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Anatomie einer Affäre: Roman

Anatomie einer Affäre: Roman

Titel: Anatomie einer Affäre: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright , Hans-Christian Oeser , Petra Kindler
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keine Ahnung – ein-, zweihundert Riesen für einen Haufen Schrott auf einem Campingplatz am Strand. Normalerweise würde mich so etwas nicht neidisch machen, nur konnte ich gerade nicht mit zweihundert Riesen um mich werfen, und nichts stachelt den Neid stärker an als Dinge, die man ohnehin nie haben wollte.
    Wir standen früh auf und fuhren die N11 entlang, Conor mit seiner Windsurferausrüstung und ich mit ein paar Flaschen Rotwein und einer Menge Steaks, die ich mir für den Grill gegriffen hatte. Als wir ankamen, überreichte ich Fiona das Fleisch: eine pralle weiße Plastiktüte, deren Innenseite mit Blut befleckt war, das sich bräunlich verfärbte.
    »Uuh!«, sagte sie.
    »Im Geschäft kam’s mir noch wie ’ne gute Idee vor.«
    »Es war eine gute Idee«, sagte sie. »Was ist es denn?«
    »’n Arsch in ’ner Tüte«, sagte Conor. Und genauso sah es auch aus, was da so baumelte.
    »Steaks aus der Lammkeule«, sagte ich.
    Megan, meine Nichte, fing an zu lachen. Sie muss fast acht gewesen sein, und ihr kleiner Bruder Jack, der fünf war, rannte brüllend im Kreis herum. Conor lief hinter ihm her, machte einen Buckel und fuchtelte mit den Händen, bis er den kreischenden Jungen eingefangen und zu Boden geworfen hatte, wobei er (in etwa) ausrief: »Harr, harr, ich bin der Arsch, harr, harr.«
    Ich glaubte schon, Jack würde sich übergeben und dies wäre unser Ende als fröhliche Feiertagsfamilie, aber Fiona warf den beiden nur einen festen Blick zu. Dann sagte sie: »Ich hoffe, ich habe Platz«, bevor sie die kleine hölzerne Treppe hinaufstapfte und im Wohnwagen verschwand.
    Als ich ihr nachging, hockte sie auf den Knien und stopfte das Fleisch wie ein Kissen in das unterste Kühlschrankfach. Neben ihr auf dem Fußboden lag ein Haufen Salat und Gemüse.
    »Gott, diese Bude.«
    »Ist doch schön«, sagte ich.
    »Absteige sur mer .«
    »Ach«, sagte ich – weil ich nicht recht wusste, was ich damit anfangen sollte. Ich schaute mich um. Die Plastiktrennwände hatten eine Art integriertes Tapetenmuster, und wenn man herumlief, bebte alles ein wenig. Aber es war auch hübsch. Ein Spielzeughaus.
    »Die Frau drei Wohnwagen weiter hat hölzerne Fensterläden. «
    »Es soll doch gar nicht zu echt wirken«, sagte ich.
    »Hast du ’ne Ahnung«, erwiderte sie.
    Wie sich herausstellte, dachte Shay über ein echtes Ferienhaus in der Nähe von Gorey nach, vielleicht würden sie sich auch auf dem Kontinent umsehen, wahrscheinlich in Frankreich. Das erzählte Fiona nach zu viel Sonne und Wein, später, als es mehr Zuhörer gab. Doch am Morgen, als sie wieder auf einem vor Sand schlüpfrigen Fußboden vor dem kleinen Kühlschrank kniete, hatte ich Mitleid mit ihr, meiner ach so hübschen Schwester, die stets von der Frau drei Wohnwagen weiter ausgestochen werden würde.
    Im Lauf des Tages besserte sich das Wetter. Die Wolken zogen aufs Meer hinaus, und ihre Schatten bewegten sich finster und scharf umrissen über das Wasser. Besser als jede Glotze. Wir saßen mit unseren großen Sonnenbrillen im Freien und wackelten mit unseren türkis und marineblau lackierten Zehen. Fantastisch. Ich hätte unsere Mutter mitbringen sollen, die hätte es genossen, doch die Idee war mir nicht gekommen. Warum, weiß ich nicht.
    Conor stand auf der Grünfläche in der Mitte des Campingplatzes, schleuderte Frisbees für die Kinder und behandelte sie wie Haustiere.
    »Such!«, rief er. »Such!«
    »Das sind doch keine Hunde, Conor«, sagte ich, als die Kinder die Gesichter ins Gras steckten und versuchten, das Frisbee mit den Zähnen aufzuheben.
    »Sitz!«, rief Conor. »Pfötchen!«
    Ich war nicht der Kinder wegen besorgt, sondern wegen ihrer Mutter. Aber Fiona warf mir einen ihrer gemessenen Blicke zu und sagte: »Hübscher Trick.«
    Es gab hier irgendeinen Verhaltenskodex, und ich habe ihn nie ganz durchschaut.
    Ein weiteres Mädchen kam hinzu. Sie und Megan hüpften kurz voreinander herum, dann rannte auch sie hinter dem Frisbee her, vor und zurück, mit zum Scheitern verurteilten Sprüngen.
    »Nein, hier. Nein, hier. Nein, wirf ihn zu mir.«
    Und sie stolperte über ihre geblümten Flipflops und weinte. Oder jaulte, genauer gesagt. Es war ein interessantes Geräusch, selbst hier im Freien. Wenn sie Luft holte (oder zu ersticken drohte), brach es ab und setzte danach von Neuem ein, noch schriller als zuvor.
    Eins muss man Conor lassen, diesmal rannte er nicht zu ihr, um sie zu kitzeln und »Harr, harr, ich bin der Arsch« zu rufen. Dies war

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