Anbetung
Vater die Tür. »Odd, du hast gar nicht angerufen, dass du kommst!«
»Nein«, sagte ich, »hab nicht angerufen.«
Mit seinen fünfundvierzig Jahren ist mein Vater noch immer ein gut aussehender Mann mit dichtem Haar, das mehr schwarz
als silbern glänzt. Er hat einen schlanken, athletischen Körper, auf den er stolz beziehungsweise recht eingebildet ist.
Er war barfuß und trug nichts als tief sitzende Kakishorts. Die Bräunung seiner Haut pflegt er eifrig mit Ölen, verstärkt sie mit Tönungen, konserviert sie mit Lotionen.
»Wieso bist du gekommen?«, fragte er.
»Das weiß ich auch nicht.«
»Du siehst gar nicht gut aus.«
Er wich einen Schritt von der Schwelle zurück. Mein Vater hat Angst vor Krankheiten.
»Ich bin nicht krank«, beruhigte ich ihn, »bloß hundemüde. Hab nicht geschlafen. Kann ich reinkommen?«
»Wir machen nichts Besonderes. Sind gerade mit dem Frühstück fertig und wollten uns dann ein bisschen in die Sonne legen.«
Egal, ob das nun eine Einladung war oder nicht, ich interpretierte sie als solche, trat über die Schwelle und zog hinter mir die Tür zu.
»Britney ist in der Küche«, sagte mein Vater und ging voraus.
Die Rollos waren heruntergezogen, in den Zimmern breiteten sich üppige Schatten aus.
Ich habe das Haus schon bei besserer Beleuchtung gesehen. Es ist wunderschön möbliert. Mein Vater hat Stil und liebt Komfort.
Er hat ein beträchtliches Treuhandvermögen geerbt. Jeden Monat bekommt er einen großzügigen Scheck, mit dem er einen Lebensstil finanzieren kann, auf den so mancher neidisch wäre.
Obwohl er schon viel hat, wünscht er sich dennoch immer mehr. Er möchte noch wesentlich besser leben, als er es ohnehin schon tut, und wettert deshalb gegen die Bestimmungen seines Erbes, die ihn darauf beschränken, von den Erträgen zu leben, und ihm den Zugang zum gesamten Grundkapital verwehren.
Es war klug von seinen Eltern, ihm ihr Vermögen nur unter diesen Bedingungen zu überlassen. Wäre er in der Lage gewesen, das Kapital in die Finger zu bekommen, dann wäre er schon lange verarmt und obdachlos.
Er ist immer voller Pläne, wie man schnell reich werden kann. Sein neuestes Vorhaben ist wie gesagt der Verkauf von Mondgrundstücken. Besäße er das Recht, sein Vermögen selbst zu verwalten, dann würde er sich sicherlich nicht mit zehn oder fünfzehn Prozent Rendite zufrieden geben, sondern in der Hoffnung, sein Geld über Nacht zu verdoppeln oder zu verdreifachen, große Summen in windige Unternehmungen stecken.
Die Küche ist groß und mit professionellen Geräten und jedem erdenklichen kulinarischen Werkzeug ausgestattet, obwohl mein Vater an sechs oder sieben Abenden pro Woche auswärts isst. Das Ahornparkett, Ahornschränke im nautischen Stil mit abgerundeten Ecken, Arbeitsflächen aus Granit und die Geräte aus Edelstahl tragen zu einer raffinierten und doch einladenden Atmosphäre bei.
Auch Britney ist raffiniert und einladend, wenngleich auf eine Weise, bei der man eine Gänsehaut bekommt. Als wir in die Küche kamen, stand sie am Fenster, eine Hand in die Hüfte gestützt, trank ihren Morgenchampagner und blickte hinaus auf die Sonnenschlangen, die sich über die Oberfläche des Swimmingpools wanden.
Ihr Stringtanga war knapp genug, um selbst die diesbezüglich übersättigten Redakteure des Hustler scharf zu machen, und sie trug ihn geschickt genug, um sich für die Titelseite der berühmten Badeanzugausgabe von Sports Illustrated zu qualifizieren.
Sie war achtzehn, sah jedoch jünger aus. Das ist das Hauptkriterium meines Vaters, was Frauen betrifft. Sie sind nie älter als zwanzig, und sie sehen immer jünger aus, als sie sind.
Vor einigen Jahren hat er Probleme bekommen, weil er mit einer Sechzehnjährigen zusammenwohnte. Natürlich behauptete er, er habe nicht gewusst, wie alt sie wirklich war. Ein teurer Anwalt und Zahlungen an das Mädchen und dessen Eltern ersparten ihm die Schmach einer blassen Gefängnishaut und eines dazu passenden Haarschnitts.
Statt mich zu begrüßen, warf Britney mir einen mürrischen, abweisenden Blick zu. Dann richtete sie ihr Interesse wieder auf den in der Sonne glitzernden Pool.
Sie hat etwas gegen mich, weil sie meint, mein Vater könnte mir Geld schenken, das er sonst für sie ausgeben würde. Diese Bedenken sind grundlos. Er würde mir nie auch nur einen Dollar anbieten, und ich würde nie etwas von ihm annehmen.
Britney wäre besser beraten, sich Sorgen wegen folgender zwei Tatsachen zu machen: Zum
Weitere Kostenlose Bücher