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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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dunkle, ausdrucksvolle Augen.
    »Bitte schenken Sie mir ein paar Minuten Zeit. Ich werde Sie nicht lange aufhalten.«
    »Verzeihen Sie«, sagte Sergun, der noch seine Dienstkleidung trug, eine Uniform, deren Schulterklappen ihn als Oberst auswiesen. »Es ist schon spät, ich bin in Eile. Außerdem kenne ich Sie nicht. Wenn Sie eine Frage an mich haben, besuchen Sie mich bitte in meinem Büro.«
    »Wie sollte ich Sie in Ihrem Büro besuchen«, entgegnete der grauhaarige Fremde freundlich, »wenn mir dort der Zutritt ohne Sondergenehmigung nicht gestattet ist. Und anrufen kann ich Sie auch nicht, da ich Ihre Telefonnummer nicht kenne.«
    Es ist besser, ihn jetzt anzuhören, dachte Sergun. Wenn ich ihm meine Telefonnummer gebe, werde ich ihn womöglich nicht mehr los.
    »Gut«, stimmte er zu, »wir können uns auf dem Weg zur Metro unterhalten.«
    »Verzeihen Sie, wahrscheinlich bin ich schlecht erzogen«, erwiderte der Fremde, »aber wenn ich mit einem Menschen spreche, muss ich ihm ins Gesicht sehen können, so wie es sich für einen Mann ja auch gehört. Mit jemandem, der ständig auf seine eigenen Füße sieht und nur mit dem Gedanken beschäftigt ist, nicht auszurutschen und hinzufallen, kann ich mich nicht unterhalten.«
    Sergun empfand plötzlich Sympathie für diesen Mann. »Wir könnten uns auf eine Bank setzen«, schlug er vor und deutete in Richtung Grünanlage.
    Sie gingen zu einer der Bänke und setzen sich. Pjotr Pawlowitsch stellte seine Aktentasche auf den Knien ab und wandte sich dem Fremden zu, der ihm mit jeder Sekunde sympathischer wurde, obwohl er nichts von Bedeutung sagte oder tat.
    »Ich höre«, sagte Sergun und merkte, dass seine Zunge plötzlich seltsam schwer geworden war und ihm kaum noch gehorchte.
    Er wollte anfangen, sich zu wundern, aber dazu kam er nicht mehr. Er fühlte plötzlich die warmen Finger des Mannes an seinen Händen, und gleich darauf überkam ihn eine Ruhe, als hätte er eben ein Bad genommen und läge jetzt zu Hause in seinem warmen, weichen Bett. Alles das kam ihm ganz selbstverständlich vor, und ebenso selbstverständlich erwartete er die Befehle, die der Mann ihm jetzt erteilen würde.
    »Wann müssen Sie die Studie im Ministerium vorlegen?«
    »Am Mittwoch, dem Einundzwanzigsten.«
    »Wie weit sind Sie im Moment mit der Arbeit?«
    »Die Recherchen sind alle gemacht, aber der Text muss noch geschrieben werden.«
    »Wie viel Zeit werden Sie dafür brauchen?«
    »Viel.«
    »Wie viel?«
    »Sehr viel. Aber wir werden es schaffen, wir haben viel Erfahrung und können sehr schnell arbeiten.«
    »Hören Sie mir jetzt gut zu, Pjotr Pawlowitsch. Sie müssen diesmal noch schneller arbeiten als sonst. Haben Sie mich verstanden? Die Studie muss bereits fünf Tage vor dem Abgabetermin fertig sein und in meine Hände gelangen. Mir genügt eine Diskette, Sie müssen den Text nicht ausdrucken. Sie werden die fertige Studie in den zwei Tagen bis zum Abgabetermin niemandem zeigen und nichts davon verlauten lassen, dass sie bereits abgeschlossen ist. Lässt sich das einrichten?«
    »Ich weiß nicht. Es ist schwierig. Es arbeiten viele Leute daran mit.«
    »Sagen Sie ihnen, dass Sie die Studie nach Hause mitgenommen haben und sie noch einmal genau durchlesen wollen. Es handelt sich schließlich um ein sehr verantwortungsvolles Schriftstück, niemand wird sich wundern, wenn Sie es noch einmal genau überprüfen wollen. Sie müssen das tun, Pjotr Pawlowitsch. Sie müssen. Und Sie werden. Am nächsten Freitag werden Sie die Diskette mit dem fertigen Text an sich nehmen und nach Hause gehen. Auf dem Heimweg wird Sie jemand ansprechen und die Diskette von Ihnen entgegennehmen. Bis zum Freitag bleiben drei Tage. In diesen drei Tagen werden Sie in Trance sein. Sie werden zur Arbeit gehen, Ihre Pflichten erfüllen, Entscheidungen treffen, aber bei alledem werden Sie wissen, dass ich ein Teil von Ihnen bin, ein Teil Ihres Bewusstseins, Sie werden wissen, dass ich anwesend bin und sehr genau darauf achte, ob Sie meine Befehle befolgen. Sie werden niemandem etwas von unserer Begegnung sagen, sich aber immer daran erinnern, was Sie zu tun haben. Und Sie werden alles so gut wie möglich machen und die Frist einhalten, die ich Ihnen gesetzt habe. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja«, sagte Sergun mit tonloser Stimme.
    * * *
    Am Freitag begegnete Pjotr Pawlowitsch Sergun auf dem Nachhauseweg erneut dem grauhaarigen Mann mit den funkelnden dunklen Augen und übergab ihm die Diskette mit dem

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