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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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offenherzig in alle Angelegenheiten eingeweiht wurde.
    Eines Tages, nachdem Michail bereits fünf- oder sechsmal seinen Arbeitsplatz gewechselt hatte, wurde er zum Abteilungsleiter gerufen. In dessen Büro saß irgendein unbekannter Mann.
    »Da ist er, Ihr Michail Dawydowitsch«, sagte der Abteilungsleiter offenherzig und erhob sich von seinem Platz. »Sie können sich hier in Ruhe mit ihm unterhalten, ich werde einstweilen hinausgehen.«
    Der Gast erwies sich als Mitarbeiter des KGB und schlug Larkin sehr höflich und distinguiert vor, die Schauspieler und anderen Mitarbeiter des Theaters zu bespitzeln. Er sollte sie bei ihren Gesprächen belauschen, besonders dann, wenn Gastspielreisen ins Ausland bevorstanden. Ob jemand vielleicht vorhabe, irgendwelche Wertgegenstände außer Landes zu bringen, ob sich jemand Valuta besorge, um damit im Ausland einzukaufen, ob jemand vielleicht die schreckliche Absicht äußere, nicht aus dem Ausland zurückzukehren.
    »Sie wissen doch selbst, Michail Dawydowitsch«, sagte der KGB-Mann liebenswürdig, »Sie sind ein so schlechter Ingenieur, dass Sie Gefahr laufen, Ihre Stelle erneut zu verlieren und arbeitslos zu werden. Sie werden ständig herumgeschoben, von einer Behörde in die nächste, von einer Abteilung in die andere, man weiß einfach nicht, was man mit Ihnen machen soll. Früher oder später wird man die Geduld mit Ihnen verlieren und Sie wegen mangelnder Qualifikation endgültig aus dem Staatsdienst entlassen. Und mit so einem Vermerk in Ihrem Arbeitspass werden Sie nie mehr eine Arbeit bekommen. Höchstens noch als Nachtwächter. Und das können Sie doch nicht wollen.«
    »Nein«, gestand Michail, »das will ich tatsächlich nicht.«
    »Sehen Sie. Wenn Sie bereit sind, uns zu helfen, wird die Personalabteilung eine Anweisung bekommen, und man wird Sie ab sofort in Ruhe lassen. Sie werden nicht einmal mehr jeden Tag zur Arbeit gehen müssen. Sie können die Zeichnungen mit nach Hause nehmen, und dafür, dass Sie ordentliche Konstruktionsentwürfe abliefern, wird unsere Organisation schon sorgen. Übrigens, wenn es kein Geheimnis ist, wie ist es Ihnen gelungen, mit einem so haarsträubend geringen Wissen in Ihrem Fach zu einem Diplom zu kommen? Haben Sie die Professoren bestochen?«
    »Wo denken Sie hin«, sagte Michail mit einem herzlichen Lachen, und plötzlich, aus irgendeinem unerklärlichen Impuls heraus, erzählte er dem KGB-Mann, auf welche Weise er sein Studium abgeschlossen hatte.
    Er war sicher, dass der Mann ihm nicht glauben und ihn für einen primitiven Lügner halten würde, aber er nahm Michails Bericht unerwartet ernst.
    »Das ist sehr interessant«, sagte er nachdenklich. »Könnten Sie vielleicht einmal bei mir im Büro vorbeikommen, damit wir uns weiter über dieses Thema unterhalten können?«
    Michail stimmte, ohne zu zögern, zu. Er glaubte, die Verbindung zu einer so mächtigen Organisation wie dem KGB könne zu einer wesentlichen Lebensstütze für einen Außenseiter wie ihn werden, der kein Talent für die exakten Wissenschaften besaß und im Grunde auch keinen Beruf, der eigentlich gar nichts besaß außer einem wertlosen Diplom.
    Der KGB-Mann gab ihm einen Termin und ließ ihm einen Zettel mit der Adresse da. Michail wunderte sich darüber, dass es nicht die Adresse der Lubjanka war, aber er sagte nichts dazu. Wenn er schon beschlossen hatte, sich mit dem KGB anzufreunden, dann durfte er nicht vom ersten Moment an Argwohn zeigen und überflüssige Fragen stellen.
    Am nächsten Tag fuhr Larkin zu der ihm angegebenen Adresse. Es handelte sich um ein ganz gewöhnliches Wohnhaus. Nachdem er die Wohnung gefunden hatte, läutete er, aber die Tür öffnete ihm nicht sein Bekannter vom Vortag, sondern ein Mann namens Pawel Dmitrijewitsch. Und er unterhielt sich mit ihm nicht über Theater und Gastspiele, nicht über Bespitzelung und Denunziation, sondern über Michails außergewöhnliche Gabe. Am Ende des Gesprächs wurde Michail gebeten, am nächsten Tag wieder zu kommen. Pawel Dmitrijewitsch wollte einige Tests mit ihm durchführen.
    Am nächsten Tag befanden sich in der Wohnung außer Pawel Dmitrijewitsch noch zwei weitere Personen, ein Mann und eine Frau. Michail wurde aufgefordert, an diesen Personen zu demonstrieren, was er konnte. Der Überprüfbarkeit halber musste er auf einen Zettel schreiben, was er den beiden zu suggerieren gedachte, erst dann durfte er an die Arbeit gehen. Am Ende des Experiments wurde der Zettel dem verschlossenen Kuvert

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