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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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verändert. Er hatte nicht einmal abgenommen. Er war immer schon so dünn gewesen wie jetzt und hatte nicht noch dünner werden können. Ein Skelett, überzogen von glatter, geschmeidiger Haut. Stark eingefallene Wangen, eine hohe Stirn, kleine Augen, umrahmt von kurzen, farblosen Wimpern, dünne, kaum sichtbare Augenbrauen, eine schmale, lange Nase mit einem ausgeprägten Höcker. Auf dem Kopf nur noch drei Haare, und auch die waren schon fast grau. In diesem Jahr wurde er fünfundvierzig, aber das sah man ihm nicht an. Sein wahres Alter verriet nur der spärliche Rest des Haares auf seinem Kopf, das sich bereits im Alter von dreißig Jahren deutlich zu lichten begonnen hatte. Ansonsten hätte man ihn für einen jungen Mann halten können, schlank und hoch gewachsen, mit schmalen, eckigen Schultern, kräftigen Muskeln und den sehnigen Beinen eines Läufers.
    Auf dem Korridor wurden Schritte laut, und den Waschraum betrat Kostez, der sich durch eifrige Überwachung der Lagerordnung seine vorzeitige Entlassung verdienen wollte.
    »Was ist los? Bist du krank?«, fragte Kostez besorgt. »Soll ich vielleicht Rüssel Bescheid sagen, damit er einen Arzt holt?«
    Rüssel nannten die Lagerinsassen den heute gerade Dienst habenden Aufseher. Außerhalb der festgelegten Zeiten war es verboten, die Baracke zu verlassen, aber selbst wenn das jemand versucht hätte, wäre er nicht weit gekommen. Jede einzelne Baracke war von einem Drahtzaun umgeben, und die Türen in diesen Zäunen waren abgeschlossen. Es wäre also nicht möglich gewesen, ohne die Hilfe eines Aufsehers einen Arzt zu rufen.
    Pawel wandte sich nicht einmal um, er sah den hinter sich stehenden Kostez nur wortlos im Spiegel an. Der Spiegel war nicht nur trüb und rissig, sondern verzerrte auch die Optik, sodass der stämmige, gedrungene Kostez lang und schmal in ihm erschien.
    »Nicht nötig«, stieß Pawel schließlich zwischen den Zähnen hervor.
    »Du solltest dich wieder hinlegen, Sauljak«, sagte Kostez zaghaft. »Der Aufseher macht gerade seinen Rundgang durch die Baracken.«
    »Halt’s Maul!«, erwiderte Pawel ruhig und beinah liebevoll.
    Kostez machte sich davon. Pawel hörte in sich hinein, die Seite tat weh, aber der Schmerz war noch erträglich. Wäre er draußen gewesen, hätte er jetzt natürlich alles unternommen, was nötig war. Sonnenblumenöl mit Zitrone oder eine Flasche Mineralwasser mit Xylit, warm getrunken, und dann ins Bett, mit einer Wärmflasche unter der rechten Seite. Das war die beste Methode, um einer Kolik vorzubeugen.
    Er kehrte zu seiner Pritsche zurück und legte sich wieder hin. Es blieben noch sechs Tage. Und was dann?
    * * *
    »Es bleiben ganze sechs Tage«, sagte der imposante Mann im grauen Anzug. In seiner Stimme hörte man den Klang von Metall. »Und was dann? Er weiß schließlich alles, und er kann jeden Moment zu reden anfangen.«
    »Er ist keiner von den Geschwätzigen. Jedenfalls hat in den zwei Jahren, seit er im Straflager ist, niemand etwas von ihm erfahren. Er denkt nicht daran, sein Wissen auszuspielen. Warum befürchten Sie denn, dass er, sobald er draußen ist, zu reden anfängt?«
    »Weil ich mir nur zu gut vorstellen kann, was die Freiheit ist und wie deutlich sie sich vom Gefängnis unterscheidet. Was hätte es ihm im Lager eingebracht, sein Wissen preiszugeben? Höchstens Ruhm. Das ausgeplauderte Geheimnis hat dort keinen Wert, denn vom Lager aus kannst du kaum jemanden erpressen. Telefonieren ist unmöglich, und die Post wird kontrolliert. Aber in der Freiheit kann er sein Wissen sehr teuer verkaufen. Ich hoffe, du verstehst, worauf ich hinauswill. Sauljak muss sterben, bevor er dazu kommt, auch nur ein Sterbenswörtchen von sich zu geben. Hast du mich verstanden? Er muss auf eine Weise sterben, die niemanden irgendwas Verdächtiges hinter seinem Tod vermuten lässt. Einfach eine nette kleine Schlägerei irgendwo auf freiem Feld oder auf einer Baustelle. Besoffene Obdachlose, nichts weiter. Ich weiß mit Sicherheit, dass man diesem Sauljak auflauert, dass man ihn jagen wird, um zu erfahren, welche Geheimnisse sich in seinem Kopf verbergen. Und Gott sei dir gnädig, wenn du Mist baust, wenn es hinterher zu einem Skandal kommt, weil es offensichtlich ist, dass er umgebracht wurde.«
    »Ist gut, Grigorij Valentinowitsch. Ich habe alles verstanden.«
    * * *
    »Bis zum heutigen Tag haben sechsunddreißig Parteien dreißig Kandidaten aufgestellt, doch wer von ihnen sich um das Amt des Präsidenten bewerben wird, ist

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