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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zurück, während sie in die Nacht hinausstürmte. Karvall warf ihr Handtuch hin, eilte ihr nach und zog sich dabei ihre Kulle über den Kopf. Emman gab höflich den Weg frei und drehte sich dann, um ihr nachzusehen, bis es nichts mehr zu sehen gab. Als er sich wieder umwandte, bekam er von Suur Tris einen Schwamm ins Gesicht.
     
    »Diese Spuren können nicht so einfach im Hemnraum herumirren …«, sagte Emman.
    »So wie wir im Dunkeln herumirren«, schlug ich vor. Denn wir versuchten gerade, einen passenden Lukub zu finden.
    »Ohne Sinn und Verstand. Oder doch?«
    »Du meinst die Weltspuren? Die Narrative?«
    »Ja – was hat es übrigens damit auf sich?«
    Die Frage war unklar, aber ich wusste, woran er dachte.
    »Du meinst Fraa Jads Gebrauch des Wortes Narrativ?«
    »Ja. Das wird denen nur schwer zu verkaufen sein.«
    »Den Zampanos?«
    »Nennt ihr so Leute wie meine Doyn?«
    »Einige von uns.«
    »Tja, die sind ziemlich bodenständig. Halten gar nichts von hochtrabendem Gewäsch.«
    »Mal sehen, ob ich ein Beispiel liefern kann«, sagte ich. »Weißt du noch, was Arsibalt gesagt hat? Von dem Eisblock, der in einem Stern eingeschlossen ist?«
    »Ja, klar«, sagte er. »Es gibt einen Punkt im Hemnraum, der einen Kosmos repräsentiert, in dem sogar das vorkommt.«
    »Die in diesem Punkt kodierte Konfiguration des Kosmos«, sagte ich, »enthält – neben allen Sternen und Planeten, den Vögeln und den Bienen, den Büchern, Spulos und allem anderen – auch einen Stern mit einem großen Eisklotz mittendrin. Dieser Punkt, vergiss das nicht, ist bloß eine lange Reihe von Zahlen – Koordinaten im
Raum. Nicht mehr oder weniger wirklich als jede andere mögliche Reihe von Zahlen.«
    »Seine Wirklichkeit – oder, in diesem Fall, Unwirklichkeit – muss aus einer anderen Überlegung erwachsen«, versuchte es Emman.
    »Du hast es erfasst. Und in diesem Falle lautet sie, dass die beschriebene Situation so verdammt lächerlich ist.«
    »Wie könnte sie überhaupt je eintreten?«, wollte Emman wissen. Langsam kam er auf den Trichter.
    »Eintreten. Das ist das Schlüsselwort«, sagte ich und wünschte, ich könnte das Ganze so selbstbewusst erklären wie Orolo. »Was genau heißt denn, dass etwas eintritt?« Das hörte sich ziemlich lahm an. »Es ist ja nicht einfach so, dass diese Situation – dieser einzelne Punkt im Konfigurationsraum – einen Augenblick lang entsteht und dann verschwindet. Es ist nicht so, als hätte man einen normalen Stern, in dessen Mitte sich ganz plötzlich, ein Ticken der kosmischen Uhr lang, ein Eisblock materialisiert, der dann, puff!, beim nächsten Ticken spurlos verschwunden ist.«
    »Aber eintreten könnte das doch, wenn man einen Hemnraum-Teleporter hätte, oder?«
    »Mm, das ist ein nützliches Gedankenexperiment«, sagte ich. »Du denkst an ein Gerät aus einem von Moyras Romanen. Einen Zauberkasten, bei dem man jeden Punkt im Hemnraum anwählen, ihn realisieren und dann zu einem anderen springen könnte.«
    »Ja. Ungeachtet der Gesetze der Theorik oder was auch immer. Dann könntest du den Eisblock tatsächlich materialisieren. Aber dann würde er schmelzen.«
    »Er würde schmelzen«, korrigierte ich ihn, »wenn du von da an die Naturgesetze gelten lassen würdest. Aber du könntest ihn erhalten, indem du deinen Hemnraum-Teleporter zu einem anderen Punkt springen lässt, in dem derselbe Kosmos einen Augenblick später, aber immer noch mitsamt dem Eisblock, beschlossen ist.«
    »Okay, kapiert – aber normalerweise würde er schmelzen.«
    »Die Frage lautet also: Was heißt ›normalerweise‹? Um es anders zu formulieren: Wenn du die Reihe von Punkten betrachtest, die du mithilfe deines Hemnraum-Teleporters miteinander verknüpfen müsstest, um aus dem Fenster des Kastens einen Kosmos zu sehen, in dem ein Eisblock mitten in einem Stern überdauert, wie stark müsste sich diese Reihe von Punkten dann von einer unterscheiden, die einer richtigen Weltspur entspricht?«

    »Das heißt, einer Weltspur, in der die Naturgesetze gelten?«
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht.«
    Wir lachten. »Tja«, sagte ich, »so allmählich verstehe ich einiges von dem, was Orolo mir über Saunt Evenedrik gesagt hat. Evenedrik hat Datonomie studiert – eine Weiterentwicklung der makronischen Philosophie -, das heißt, das, was uns gegeben ist, was wir wahrnehmen. Letztlich ist das alles, womit wir arbeiten können.«
    »Einverstanden«, sagte Emman, »was nehmen wir wahr?«
    »Nicht bloß Welt punkte, die stimmig

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