Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers
Mord an ihm rächen wollen, dann ist das Ihre ganz private Angelegenheit. Sie haben nicht das Recht, andere in diese Sache hineinzuziehen und um Hilfe zu bitten.«
»Nicht einmal Sie?«
»Nein, nicht einmal mich.«
»Haben Sie denn kein Fünkchen Sympathie mehr für Bulatnikow? Das kann ich nicht glauben.«
»Sie brauchen mir nicht zu glauben. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mir jemanden geschickt haben, der verhindert hat, dass ich bereits in den ersten Stunden nach meiner Entlassung aus dem Lager ins Gras gebissen habe, jemanden, der mich sicher nach Moskau gebracht hat. Ich weiß, dass das mit hohen Kosten für Sie verbunden war. Und ich wiederhole, dass ich Ihnen dankbar bin. Aber verlangen Sie nichts von mir.«
»Was sind Sie nur für ein Starrkopf«, sagte Minajew zornig.
Dieser Sauljak entglitt ihm ständig zwischen den Fingern. Dabei hatte er seine ganze Hoffnung auf ihn gesetzt. Er musste ihn einfach überreden.
»Verstehen Sie doch«, fuhr der General hitzig fort, »alle diese Geschichten über weiße Westen sind Märchen für junge Pioniere. Sie waren selbst Offizier, Sie wissen genau, dass es eine Vielzahl von Aufgaben und Zielen gibt, die nicht ohne Verletzung von Moral und Ethik zu erreichen sind. Der operative Dienst ist eine durch und durch schmutzige Angelegenheit, so war es immer, und so wird es immer bleiben. Sie haben nicht das Recht, Bulatnikow, mich und sich selbst dafür zu verurteilen, dass durch unsere Aktivitäten manche Norm verletzt und Menschen Schaden zugefügt wurde. Das war unvermeidlich, weil die Sache es verlangte. Was hat es für einen Sinn, wenn Sie jetzt anfangen, sich die Haare zu raufen und Ihre Sünden zu bereuen? Dadurch ändert sich nichts an den Zuständen. General Bulatnikow hat im Namen der sozialen Gerechtigkeit gehandelt, während die, die ihn umgebracht haben, es für sich getan haben, für ihre persönlichen Vorteile. Es kann doch nicht sein, dass Sie diesen Unterschied nicht sehen.«
»Hören Sie, Anton Andrejewitsch«, sagte Sauljak, ohne den General anzusehen. »Lassen Sie uns das Gespräch über Moral und Ethik auf ein anderes Mal vertagen. Unsere Beziehung ist eine rein geschäftliche, und ich bin bereit, meinen Anteil zu diesem Geschäft beizutragen. Sie haben mich sicher nach Moskau gebracht, Sie haben viel Geld dafür investiert, und ganz unabhängig davon, warum Sie das getan haben, muss ich meine Schuld bei Ihnen abgelten. Ich schlage vor, dass Sie mich noch für eine gewisse Zeit unter Ihren Schutz stellen, mich mit neuen Papieren ausstatten und mir sicheren Unterschlupf gewähren. Wünschenswert wäre es auch, eine entsprechende Legende über meinen Verbleib in Umlauf zu setzen, damit ich wenigstens die erste Zeit sicher bin. Mit anderen Worten, Sie unterstützen mich so lange, bis ich mir die neuen Lebensumstände geschaffen habe, die ich brauche. Dafür tue ich für Sie das, was Sie wollen. Sie möchten mit Bulatnikows Mördern abrechnen? Ich bin bereit, Sie dabei tatkräftig zu unterstützen. Um meine Schulden Ihnen gegenüber zu begleichen. Sind wir uns einig?«
Minajew unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Endlich! Er hatte schon befürchtet, er würde mit diesem Mann keine gemeinsame Sprache finden.
»Selbstverständlich, Pawel Dmitrijewitsch, wir sind uns einig. Und darüber bin ich sehr froh. Ich schlage vor, jetzt wenigstens noch ein paar Stunden zu schlafen, die Nacht geht schon zu Ende. Und morgen beginnen wir mit der Arbeit, wenn Sie nichts dagegen haben.
Pawel erhob sich wortlos, und sein verschlossener, kalter Gesichtsausdruck sagte Anton Andrejewitsch, dass Sauljak nicht vorhatte, ihm zu antworten. Für ihn war das Gespräch beendet.
* * *
General Minajew war überzeugt davon, dass den Mord an Wladimir Wassiljewitsch diejenigen begangen hatten, in deren Interesse er einst seine schmutzigste und blutigste Aktion durchgeführt hatte. Er kannte diese Personen namentlich, er hatte zwei Jahre darauf verwendet, sie zu suchen und zu finden. Und jetzt, da der Name und das Konterfei einer dieser Personen immer öfter in den Medien aufzutauchen begann, wurde Anton Andrejewitsch klar, dass dieser Bande der Raum für ihre kriminellen Machenschaften zu eng geworden war. Sie wollten expandieren, sich in größeren Maßstäben entfalten. Und dafür brauchten sie »ihren« Präsidenten, der dafür sorgen würde, dass die nötigen Erlasse verabschiedet wurden, sie brauchten »ihre« Minister, die die entsprechenden Unterschriften leisten
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