Anbetung
wollte ich ihre Nerven nicht bis zum Zerreißen spannen.
Hätte ich ihr von dem Anschlag auf den Chief erzählt, so hätte ich anschließend wahrscheinlich auch berichtet, wie ich Bob Robertson in meiner Badewanne gefunden hatte und dass er bei meinem Blick vom Kirchturm bereits tot gewesen war. Und dann war es nicht mehr weit bis zu meinen Erlebnissen an der Kirche des flüsternden Kometen und zu der satanischen Meditationskarte.
Bestimmt hätte sie dann den Tag über mit der Waffe in der Hand an meiner Seite bleiben wollen, um mich zu beschützen. Ich durfte nicht zulassen, dass sie sich so in Gefahr brachte.
Seufzend schüttelte ich den Kopf. »Weiß auch nicht«, sagte ich. »Ich sehe überall Bodachs. Massenweise. Was da auf uns zukommt, ist gewaltig. Ich habe Angst.«
Warnend richtete sie ihren Löffel auf mich. »Sag mir bloß nicht, ich soll heute zu Hause bleiben!«
»Ich möchte, dass du heute zu Hause bleibst.«
»Was hab ich gerade eben gesagt?«
»Und was hab ich gesagt?«
Von Grapefruit und Schoko-Donut zum Schweigen gebracht, starrten wir uns kauend an.
»Ich werde heute zu Hause bleiben«, sagte Stormy, »wenn du den ganzen Tag hier bei mir bleibst.«
»Die Diskussion hatten wir schon zur Genüge. Ich kann nicht einfach Menschen sterben lassen, wenn es eine Möglichkeit gibt, sie zu retten.«
»Und ich werde nicht einmal einen einzigen Tag lang im Käfig leben, nur weil draußen ein Tiger die Gegend unsicher macht.«
Ich nahm einen großen Schluck Pepsi. Am liebsten hätte ich auch noch Koffeintabletten geschluckt. Ich wünschte mir Riechsalz herbei, um mir jedes Mal, wenn der Schlaf wie Nebel auf mich zukroch, den Kopf durchzupusten. Ich wünschte mir, wie andere Menschen sein zu können, ohne übernatürliche
Gabe und ohne ein anderes Gewicht tragen zu müssen als das, welches mir der Genuss von Schoko-Donuts irgendwann auf den Ranzen packte.
»Er ist schlimmer als ein Tiger«, sagte ich.
»Selbst wenn er schlimmer als ein Tyrannosaurus sein sollte, ist mir das piepegal. Ich muss mein Leben leben – und ich kann keine Zeit vergeuden, wenn ich in vier Jahren meine eigene Eisdiele haben will.«
»Jetzt mach mal halblang. Wenn du dir ausnahmsweise einen Tag freinimmst, sind die Chancen, dir deinen Traum zu erfüllen, in keiner Weise reduziert.«
»Jeder Tag, den ich darauf hinarbeite, ist der Traum. Es geht um den Prozess, nicht um das Endergebnis.«
»Wieso versuche ich überhaupt noch, mit dir zu debattieren? Ich verliere sowieso immer!«
»Als Mann der Tat bist du unschlagbar, Süßer. Da musst du nicht auch noch ein guter Debattierer sein.«
»Ich bin nicht nur als Mann der Tat unschlagbar, sondern auch als Grillkoch.«
»Der ideale Ehemann.«
»Jetzt nehme ich mir mal noch einen Donut.«
Wohl wissend, dass sie mir ein Zugeständnis anbot, das ich nicht annehmen konnte, lächelte sie und sagte: »Also schön – ich nehme mir einen Tag frei und bleibe an deiner Seite, wo du auch hingehst.«
Wo ich dank meinem paranormalen Magnetismus hingehen wollte, war zu dem Unbekannten, der Robertson ermordet hatte und der sich nun vielleicht gerade darauf vorbereitete, die Gräueltat zu begehen, die er gemeinsam mit ihm ausgeheckt hatte. An meiner Seite war Stormy also alles andere als in Sicherheit.
»Nein«, sagte ich, »dann folge lieber deinem Traum. Füll Eistüten, mixe Milchshakes und sei die beste Eisverkäuferin, die es
gibt. Selbst kleine Träume können nicht wahr werden, wenn man nicht beharrlich ist.«
»Hast du dir das ausgedacht, Süßer, oder ist das ein Zitat?«
»Erkennst du es nicht? Ich hab dich selbst zitiert.«
Sie schenkte mir ein liebevolles Lächeln. »Du bist gescheiter, als du aussiehst.«
»Muss ich auch sein. Wo gehst du heute in der Mittagspause hin?«
»Du kennst mich doch – ich nehme mir was mit. Das ist billiger, und außerdem kann ich im Geschäft bleiben.«
»Überleg’s dir bloß nicht anders. Geh nicht in die Nähe einer Bowlingbahn, eines Kinos oder sonst wohin.«
»Darf ich in die Nähe eines Golfplatzes gehen?«
»Nein.«
»Wie steht’s mit einem Minigolfplatz?«
»Ich meine es ernst.«
»Und in die Nähe einer Spielhalle?«
»Erinnerst du dich an diesen alten Film – Der öffentliche Feind ?«
»Darf ich in die Nähe eines Vergnügungsparks gehen?«
»Da spielt James Cagney einen Gangster, der mit seiner Gangsterbraut frühstückt …«
»Ich bin niemandes Gangsterbraut.«
»… und als sie ihn ärgert, drückt er ihr eine
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