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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Geheimnisse verraten.«
    Nastja war klar, dass Pawel scherzte, aber sein Gesichtsausdruck war dabei seltsam ernst und sogar irgendwie grimmig. Nicht zu fassen, dachte sie. Da hast du dir ja etwas geleistet. Einfach so einzuschlafen neben Sauljak, von dem diese unbestimmte Gefahr ausgeht. Ein unverzeihlicher Fehler.
    Die Passagiere drängten bereits hinaus auf die Gangway, aber Nastja konnte sich immer noch nicht erheben. Auch Pawel blieb sitzen und hielt nach wie vor ihre Hand. Sie gab sich einen Ruck.
    »Gehen wir«, sagte sie entschieden und stand auf.
    Auf dem Parkplatz des Flughafens fand sie das Auto, das sie vor einigen Tagen selbst hier abgestellt hatte. Zum Glück war es in Moskau nicht besonders kalt, sodass es ohne größere Mühe gelang, das Auto zu öffnen und anzulassen.
    Während der Fahrt schwiegen sie. Nastja fühlte sich plötzlich missbraucht. Jemand hatte sie als Schachfigur in seinem Spiel benutzt. Es war ihr nicht gelungen herauszufinden, wer dieser Sauljak war und warum man ihn jagte. Allerdings hatte man sie auch nicht beauftragt, das herauszufinden. General Minajew selbst wusste bestens über Sauljak Bescheid, er hatte seine freundschaftlichen Beziehungen zu einem leitenden Kripobeamten im Innenministerium ausgenutzt, um das zu bekommen, was er wollte, und sie, Anastasija Kamenskaja, hatte man einfach mit verbundenen Augen losgeschickt, sie war einfach ein Rädchen im Getriebe gewesen, eine kostenlose Arbeitskraft im Dienst unbekannter Mächte.
    Um drei Uhr nachts war die Ausfallstraße nach Moskau völlig leer. Nach dem ersten Posten der Verkehrspolizei musste sie an einer Bushaltestelle vorbeifahren, und dreihundert Meter weiter sollte ein Auto warten. Genau so war es auch. Da stand der Mercedes, an der vereinbarten Stelle, mit angestellten Scheinwerfern. Nastja bremste und fuhr langsam an den Mercedes heran. Aus der Dunkelheit trat ein Mann hervor und öffnete die Tür ihres Wagens auf der Seite, auf der Pawel saß.
    »Kommen Sie, Pawel Dmitrijewitsch«, sagte er.
    Pawel rührte sich nicht, er hob nicht einmal den Kopf.
    »Nastja«, sagte er leise.
    Es war das zweite Mal, dass er sie beim Vornamen nannte.
    »Ja?«
    »Ich danke Ihnen.«
    »Keine Ursache. Ich habe getan, was ich konnte.«
    »Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Pawel.«
    Er stieg aus, schloss sorgsam die Autotür und ging in Richtung Mercedes, doch nach einigen Schritten blieb er wieder stehen. Nastja glaubte, dass er ihr noch etwas sagen wollte. Sie öffnete rasch die Tür und sprang aus dem Auto. Er stand etwa drei Meter von ihr entfernt. In der Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, aber sie wusste, dass er ihr in die Augen sah. Und wieder fühlte sie die heiße Welle, die in ihr aufstieg, sie fühlte sich plötzlich weich und gefügig wie geschmolzenes Wachs.
    Sauljak nickte ihr zu, dann drehte er sich abrupt um und ging zum Auto. Die Tür schlug zu, der Motor heulte auf, der Mercedes fuhr an und verschwand mit großer Geschwindigkeit in der Dunkelheit.
    Nastja setzte sich wieder ans Steuer, aber sie war nicht in der Lage zu irgendeiner Bewegung. Sie fühlte sich völlig kraftlos.

TEIL 2

FÜNFTES KAPITEL
    Anton Andrejewitsch Minajew brachte Pawel zu sich auf die Datscha. Das Haus war warm, liebevoll und gemütlich eingerichtet. Anton Andrejewitsch hätte liebend gern das ganze Jahr über hier gelebt, aber seine Frau und seine Tochter konnten dem Landleben nicht viel abgewinnen und zogen die Stadtwohnung vor.
    »Sie sind sicher müde und möchten sich ausruhen«, wandte Minajew sich an seinen Gast, nachdem er die Haustür aufgeschlossen und die Heizung angestellt hatte. »Machen Sie es sich bequem, jetzt ist es noch kalt hier, aber in einer Stunde wird es warm sein. Unsere Unterhaltung verschieben wir auf später.«
    »Ich würde es vorziehen, mich jetzt gleich zu unterhalten«, erwiderte Sauljak trocken. »Es ist besser, wenn wir die Dinge gleich klären. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Sie danach gar kein Bedürfnis mehr haben werden, mir Ihre Gastfreundschaft zu erweisen.«
    »Wenn Sie darauf bestehen«, sagte Minajew mit einer unsicheren Handbewegung, aber eigentlich kam ihm Sauljaks Vorschlag sehr entgegen. Es war tatsächlich besser, gleich miteinander zu sprechen, um die innere Last abzuwerfen.
    »Dann werde ich jetzt Teewasser aufsetzen, denn uns steht ein langes Gespräch bevor.«
    Er brühte einen starken Tee auf, stellte Zucker auf den Tisch,

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