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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sechsdimensionalen Hemnraum, ganz gleich, welches Koordinatensystem man verwendet. Wenn man Saunt Lespers Koordinaten verwendet, führt das zu dem Problem, über das du dich vorhin beschwert hast …«
    »Die x, y und z sagen einem im Grunde nichts!«
    »Ja. Aber wenn man das Ganze in einen anderen, sechsdimensionalen Raum überführt und sechs verschiedene Zahlen verwendet, wird es sehr klar, so wie das Szenario mit der Flasche und der Kartoffel klar wurde, als wir uns einen passenden Raum zu seiner Darstellung gesucht haben. Für einen Satelliten sind diese sechs Zahlen die Exzentrizität, die Neigung, der Winkel vom aufsteigenden Knoten zur Periapsis und drei weitere mit komplizierten Namen, die ich jetzt nicht auch noch herunterrasseln werde. Aber um nur zwei davon zu nennen: Die Exzentrizität verrät einem auf einen Blick, ob die Umlaufbahn stabil ist. Die Neigung verrät einem, ob sie polar oder äquatorial ist. Und so weiter.«

Kalka 3: Komplexer versus einfacher Protismus
    Ein Anhang zu Anathem von Neal Stephenson
    »Da ist das aus zwei Kästchen bestehende Diagramm, das wir alle gesehen haben«, begann Kriskan und zeichnete Folgendes in den Staub:
    »Der Pfeil besagt, dass Gebilde in der Hyläischen Theorischen Welt imstande sind, Wirkungen innerhalb des Arbrischen Kausalbereichs hervorzurufen, aber nicht umgekehrt. Und wenn ihr euch die Mühe macht, auseinanderzulegen, was Leute eigentlich behaupten, wenn sie ein solches Diagramm auf eine Tafel zeichnen, dann läuft es auf einige wenige Prämissen hinaus, die definieren, was wir Protismus nennen. Dass ihr diese kennt, weiß ich, aber wenn es euch recht ist, gehe ich sie kurz durch, nur damit wir auch sicher sind, dass wir von gleichen Voraussetzungen ausgehen.«
    »Aber bitte«, sagte ich.
    »Nur zu«, sagte Lio.
    »In Ordnung. Die erste Behauptung lautet: Gebilde, die Untersuchungsgegenstand von Theoren sind, existieren unabhängig von menschlichen Wahrnehmungen, Definitionen und Konstruktionen. Theoren schaffen sie nicht, sondern entdecken sie lediglich. Und die zweite Prämisse lautet, dass der menschliche Verstand in der Lage ist, solche Gebilde wahrzunehmen; und genau das tun Theoren, wenn sie sie entdecken.«
    »Bisher können wir dir folgen«, sagte ich.
    »Schön«, meinte Kriskan, »wenn man nun mehr will, als lediglich
diese beiden Prämissen herunterzurasseln, muss man eine Erklärung dafür liefern, wieso der menschliche Verstand in der Lage ist, Erkenntnisse über theorische Gebilde zu gewinnen, die der ersten Prämisse zufolge nicht raum-zeitlich sind und in keiner normalen Kausalbeziehung zu den Gebilden stehen, die den Kosmos ausmachen, wie wir ihn kennen. Und im Lauf der Jahrtausende sind verschiedene Argumentationen vorgetragen worden, während Metatheoriker versucht haben, diese Erklärung zu liefern. Halikaarn zum Beispiel hat von den Prokiern mächtig was auf den Deckel gekriegt, weil er geglaubt hat, unser Gehirn enthalte ein Organ, das dafür zuständig sei.«
    »Ein Organ? So was wie eine Drüse oder so?«, fragte Lio.
    »Einige haben es so interpretiert, was zum Teil auch erklärt, warum er eins auf den Deckel gekriegt hat. Aber das ging wahrscheinlich auf einen Übersetzungsfehler zurück. Halikaarn lebte vor der Rekonstitution und schrieb deshalb nicht auf Orth, sondern in einer der kleinen Sprachen seiner Zeit. Derjenige, der seine Werke ins Fluckische übersetzte, hat ihm einen Bärendienst erwiesen und sich für das falsche Wort entschieden. Halikaarn hat nicht an so etwas wie eine Drüse gedacht. Er dachte an ein Vermögen, eine dem Gehirn inhärente Fähigkeit, die nicht in einem bestimmten Gewebebereich lokalisiert ist.«
    »Das ist ein bisschen leichter ernst zu nehmen«, sagte ich. »Schön.« Denn ich hatte das Gefühl, dass Kriskan sich anschickte, in eine lange, öde Verteidigung Halikaarns abzuschweifen. »Wie passt diese Fähigkeit nun in seine Erklärung dessen, was in diesem Diagramm passiert?«
    »Es gibt noch einen anderen Typus von Gegebenheit als den, den wir mit Augen, Ohren und so weiter entdecken können, und dieser Typus erreicht irgendwie den Arbrischen Kausalbereich und wird von Halikaarns Organ wahrgenommen«, sagte Kriskan.
    »Das wirft fast mehr Fragen auf, als es beantwortet«, hob Lio hervor.
    »Es beantwortet überhaupt keine Fragen«, gab Kriskan zurück, »es ist auch eigentlich kein Versuch, Fragen zu beantworten, sondern eher eine Möglichkeit, gewissermaßen seine Figuren auf dem Brett

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