Anastasya (German Edition)
direkt vor der großen Tür. So, als würde er es mich nicht zutrauen, dass ich es alleine schaffte, die Tür zu öffnen, machte er wieder einen Schritt nach vorne und blieb dort einen kleinen Moment stehen – in diesem kleinen Moment zog ich die Waffe aus der Tasche und legte sie auf den Boden – ehe er das riesige Tor öffnete.
Ich wurde von allen Seiten schief angesehen und ab diesem Moment wurden mir sämtliche Entscheidungen abgenommen. Ich wurde nach vorne geschoben und in genau der richtigen Entfernung wurde ein Druck auf meine Schultern ausgeübt, damit ich mich hinkniete. Irgendwie war ich sogar dankbar dafür.
Erwartungsvoll starrte ich nach vorne. Daniels Körper war bereits entfernt worden. Er war wahnsinnig einschüchternd, besonders aus dieser Entfernung. Und weil er, da ich kniete, mich bestimmt um mindestens zwei Meter überragte.
Er sagte irgendetwas, an das ich mich nicht mehr erinnern kann. Aber es klang verwirrend. Er sprach in Rätseln, sowas hasste ich. Aber ich konnte ihm nicht sagen, dass er gefälligst anständig mit mir reden s ollte. Das wäre alles andere als klug gewesen. Er kniete sich vor mich und ich wusste nicht, was da passierte. Verwirrt schaute ich in seine Richtung.
Als nächstes stand ER auf und stapfte wütend an uns vorbei.
Auf einmal wusste ich, was passiert war. ER kam sich gedemütigt vor, weil mir gerade erklärt worden war, wie das mit dem Finden einer Frau für ihn ablief. Wenn er, der König das Gefühl hatte, sie war gut genug, dann war es nun mal so und dann musste das auch passieren. Aber warum ärgerte ihn das? Ich hatte ihn eigentlich als sympathisch empfunden. Wenn es sein musste, würde man die Tür verschließen und uns so lange in einem Raum lassen, bis wir uns entweder umgebracht oder darauf geeinigt hatten, zu heiraten. Kaum, dass ER den Raum verlassen hatte, erhob sich der König.
„Folge ihm“, befahl er.
Ich stand sofort auf, nickte kurz und ging IHM hinterher. Hinter mir wurde die Tür von zwei weiteren Männern der Leibgarde geschlossen. Ich schaute mich um. Scheiße, er war weg. Im Warteraum saßen immer noch ein paar andere, die neugierig den Kopf hoben. Sie hatten erwartet, dass wieder jemand von ihnen herein kommen musste, aber nicht, dass jemand lebend herauskam. Ich drehte mich um. Einer der zwei Männer deutete auf die Treppe. „Oben links vierte Tür“, erklärte er. Ich nickte und lief so schnell ich konnte die Treppe hoch.
Ich wusste nicht, was passieren würde, was ich da machte, oder was er von mir hielt. Ich wusste nur, dass es ein Befehl gewesen war, ihm zu folgen. Vielleicht war es auch ein indirekter Befehl, mit ihm zu schlafen, aber ich hoffte einfach, dass ich damit noch Zeit hatte.
Ich war noch nie so unruhig, ich zählte mehrmals nach, um sicher zu gehen, dass ich nicht an die falsche Tür klopfte.
Schließlich hob ich die Hand, aber als ich klopfen wollte, öffnete er die Tür und ich haute ihm die Faust ins Gesicht.
„Oh, Entschuldigung“, rief ich geschockt.
Seine Hand hielt sich automatisch die Nase. „Nichts passiert…“, murmelte er.
Scheiße.
Er wurde ernst. „Willst du reinkommen?“
„Ich muss“
„Ich weiß, aber ich werde ungern zu etwas gezwungen, wenn du also so tun würdest, als wären wir beide freiwillig hier, wäre es für uns beide leichter…“, flüsterte er und zog mich herein.
„Dann muss ich mich aber im Vorhinein für meine schlechten Schauspielkünste entschuldigen“, murmelte ich.
Er lachte.
„Ich bin übrigens Marius“ Was für ein schwuler Name… „Und du hast gerade die Arschkarte gezogen“, erklärte er grinsend und legte sich ins Bett.
„Ich habe ohnehin damit gerechnet, dass mein Leben hier zu Ende ist, ich bin nicht sonderlich enttäuscht“, antwortete ich und schaute ihn provokant an.
Er schüttelte den Kopf. „Es muss unglaublich schwer gewesen sein, diese zehn Minuten vor meinem Vater deine große Klappe zu halt en, stimmt‘s?“ Sein Blick war finster.
„Muss ich jetzt bei dir bleiben?“, fragte ich.
Er nickte. „Ja, hast du meinen Vater nicht gehört?“
Ich seufzte. Das einzig Positive an der Sache war, dass sein B ett so breit war, dass ich über einen Meter Abstand halten konnte.
Ich mochte ihn nicht. Ich hatte mit dem Tod gerechnet, aber das war schlimmer. Ich musste ihn heiraten und so tun, als würde ich ihn lieben. Schlimmer hätte es mich nicht treffen können.
Aber mit diesem kurzen Gespräch war unsere erste Nacht nicht vorbei.
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