Anbetung
elegante Domizil, seinen Inhalt und das Recht auf substanzielle, dem Anstieg der Lebenshaltungskosten angepasste Unterhaltszahlungen erhalten. Weil sie nie wieder geheiratet hat und das höchstwahrscheinlich auch nie tun wird, dürfte ihr dieser Unterhalt lebenslang zukommen.
Großzügigkeit gehört nicht zu den an erster, zweiter oder auch letzter Stelle stehenden Grundeigenschaften meines Vaters. Für den komfortablen Lebensstil meiner Mutter hat er nur deshalb gesorgt, weil er Angst vor ihr hatte. Obwohl es ihn reute, etwas von seiner monatlichen Rendite abzugeben, besaß er nicht einmal den Mut, über Anwälte mit ihr zu verhandeln. Sie bekam so ziemlich alles, was sie forderte.
Er hat für seine Sicherheit bezahlt und für eine neue Chance aufs Glücklichsein (wie er es definiert). Und er hat mich im Stich gelassen, als ich ein Jahr alt war.
Bevor ich an der Tür läutete, fuhr ich mit der Hand über die auf der Veranda hängende Hollywoodschaukel, um festzustellen, ob sie sauber war. Meine Mutter würde auf der Schaukel und ich auf dem Geländer sitzen, während wir miteinander sprachen.
Wir treffen uns immer im Freien. Ich habe mir geschworen, nie wieder dieses Haus zu betreten, selbst wenn ich meine Mutter überleben sollte.
Nachdem ich zweimal erfolglos geläutet hatte, ging ich ums Haus herum in den Garten.
Das Grundstück erstreckt sich ziemlich weitläufig nach hinten. Direkt hinter dem Haus stehen zwei gewaltige Kalifornische Lebenseichen und werfen einen fast durchgängigen Schatten. Weiter hinten scheint die Sonne ungehindert, sodass man dort einen Rosengarten anlegen konnte.
Meine Mutter gärtnerte inmitten der Rosen. Sie trug ein gelbes Sommerkleid und einen farblich darauf abgestimmten Sonnenhut wie eine feine Dame aus einer längst vergangenen Zeit.
Obwohl ihr Gesicht unter der breiten Hutkrempe im Schatten lag, konnte ich sehen, dass ihre außergewöhnliche Schönheit in den vier Monaten seit meinem letzten Besuch nichts von ihrem Glanz verloren hatte.
Als sie meinen Vater geheiratet hat, war sie neunzehn, und er war vierundzwanzig. Jetzt ist sie vierzig, könnte aber gut für dreißig durchgehen.
Auf den Hochzeitsfotos sieht man eine Neunzehnjährige, die wie sechzehn aussieht. Sie ist atemberaubend hübsch und schockierend zart für ein Mädchen, das den Bund der Ehe eingeht. Keine der späteren Eroberungen meines Vaters hat es an Schönheit mit ihr aufnehmen können.
Selbst heute, da sie vierzig ist, hat sich daran nichts geändert. Wäre sie im selben Raum mit Britney, sie in ihrem Sommerkleid und Britney in ihrem Stringtanga, dann würden die meisten Männer sich zuerst zu ihr hingezogen fühlen. Und wenn sie in der Stimmung wäre, die Lage auszukosten, dann würde sie diese Männer so bezirzen, dass die meinten, sie sei die einzige Frau unter ihnen.
Ich stand schon fast vor ihr, als sie merkte, dass sie nicht mehr allein war. Sie wandte den Blick von den Blumen ab, richtete
sich auf und blinzelte mich einen Moment lang an, als wäre ich eine Fata Morgana.
Dann: »Odd, mein lieber Junge, in einem früheren Leben musst du mal ein Kater gewesen sein, so wie du durch den Garten schleichst.«
Alles, was ich zustande brachte, war der Anflug eines Lächelns. »Hallo, Mama. Du siehst toll aus.«
Sie braucht Komplimente, aber abgesehen davon sieht sie immer toll aus.
Wäre sie mir unbekannt gewesen, dann hätte ich sie vielleicht noch toller gefunden. Leider beeinträchtigte unsere gemeinsame Geschichte ihr strahlendes Erscheinungsbild.
»Komm mal her, Schatz, und schau dir diese sagenhaften Blüten an!«
Ich betrat die Rosengalerie, wo eine Decke aus gemahlenem Granit den Staub bändigte und unter den Sohlen knirschte.
Manche der Blumen boten der Sonne eine berstende Fülle blutroter Blütenblätter dar. Andere waren Schalen voll orange loderndem Feuer oder helle Kelche aus gelbem Onyx, bis zum Rand gefüllt mit Sommersonnenschein. Rosa, purpurn, pfirsichfarben – der Garten war ständig für ein Fest geschmückt.
Meine Mutter gab mir einen Kuss auf die Wange. Ihre Lippen waren nicht kalt, wie ich es immer erwartete.
»Das ist die John F. Kennedy«, sagte sie und deutete auf eine Rose. »Ist sie nicht bezaubernd?«
Mit der Hand hob sie sanft eine reife Blüte an, die so schwer war, dass sie auf ihrem gebeugten Stängel den Kopf neigte.
Bis auf einen leichten Grünschimmer waren die Blütenblätter so mojave-weiß wie sonnengebleichte Knochen. Statt zart zu sein, waren sie
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