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Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Titel: Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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die Masurkewitsch. Smulow aber sprach von vielen.
    »Niemand mag das Gefühl, betrogen worden zu sein, das ist eine Binsenweisheit. Ein Betrogener fühlt sich gedemütigt, weil der Betrüger sich als klüger und gerissener erwiesen hat als er, und kein normaler Mensch bekommt gern demonstriert, dass er dumm und einfältig ist. Wenn man von vornherein weiß, Iwan Petrowitsch Sidorow beispielsweise ist ein Schwein und ein Gauner, dann verhält man sich entsprechend, sichert sich ab, meidet ihn möglichst, und wenn er einem dann doch eine Gemeinheit antut, seufzt man, na ja, was war von dem schon zu erwarten. Bei jemandem wie Alina dagegen ist das ganz anders. Man hält sie für eine dumme Gans, und wenn diese dumme Gans auf einmal aus dem Rahmen fällt, fühlt man sich hintergangen. Wir haben bei uns im Studio ein paar bekannte Klatschbasen, und alles, was von denen kommt, teilt jeder in der Regel durch siebzehn oder durch fünfundvierzig, sie übertreiben immer maßlos, ihre Geschichten nimmt niemand ernst. Man lässt sie reden, nimmt ihnen nicht einmal etwas übel, dabei sind ihre Gerüchte manchmal ziemlich gemein. Aber wenn Alina über jemanden etwas Unangenehmes sagt, dann ist das ein Schlag unter die Gürtellinie. So eine falsche Schlange, sagt nie einen Ton, kein Wort kriegt man aus ihr raus, und dann auf einmal so was. Und dabei kann das, was Alina gesagt hat, durchaus die; reine Wahrheit sein, vielleicht unangenehm, aber die Wahrheit und kein Gerücht.«
    »Hätten Sie ein Beispiel dafür, Andrej Lwowitsch? Wen hat Alina auf diese Weise gegen sich aufgebracht?«
    »Das neueste Beispiel ist Charitonow. Aber von ihm wissen Sie wahrscheinlich schon. Sie hätten hören sollen, wie erstaunt er war, als ich ihn auf Alinas Bitte hin anrief. Er war so aufrichtig verblüfft, als käme der Anruf von einem Außerirdischen. Als er sich das Geld von ihr borgte, war er bestimmt davon ausgegangen, dass sie sich genieren würde, ihn zu mahnen, dass sie geduldig warten würde. Sie genierte sich tatsächlich. Sie wusste, dass sie ohnehin nicht streng und hart mit ihm reden konnte, dass sie nach Worten suchen und sich für ihre Forderung entschuldigen würde. Das Erstaunliche an ihr war die Kombination von innerer Kälte und Härte und äußerer Weichheit, irgendwie Schlaffheit, ja, Unsicherheit. Noch ein Beispiel: Vor kurzem machte ich Probeaufnahmen, mit Soja Semenzowa, eine winzige Rolle, eine kleine Episode, aber immerhin. Jedenfalls, sie war schlecht, aber wissen Sie, wir alle haben Mitleid mit Soja, sie hat eine solche Tragödie hinter sich . . . Haben Sie davon gehört?«
    »Ja, ja, ich bin im Bilde. Fahren Sie bitte fort.«
    »Jedenfalls, ich wollte Soja besetzen. Aus Mitleid. Und dann, wenn Sie über die ›Troubadour‹-Geschichte Bescheid wissen, dann verstehen Sie sicher: Ich habe Soja gegenüber immer ein peinliches Gefühl. Ich trage daran überhaupt keine Schuld, ich habe damals noch gar nicht bei Sirius gearbeitet, aber da ich Alina liebe, teile ich eben alles mit ihr, auch die Antipathie, die andere gegen sie hegen. Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen . . . Kurz gesagt, ich wusste, dass Alina Soja die Rolle weggenommen hatte, und als enger Freund von Alina fühlte ich mich für das Verhältnis zwischen ihr und der Semenzowa verantwortlich. Ich wollte etwas ausbügeln . . . Alina aber ist explodiert: Nein, kommt nicht infrage, ganz entschieden! Wo es um Kunst und Erfolg ginge, sei kein Platz für kleinliches Mitleid. Soja sei eine dem Suff verfallene Irre, die das menschliche Antlitz verloren habe, und so weiter. Mein Gott, hat sie getobt! Und dann hat sie natürlich allen erzählt, dass ich Soja nur aus Mitleid besetze, die Probeaufnahmen seien nämlich grottenschlecht, und Soja würde die Arbeit versauen. Na ja, und so weiter. Alles, was Alina sagte, war die reine Wahrheit. Die Probeaufnahmen liefen schlecht. Und ich habe die Semenzowa aus Mitleid besetzt. Und sie ist versoffen, hässlich und alt. Aber warum das überall rumerzählen? Auch Soja hat es natürlich erfahren. Sehr unschön, das Ganze.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Das war letzte Woche. Also erst vor kurzem. Soja war so wütend! Sie hat natürlich wieder davon angefangen, dass Alina ihr die Rolle der Azucena weggenommen hat, ihre letzte Chance auf eine größere Rolle. Jedenfalls . . .«
    Smulow winkte irgendwie ungeschickt ab. Durch die heftige Bewegung löste sich die Asche seiner Zigarette und fiel auf den Teppich, doch der Regisseur schien

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