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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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erfreute. »Fid Ala. Was hat die yorrische Ikonographie mit der doxischen gemein?«
    Suur Ala musste einen Moment nachdenken, bevor sie es versuchte: »Auch aus einer Unterhaltungsreihe des Praxischen Zeitalters? Aber diesmal einer Bilderserie, oder?«
    »Später haben sie bewegte Bilder daraus gemacht«, warf Fraa Lio ein.
    Irgendjemand flüsterte Ala einen Hinweis ins Ohr, und dann fiel ihr alles wieder ein. »Ja. Yorr wird als Theoriker bezeichnet, aber wenn man sich ansieht, wie er tatsächlich seine Zeit verbringt, hat er doch mehr von einem Praxiker an sich. Vom Arbeiten mit Chemikalien ist er ganz grün geworden, und hinten aus seinem Schädel sprießt ein Tentakel heraus. Trägt immer einen weißen Laborkittel. Ein verrückter Krimineller. Hat ständig einen Plan zur Eroberung der Welt.«
    »Fraa Arsibalt, welche Ikonographie umgibt die Rhetoren?«
    Er war so bereit. »Teuflisch begabt darin, Wörter zu verdrehen und Säkulare zu verwirren – oder, was noch schlimmer ist, sie auf so subtile Weise zu beeinflussen, dass sie es gar nicht merken. Sie benutzen Unariermathe, um Lakaien zu rekrutieren und aufzubauen, die sie anschließend in die säkulare Welt hinausschicken, damit sie als Burgher in einflussreiche Positionen gelangen – doch
in Wirklichkeit sind sie alle Marionetten einer Verschwörung von Rhetoren.«
    »Tja, das hat auf jeden Fall Hand und Fuß!«, sagte Fid Olph.
    Alle schauten ihn an, um herauszufinden, ob er einen Witz machte. Er sah erstaunt aus.
    »Schätze, wir wissen, welchem Orden du dich anschließen wirst!«, sagte eine aufgebrachte Suur, von der jeder wusste, dass sie auf dem Weg in den Neuen Zirkel war.
    »Weil er ein Prokierhasser ist? Oder nur, weil er sozial unfähig ist?«, fragte eine ihrer Gefährtinnen mit leiser Stimme, aber dennoch deutlich hörbar.
    »Das reicht!«, sagte Großsuur Tamura. »Die Säkulare wissen nichts über die Unterschiede zwischen unseren Orden, und deshalb sind wir alle – nicht nur die Prokier – gleichermaßen anfällig für die Ikonographie, die Fraa Arsibalt uns gerade erläutert hat. Fahren wir fort.«
    Und so ging es weiter. Die munkostrische Ikonographie: exzentrischer, liebenswerter, ungepflegter Theoriker, geistesabwesend, wohlmeinend. Die pendarthische: Fraas als hochgespannte, nervöse, aufdringliche Alleswisser, die einfach die Realitäten nicht verstehen; da sie sich körperlich wenig zutrauen, verlieren sie immer gegen männlichere Säkulare. Die klevische Ikonographie: ein Theor als beängstigend weiser alter Staatsmann, der alle Probleme der säkularen Welt lösen kann. Die baudische Ikonographie: Wir sind überaus zynische Hochstapler, die auf Kosten des gemeinen Mannes im Luxus leben. Die penthrabische: Wir sind Hüter alter mystischer Geheimnisse des Universums, die uns von Knous selbst überliefert wurden, und unser ganzes Reden über die Theorik ist nur ein Ablenkungsmanöver, um unsere wahre Macht vor dem ungewaschenen Pöbel zu verbergen.
    Insgesamt waren es ein rundes Dutzend Ikonographien, über die Grandsuur Tamura sprechen wollte. Ich hatte von allen schon gehört, mir jedoch nicht klargemacht, dass es so viele waren, bis sie dafür sorgte, dass wir uns eine nach der anderen vornahmen. Besonders interessant war die Einschätzung ihrer jeweiligen Gefährlichkeit. Nach längerem Hin und Her kamen wir zu dem Schluss, dass die gefährlichste von allen nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, die yorrische Ikonographie war, sondern die moshianische, eine Mischform aus der klevischen und der penthrabischen: Sie behauptete,
dass wir aus den Toren heraustreten würden, um der Welt Erleuchtung zu bringen und ein neues Zeitalter einzuleiten. Ihren Höhepunkt erreichte sie meistens alle hundert oder tausend Jahre, wenn die Leute sich darauf vorbereiteten, dass die Tore der Zentenarier und der Millenarier aufgingen. Das war gefährlich, weil es die Erwartungen der Menschen bis ins Delirium steigerte, viele Pilger anlockte und viel Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Aus meiner Arbeit mit Fraa Orolo wusste ich, dass die moshianische Ikonographie im Gewand des Himmelswarts im Aufstieg begriffen war. Unsere Hierarchen waren sich dessen bewusst geworden, worauf die Regelwartin Großsuur Tamura gebeten hatte, uns in dieser Diskussion zu führen.
    Am Ende erteilte sie der ganzen Schar die Erlaubnis, während der Apert extramuros zu gehen, was niemanden überraschte: Die Drohung, uns einzusperren, hatte sie nur ausgesprochen, damit wir besser

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