«
»Ja, hier. Sie hat einen Grjadowoj geheiratet.«
Als es zehn geworden war, verschwammen ihnen die Buchstaben und Zahlen vor den Augen.
»Genug, Anton, fahren Sie nach Hause. Sie müssen ja völlig erschöpft sein.«
»Wollen wir uns vielleicht duzen?« schlug Anton vor, während er seine Beine im Schneidersitz kreuzte. »Schwerarbeit schweißt zusammen.«
»Einverstanden. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß du erschöpft sein mußt.«
»Wirst du schlafen gehen, wenn ich jetzt nach Hause fahre?«
»Nein, natürlich nicht. Ich mache weiter.«
»Dann bleibe ich.«
»Aber es ist doch schon spät.«
»Nastja, ich gehe erst dann, wenn dir die Luft ausgeht.«
»Dann wirst du für immer hier einziehen müssen«, lachte Nastja. »Mir geht die Luft erst dann aus, wenn ich sterbe. Und wahrscheinlich nicht einmal dann. Stachejew und Poljanskaja.«
»1963.«
* * *
Larissa hatte das Gefühl, daß ihre Blase im nächsten Moment mit einem lauten Knall platzen würde. »Ich muß zur Toilette«, sagte sie mit kläglicher Stimme.
Der Mann verließ das Zimmer und kam mit einer Bettpfanne in der Hand zurück.
»Ich kann nicht in deiner Anwesenheit . . . Bring mich zur Toilette.«
Tränen traten ihr in die Augen. Sollte ihr auch diese Demütigung nicht erspart bleiben?
»So oder gar nicht«, sagte ihr Peiniger, während er ihr die Bettpfanne unterschob. »Nur keine falsche Scham.«
»Ich muß den Slip ausziehen . . . Ich kann doch nicht so . . .«
Er bückte sich und riß ihr den kleinen, durchsichtigen Slip herunter.
»Los. Ich drehe mich um.«
Larissa schloß die Augen. Sie wäre am liebsten gestorben. Der Mann trug ohne jedes Anzeichen von Abscheu die Bettpfanne hinaus.
Guter Gott, in was war sie da hineingeraten! Ihr waren die Namen und Telefonnummern zweier Freunde von Sergej eingefallen, sie wußten mit Sicherheit, wo er war, und hatten Kontakt mit ihm. Sie war bereits drauf und dran gewesen, es ihrem Peiniger zu sagen, aber im letzten Moment bremste sie der Gedanke daran, daß dann auch Sergej in die Gewalt dieses Psychopathen geraten würde. Er war wahnsinnig, das war offensichtlich. Er würde Sergej umbringen, und vorher würde er ihn genauso peinigen wie sie. Nein, sie mußte alles versuchen, um das zu verhindern. Sie würde es aushalten, solange sie konnte, sie würde alles tun, um Sergej vor diesem Ungeheuer zu retten.
»Na, ist dir jemand eingefallen?«
»Nein, noch nicht.«
Nach der Prozedur mit der Bettpfanne war es ihm nicht in den Sinn gekommen, ihr den Slip wieder anzuziehen. Sie lag jetzt völlig nackt da und bemerkte, daß der Blick ihres Peinigers sie immer wieder streifte. Konnte sie ihn vielleicht auf diese Weise milder stimmen? Sie war bereit, sich ihm hinzugeben, um so vielleicht das Schlimmste von sich abzuwenden. Aber vor allem wollte sie Sergej retten.
Obwohl ihr ganzer Körper schmerzte, versuchte sie, ihre Beine ein wenig zu öffnen, um möglichst verführerisch auszusehen. Seine Blicke streiften sie jetzt immer öfter und verweilten länger auf ihrem Körper. Larissa bewegte sich erneut und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken.
»Was zappelst du herum?« fragte er unwirsch. »Ist dir etwas
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