Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
sechzigseitigen Text der Studie. Dieses Mal hatte der Fremde eine große Tasche bei sich, der er einen Laptop entnahm. Er stellte ihn an und schob die Diskette hinein. Sergun hatte genau das mitgebracht, was man von ihm verlangt hatte. Rifinius hatte nicht daran gezweifelt, aber für alle Fälle musste er die Diskette überprüfen. Womöglich hatte sie irgendeinen raffinierten Schreibschutz und konnte nicht geöffnet werden. Oder Sergun hatte aus Versehen eine falsche Diskette eingesteckt. Alles war möglich . . . Sobald er Sergun aus der Trance herausgeführt hatte, würde es zu spät sein. Doch alles erwies sich als vollkommen in Ordnung.
    »Sie werden sich nicht mehr daran erinnern, wie ich aussehe«, sagte Karl Rifinius, während er Sergun ansah und seine Hand festhielt. »Aber Sie werden sich an alles erinnern, was zwischen uns vorgefallen ist. Sie werden sich daran erinnern, dass Sie mir die Diskette mit dem Text der Studie fünf Tage vor dem Ablieferungstermin übergeben haben. Und wenn Sie erfahren, dass jemand diese Arbeit als die seine ausgibt, werden Sie sich nicht wundern und nicht darüber aufregen. Sie werden sagen, dass das eine zufällige Übereinstimmung ist, dass ein anderer einfach vor Ihnen auf diese Gedanken gekommen ist. So etwas kommt in der Wissenschaft öfter vor, das ist nichts Außergewöhnliches. Ich möchte, dass Sie verstehen, was ich mache, denn nur dann werden Sie mir vertrauen können. Ich könnte Ihr Gedächtnis blockieren, und dann würden Sie sich nicht mehr erinnern, dass wir uns getroffen und dass Sie mir die Diskette gegeben haben. Aber dann würde alles ganz anders aussehen. Denn morgen werden Sie wieder zur Arbeit gehen, und nach einigen Tagen werden Sie durch die Medien erfahren, dass jemand Ihre Gedanken als die seinen ausgibt. Ohne die Erinnerung an unser Treffen würden Sie sich furchtbar aufregen und in den Reihen Ihrer Mitarbeiter denjenigen suchen, der nicht dichtgehalten und geheime Informationen nach draußen gegeben hat. Aber Sie würden den Verräter nicht finden. Sie würden Unschuldige verdächtigen, Ihre Untergebenen gegen sich aufbringen, und letzten Endes würde alles ans Licht kommen, es würde sich herausstellen, dass Sie selbst es waren, der die Studie aus dem Institut hinausgeschleust und an einen Fremden weitergegeben hat. Und dann würden Sie erledigt sein, als Wissenschaftler und als Militär. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich an alles erinnern, was geschehen ist, damit Sie keine Dummheiten machen. Wenn Sie sich richtig verhalten, wird nie jemand etwas erfahren. Werden Sie alles tun, was ich Ihnen befohlen habe?«
    »Ja, ich werde alles tun.«
    »Wiederholen Sie, was Sie tun müssen.«
    »Ich kenne Sie nicht, ich kann mich nicht daran erinnern, wie Sie aussehen. Ich habe nur jemandem eine Diskette gegeben, aber ich habe keine Ahnung, wer das war und warum ich das getan habe. Und ich darf zu niemandem davon sprechen.«
    »Richtig, Pjotr Pawlowitsch. Sie werden jetzt aus der Trance erwachen. Gehen Sie langsam, ganz langsam hinter mir her, vertrauen Sie mir . . .«
    * * *
    Grigorij Valentinowitsch Tschinzow war in einem Zustand, der an Panik grenzte. Von Malkows Leuten sprang einer nach dem anderen über die Klinge, und es waren genau die, die an vorderster Front standen, die mächtigsten und verlässlichsten Verbündeten in ideologischer und in finanzieller Hinsicht. Aus völlig unersichtlichen Gründen hatte Jurzew sich das Leben genommen, und das direkt auf einem Empfang im Hotel Rossija. Augenzeugen berichteten allerdings, dass er von Anfang an sehr schlecht ausgesehen hatte und offenbar völlig verwirrt war. Er hatte mit einem Bankier über einen Kredit verhandelt, aber die Verhandlung war gescheitert. Daraufhin hatte er sich ein paar Schritte entfernt, irgendein Gift aus seiner Hosentasche geholt und es, ohne zu zögern, geschluckt. Natürlich war es auch möglich, dass Jurzew sich gar nicht selbst umgebracht hatte, sondern von seinen Gegnern aus dem Weg geräumt worden war. Er war knallhart, der verblichene Oleg Iwanowitsch, er kannte keine Gnade, und vielleicht hatte ihn jetzt die Vergeltung ereilt.
    Am selben Abend hatte Leonid Isotow, dieser halbseidene Abgeordnete, den Verstand verloren und seine eigene Frau unter ein Auto gestoßen, wahrscheinlich im Suff. Der Teufel musste ihn geritten haben! Oder womöglich die Eifersucht. Jetzt saß er im Gefängnis, seine Immunität als Abgeordneter interessierte niemanden mehr, nachdem er seine Frau vor

Weitere Kostenlose Bücher