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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Journalistin dich nicht nur für seine geniale Dissertation und nicht nur für das Thema Korruption interessierst. Und für Rudnik kommst du nicht ›von der Straße‹. Lass uns die Legende noch einmal abklären. Hast du Pawlow etwas über dich erzählt?«
    »Mein Mann arbeitet im Außenministerium, ich habe mit ihm lange Zeit im Orient gelebt, meine Mutter ist eine aserbaidschanische Türkin. Mehr nicht.«
    »Woher hast du das alles?«, fragte Gordejew erstaunt. »Du hast ja eine blühende Phantasie, mein Kind. Warum nicht eine uneheliche Tochter des norwegischen Königs?«
    »Passt nicht zum Typ«, sagte Nastja und lachte. »Dunkelrotes Haar, braune Augen, temperamentvoll – das kann keine Norwegerin sein. Ich habe eigentlich nur eine Frau kopiert, die ich mal gesehen habe. Sie hatte einen leichten Akzent, und den habe ich übernommen, um der Figur zu entsprechen. Als Pawlow ihn bemerkte, musste ich irgendetwas dazu sagen, und das war das Erste, was mir einfiel. Auf die Türkei bin ich gekommen, weil ich kurz zuvor mit Dozenko über die Hypothese Türkei-Berg-Karabach gesprochen hatte. Das ist alles.«
    »Und Pawlow? Hat er sich mit deiner Erklärung zufrieden gegeben?«
    »Ich glaube, ich bin überzeugend verlegen geworden, es ist also durchaus möglich, dass er mich für eine Ausländerin hält. Für die Arbeit mit Rudnik wäre das gar nicht so schlecht.«
    »Richtig«, bestätigte Gordejew. Und fügte hinzu: »Wenn du keinen Fehler machst. Und denk dran, Rudnik ist meinen Erkundigungen zufolge in schlechter Verfassung. Er ist nervös und deprimiert, hat seine Frau nach Ensk geschickt, sich mit seinem Mädchen getroffen und sich bis zur Bewusstlosigkeit betrunken, was eigentlich nicht seine Art ist. Denk mal darüber nach. Und morgen mach dich an die Arbeit.«
    Gordejew ging zusammen mit Sacharow, der sich erbot, ihn zu fahren. Auf der Schwelle drehte sich Dima noch einmal um und suchte Nastjas Blick, um darin eine Einladung für den Abend zu lesen. Doch er konnte in ihren Augen nichts entdecken, keine Spur des frühmorgendlichen Impulses. Sie hatte eine Aufgabe gelöst und ging nun an die nächste.

Achtes Kapitel
    Nastjas nächste Aufgabe war die Vorbereitung einer weiteren Begegnung mit Pawlow. Dafür musste sie den Artikel mit der Darstellung des Konzeptes zur Bekämpfung der Korruption parat haben, und Ergebnis des Gesprächs musste ein Anruf Pawlows bei Rudnik sein und dessen Einwilligung, die Journalistin Lebedewa zu empfangen. An dieser Aufgabe arbeitete Nastja bis zum späten Abend, wobei sie statt Pawlows Dissertation die Monographie der Filatowa als Hilfsmittel benutzte – das enthob sie der Notwendigkeit, in der Bibliothek zu sitzen. Als der Text getippt war, sah sie kritisch ihre Garderobe durch und entschied sich schließlich für einen dunkelblauen Overall aus dünnem Synthetikstoff. Eigentlich waren Overalls in diesem Jahr schon aus der Mode, und bei der Hitze würde sie sich in diesem Stoff nicht gerade wohl fühlen, aber dafür war er leicht zu waschen. Nastja zog den Bademantel aus, ging in die Küche und probte einige Male. Es klappte ganz gut. Für den Fall, dass Pawlow weniger aufmerksam sein sollte, hatte sie noch ein paar Hausmittel in petto, die sie bei Bedarf einsetzen konnte.
    Als Nastja fertig war, zog sie wie immer Bilanz. Also, meine Liebe, sagte sie zu sich, was schließen wir aus dem gestrigen Abend? Erstens: Wenn das Interesse eines Mannes an dir Ergebnis deiner eigenen Bemühungen ist, dann erregt es dich nicht oder, wie Dima sagt, macht dich nicht an, hinterlässt aber ein Gefühl der Befriedigung, weil du gute Arbeit geleistet hast. Zweitens: Dimas Interesse war durch die Gestalt der schönen Journalistin geweckt worden und galt mitnichten Nastja. Doch er hatte sie in einem Augenblick erwischt, als sie freudig erregt war, weil sie eine knifflige Aufgabe gelöst hatte. So viel dazu. Jetzt Ensk. Der geduldige, pedantische Dozenko hatte aus Anton rund drei Dutzend Namen von Beschuldigten herausgeholt, aber keiner davon war irgendwie auffällig. Die Delikte waren, so Anton, vor allem Wirtschafts- und Amtsvergehen – Veruntreuung, Unterschlagung, Korruption; nur wenige gemeine Strafsachen. Ob Rudniks Name auch auf der Liste stand? Anton hatte ihn nicht erwähnt. Aber vielleicht . . .
    Nastja griff zum Telefon. Sie hatte nicht oft Glück, aber heute war so ein Tag. Anton war gerade bei Dozenko.
    »Rudnik?«, fragte er zurück. »Ja. Ganz sicher. Paragraph

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