Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen
nicht von selber auf Pawel kamen, konnte man sie ja darauf bringen. Was er mit dem Geld und den Brillanten machen sollte, würde er später entscheiden, vorerst deponierte er sie an einem ›geheimen‹ Ort. Je nachdem, wie die Ermittlungen liefen, würde er sie später vielleicht jemandem unterschieben müssen. Es war nicht mehr viel Schmuck, den Großteil hatte Alina verkauft, um die Wohnung zu bezahlen und später die Renovierung. Aber was ging das die Detektive an? Er würde ihnen eine vollständige Beschreibung liefern, wenn sie danach fragten – sie sollten ruhig denken, der Mörder habe es auf diesen erheblichen Wert abgesehen gehabt.
Am Samstag und Sonntag spielte er öffentlich den vor Kummer untröstlichen Geliebten. Er litt tatsächlich, denn er hatte Alina ja geliebt, und ihre Worte, sie habe ihn nur ertragen, um ihre Schuld zu begleichen, hatten ihm schneidenden Schmerz bereitet. Alles war umsonst gewesen, alles. Mischa Tatossow lebte nicht mehr, doch er, Smulow, verstand noch immer nicht, worin das Geheimnis seiner Anziehungskraft gelegen hatte. Er verstand noch immer nicht, warum ihn, Smulow, niemand liebte. Selbst Alina . . . Und er hatte ihr so vertraut!
Blieb noch Woloschin. Wer weiß, was diese Verrückte ihm alles erzählt hatte. Mit dem musste er auch reinen Tisch machen.
Zu Woloschin fuhr er am Montag, nachdem er Alinas Tagebuch in Schaliskos Schreibtisch deponiert hatte.
»Warum bist du zurückgekommen? Wer hat dir erlaubt, hier wieder aufzutauchen? Was zum Teufel willst du hier?«
»Ich kann nicht anders«, flüsterte Woloschin. »Ich hab gedacht, ich halte es aus. Das verfolgt mich mein ganzes Leben. Ich habe ausgehalten, solange es ging, ich wollte sogar heiraten, ich habe da in Sibirien eine Frau gefunden. Aber dann sah ich Alinas Bild in der Zeitschrift und wusste, dass ich wieder . . . Ich habe sie gesucht, bin um ihr Haus herumgeschlichen, aber sie war nicht da. Ich dachte, ich verliere den Verstand.«
»Du hast längst den Verstand verloren! Du bist ein sexueller Psychopath, du hast dich an eine Minderjährige rangemacht! Sie war sechs Jahre alt, als du angefangen hast, sie zu belästigen. Du gehörst in Behandlung! Ich bring dich ins Irrenhaus, du Schwein!«
»Ich kann nicht anders«, wiederholte Woloschin klagend.
»Was hat sie zu dir gesagt? Warum hat sie sich am Freitag mit dir getroffen?«
»Sie dachte, ich wäre tot. Sie dachte, du hast mich umgebracht. Sie hat mich nach meinem Namen gefragt. Und gesagt, du hättest irgendeinen Tatossow ermordet. Ich hab überhaupt nichts kapiert. Ich hab sie nur angesehen . . .«
Na schön, dachte Smulow mit seltsamer Gleichgültigkeit, damit hat sie dein Todesurteil ausgesprochen. Selber schuld.
Er verließ Woloschins Wohnung, in der nun ein Leichnam lag, stieg auf den Dachboden, versteckte dort Alinas Schmuck und den Umschlag mit dem Geld von Charitonow. Mochte es für alle Fälle dort liegen bleiben. Er brauchte es sowieso nicht, und wenn sie es hier finden würden, wären sie endgültig verwirrt. So Gott wollte, würden sie den Mord an Alina vielleicht dem Irren anhängen. Erst als er das Haus verließ, zog er die Handschuhe aus.
Das war’s, dachte er wehmütig, während er langsam durch die von der Herbstsonne beschienenen Straßen lief. Vorbei die Liebe, die mich vier Jahre lang glücklich gemacht hat. Vorbei die Arbeit, denn jetzt bringe ich nichts mehr zustande. Alina ist tot. Tot auch Mischa Tatossow, den ich wenigstens hassen könnte und mich dadurch lebendig fühlen. Nichts ist mir mehr geblieben. Nur noch Leere um mich herum. Alles war umsonst.
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