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Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Titel: Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Star ist nur beliebt, solange er unverheiratet ist. Eine Binsenweisheit, die jeder in unserer Branche kennt. Ein Star muss entweder unverheiratet sein oder ständig die Ehepartner wechseln, damit der Zuschauer sich einbilden kann, er sei im Prinzip zu haben. Wäre Alina glücklich verheiratet gewesen, hätten die Zuschauer, zumindest die männlichen, das Interesse an ihr verloren. Und dass unsere Ehe glücklich gewesen wäre, daran habe ich keinen Augenblick gezweifelt. Wir haben uns sehr geliebt.«
    »Waren Sie früher einmal verheiratet, Andrej Lwowitsch?«
    »Ja. Vor sehr langer Zeit, sehr kurz und sehr unglücklich. Ich sagte Ihnen doch, ich hatte Pech in der Liebe, das hat mich seit meiner Kindheit verfolgt. Darum hat Alina mir so viel bedeutet . . .«
    »Und Alina? Hatte sie ernsthafte Beziehungen, bevor sie Ihnen begegnete?«
    »Jura Viktorowitsch, ich habe Sie doch bereits gewarnt: Ich kannte Alina besser als andere, aber dennoch nicht gut genug. Sie sagte, sie habe keine längeren Beziehungen gehabt, wenngleich sie natürlich Männer hatte, das hat sie auch nicht verheimlicht. Aber ich wiederhole: Das hat sie gesagt. Wie es wirklich war, weiß ich nicht. Ich habe nicht weiter nachgefragt, denn es spielte keine Rolle. In den vier Jahren hat sie mir keinen einzigen Anlass zur Eifersucht gegeben. Keinen einzigen.«
    »Wie war sie? Gütig, bösartig, sanft, brutal? Verlogen, aufrichtig? Erzählen Sie mir mehr von ihr, Andrej Lwowitsch.«
    Smulow drehte sich zum Fenster, und an der Anspannung seiner Halsmuskeln erkannte Korotkow, dass er mit den Tränen kämpfte.
    »Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen«, begann er schließlich mit gepresster Stimme. »Wissen Sie, so ist das nun mal, wenn man begreift, dass der Mensch, den man liebt, etwas Unschönes getan hat, ihn aber trotzdem weiterhin liebt, weil man einfach nicht anders kann. Das hat übrigens niemand so gut beschrieben wie Somerset Maugham. Erinnern Sie sich an ›Der Menschen Hörigkeit‹? Aber verstehen Sie das um Himmels willen nicht wörtlich, nicht in dem Sinne, dass Alina eine gefühllose, unmoralische Schlampe gewesen wäre. Auf gar keinen Fall! Nein, nein! Sie war . . . Wie soll ich das sagen . . . Gefühlsarm vielleicht. Ich glaube, in der Psychiatrie gibt es so einen Begriff – emotionale Stumpfheit. Moralische Taubheit. Nur ein Beispiel: Einmal ging es mir sehr dreckig, ich hing völlig durch, ich hätte mich glatt aufhängen können. Ich hätte von Alina dringend ein paar freundliche, zärtliche Worte gebraucht. Es war ein Uhr nachts, ich saß in meiner Wohnung, niedergedrückt von Depressionen. Ich rief Alina an, fragte sie: ›Alina, liebst du mich?‹ Ich wollte doch nichts weiter, als von ihr hören: ›Natürlich, Liebster, ich liebe dich sehr. Ich liebe dich sehr.‹ Nichts weiter. Dann wäre es mir gleich besser gegangen.«
    »Und was hat Alina gesagt?«
    »Sie hat gesagt: ›Bist du jetzt völlig durchgedreht? Ich habe schon geschlafene Und hat aufgelegt. Nicht, weil sie mich nicht liebte, aber solche Empfindungen waren ihr einfach fremd. Sie konnte sie nicht spüren und nicht verstehen. Das hat mir damals sehr wehgetan. Verstehen Sie, ich habe ja alle ihre Fehler gesehen, ich bin ja nicht blind, kein verliebter Teenager, aber ich liebte sie trotzdem. Je mehr ich sah, umso stärker liebte ich sie.«
    »Andrej Lwowitsch, hat außer Ihnen denn noch jemand ihre Fehler gesehen? Oder waren Sie der Einzige, dem Alina ihre negativen Seiten offenbarte?«
    »Nicht doch, Jura Viktorowitsch, natürlich war ich nicht der Einzige. Wissen Sie, Alina hatte eine Besonderheit. Sie sprach sehr schlecht. Monoton und ausdruckslos. Für mich spielte das keine Rolle, ich liebte sie, wie sie war, mich rührte ihre fast kindliche Redeweise sogar. Aber wegen dieser Unfähigkeit sich auszudrücken, ihren Standpunkt darzulegen, auf ihrer Meinung zu beharren, zu streiten, zu zanken und zu fordern, hielten viele Alina für eine Transuse, für eine charakterlose, verantwortungslose dumme Gans. In Wirklichkeit war sie keineswegs charakter- und verantwortungslos, nur äußerte sich das nie verbal.«
    »Wie denn?«, erkundigte sich Korotkow.
    »In Taten, Jura Viktorowitsch, in Taten. Das war für viele überraschend. Eben darum, nehme ich an, hatte Alina so viele Feinde. Eben darum haben viele sie so gehasst.«
    Korotkow horchte auf wie ein Jagdhund. War er hier auf etwas Wichtiges gestoßen? Das Motiv Hass und Feindschaft galt bisher nur für die Semenzowa und

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