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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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Lumpen ab und cremte sie anschließend ein.
    »Vielen Dank«, sagte er. »Ich schulde dir was.« Ich war mir nicht sicher, ob er mir dankte, weil ich ihn befreit hatte, oder ob er mir drohte, weil ich mir so viel Zeit damit gelassen hatte. So wie ich Art kannte, war es beides. Ich machte mir im Geist eine Notiz, in Zukunft zuerst am Lenkrad zu schnuppern, bevor ich es anfasste.
    »Das nächste Mal solltest du wirklich vorher das Etikett lesen. Das Zeug klebt auch an Fingern.«
    »Haha. Sehr witzig.«
    Wenn irgendjemand Ahnung von Sekundenkleber und Fingern hatte, dann Art. Er war nicht nur der leitende Kriminologe der Polizei von Knoxville, er war auch einer der führenden Fingerabdruckexperten des Landes. In kriminaltechnischen Labors überall im Land benutzen Kriminaltechniker Apparate zur Verdampfung von Superkleber, um Objekte mit einem klebrigen Nebel zu überziehen, der versteckte Fingerabdrücke aufnehmen konnte. Und diesen Apparat hatte mein Kumpel Art entworfen und sich patentieren lassen. Selbst das FBI hatte Arts Superkleber-Apparat ins Herz geschlossen, was in der Kriminaltechnik so ist, als würde Michael Jordan auf deine Basketballschuhe abfahren.
    Auf der Arbeitsfläche neben dem Mikroskop lag ein ganzer Schwung Fotos. Die meisten schienen Tatortfotos vom Inneren eines Autos zu sein, eines ramponierten blauen Impala. Dazwischen steckte jedoch das Schulfoto eines Mädchens, ungefähr acht Jahre alt. Kleines Mädchen, breites Lächeln. Ich erkannte das Foto, ich hatte es in den vergangenen zwei Wochen einige Male in der Zeitung gesehen, denn so lange wurde Stacy Beaman schon vermisst. Sie war das letzte Mal gesehen worden, als sie in ein rostiges blaues Auto stieg. Das Auto auf den Fotos gehörte einem registrierten Sexualstraftäter, der in den Tagen, bevor die Kleine verschwand, dreimal in der Nähe der Schule gesehen worden war.
    Ich schaute auf Arts Mikroskop. Auf dem Objekttisch war eine Autofensterkurbel festgeklemmt. Man musste kein kriminaltechnisches Genie sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Kurbel von der Beifahrertür des rostigen Impala stammte.
    »Kriegst du was?«
    »Zum Teufel, nein. Nicht mal einen Teilabdruck. Jedenfalls nicht von ihr. Seine sind überall. Was nicht überrascht, schließlich ist es sein Wagen, aber es macht mich schier wahnsinnig, dass wir ihre nicht kriegen.«
    »Nicht kriegen? Das klingt, als würdest du davon ausgehen, dass sie da irgendwo sind.«
    »Da irgendwo waren; sie sind nicht mehr. Zum Teufel, sie war in dem Auto – drei Zeugen haben sie gesehen. Wir waren nur nicht schnell genug. Als wir endlich den Durchsuchungsbefehl hatten und das Auto sicherstellen konnten, waren die Abdrücke verschwunden. Hatten sich in Luft aufgelöst.«
    Und das war wörtlich gemeint. Es war ein Phänomen, von dem er mir schon erzählt hatte, ein Phänomen, das Ermittler in Fällen von Kindesentführung viele Jahre lang Rätsel aufgegeben hatte: Warum waren die Fingerabdrücke von Kindern, so schwer zu erfassen? Als auch Art zum zweiten oder dritten Mal mit leeren Händen dastand, hatte er sich geschworen, das Rätsel zu lösen. Er hatte im Oak Ridge National Laboratory ein Expertengremium gebildet – ein Team aus organischen und analytischen Chemikern – sowie einige Eltern und Kinder einer örtlichen Grundschule um ihre Mithilfe gebeten. Dieses Team hatte ein Forschungsprojekt durchgeführt, um herauszufinden, worin sich die Fingerabdrücke von Erwachsenen und Kindern unterschieden. Sobald Art den Stein ins Rollen gebracht hatte, brauchten die Chemiker nicht lange, um herauszufinden, was sich da abspielte. Fingerabdrücke von Erwachsenen entstanden, wie sie feststellten, durch die Anhaftung von Fett; Fingerabdrücke von Kindern jedoch basierten – bevor die Pubertät sämtliche Akne produzierenden Talgdrüsen aktivierte – auf Wasser. Die Erklärung war einfach, die Folgen schlicht zum Verzweifeln.
    »Wie lange habt ihr gebraucht, um das Auto dingfest zu machen?«
    »Zwei Tage. Und das war ein Tag zu viel. Vierundzwanzig Stunden früher, und die Abdrücke wären noch da gewesen. Ihre Fingerabdrücke waren da.«
    »Haben sich die Zeugen nicht früh genug gemeldet?«
    »Nein, das war es nicht. Der Anwalt hat uns schnell die Hände gebunden. Hat behauptet, wir würden seinen Mandanten schikanieren.«
    Ich hatte innerlich ein schlechtes Gefühl. »Wer ist der Anwalt?«
    »Drei Mal darfst du raten.«
    Das war nicht nötig. »DeVriess.«
    »Der gute alte Fiese. Dein neuer

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