Anathem: Roman
aufscheinen: »Es sei denn, du hast die Regeln der Kausalität außer Kraft gesetzt!«
»Ach, ich habe schon vor ein paar Tagen damit angefangen, dieses Messale auf die Beine zu stellen«, sagte Moyra. »Ihr müsst bloß Suur Asquin fragen, sie wird euch erzählen, wie ich allen Leuten auf die Nerven gegangen bin. Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, so etwas könnte von ein paar Hierarchen zusammengewürfelt werden, die sich während der Embrase gegenseitig Zettelchen zuschieben, oder?«
»Großsuur Moyra«, begann Arsibalt, »wenn es nicht die Laboratoriumsergebnisse von heute Morgen waren, die dieses Messale haben zustande kommen lassen, was dann?«
»Tja, wenn du nicht unentwegt mit diesen schönen Suurs flirten und in der Küche herumalbern würdest, hättest du vorhin vielleicht gehört, wie ich davon gesprochen habe, dass ich eine Metaloritin bin.«
»Oder eine Pluralität-der-Welten-Loritin«, sagte ich.
»Ach, ihr habt ja doch zugehört!«
»Ich dachte, du wolltest damit bloß das Eis brechen.«
»Wer war deren Evenedrik, Fraa Arsibalt?«
»Wie bitte?« Die Frage faszinierte Arsibalt, doch er hatte gleich darauf die Hände voll, als Suur Tris ihm eine riesige, fettige Servierplatte in die Arme drückte.
»Fraa Tavener, wer war der Saunt Hemn auf dem Planeten Quator? Tris, wer war die Lady Baritoe von Antarkt? Fraa Orhan, verehrt man auf Pangäa einen Gott, und ist es derselbe wie der Gott der Matarrhiten?«
»Er muss es sein, Großsuur Moyra!«, rief Orhan aus und machte eine Handbewegung (ich war zu dem Schluss gekommen, dass er ein Mann sein musste), die ich schon einmal gesehen hatte. Irgendein deolatistischer Aberglaube.
»Fraa Erasmas, wer hat auf dem Planeten Diasp Halikaarns Diagonale entdeckt?«
»Weil sie, behauptest du, ganz offensichtlich solche Gedanken gedacht haben …«, sagte Arsibalt.
»Das müssen sie, sonst hätten sie dieses Schiff nicht bauen können!«, sagte Barb.
»Ihr habt einen so viel frischeren, so viel beweglicheren Verstand als einige von denen, die bei diesem Messale dabeisitzen«, sagte Moyra. »Ich dachte, ihr habt vielleicht Ideen.«
Suur Tris drehte sich um und fragte: »Willst du damit sagen, dass es eine Eins-zu-eins-Entsprechung zwischen unseren und deren Saunts gibt? So etwas wie dasselbe, von vielen Welten geteilte Bewusstsein?«
»Das frage ich euch«, sagte Moyra.
Ich hatte nichts zu sagen, denn mich hatte das nur allzu vertraute Gefühl des Unbehagens beschlichen, das mich in letzter Zeit überkam, wenn Gespräche in diese Richtung zu gehen begannen. Die letzten Worte, die Orolo ein paar Minuten vor seinem Tod zu mir gesagt hatte, waren eine Warnung gewesen, dass die Tausender über diese Sachen Bescheid wüssten und um sie herum eine Praxik entwickelt hätten: ja, dass die Legenden von den Inkantoren eine faktische Grundlage hätten. Vielleicht war ich auch wieder in meine alte Gewohnheit verfallen, mir zu viele Sorgen zu machen; doch inzwischen schien es mir so, als käme jedes Gespräch, an dem ich teilnahm, diesem Thema gefährlich nahe.
Von solchen Bedenken unbelastet, fühlte sich Arsibalt bereit, einen Versuch zu starten. Er hievte die abgewaschene Platte auf ein Trockengestell, wischte sich die Hände an seiner Kulle ab und legte los. »Also. Jede solche Hypothese müsste sich auf eine Beantwortung der Frage gründen, warum verschiedene Intellekte in verschiedenen Weltspuren Ähnliches denken sollten. Man könnte sich natürlich immer an eine religiöse Erklärung halten«, fuhr er mit einem Blick auf Orhan fort, »aber abgesehen davon … tja …«
»Du musst dich gar nicht zurückhalten, was deinen Glauben an die HTW angeht – vergiss nicht, mit wem du sprichst! Mir ist nichts fremd!«
»Ja, Großsuur Moyra«, sagte Arsibalt mit einer leichten Verneigung.
»Wie könnte sich das Wissen von einer gemeinsamen Theorischen Welt aus – ich nenne sie nicht Hyläisch, weil es auf Quator vermutlich niemanden namens Hyläa gegeben hat – in das Bewusstsein verschiedener Saunts in verschiedenen Welten fortpflanzen? Und geht dieser Prozess in diesem Moment immer noch vonstatten –
zwischen uns und ihnen?« Moyra hatte sich, während sie diese geistigen Bomben platzen ließ, auf die Hintertür zugeschoben und prallte nun beinahe mit Emman Beldo zusammen, der gerade zurückkam.
»Tja, das hört sich so an, als ob das Messale morgen darüber diskutieren wird«, bemerkte ich.
»Warum wollt ihr warten? Seid nicht so selbstzufrieden!«, gab Moyra
Weitere Kostenlose Bücher