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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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wahnsinnig bezeichnen könnten. Nun ermöglichte diese Beweglichkeit es mir, mich an die Ereignisse anzupassen und mich mit der Realität einer Zeitreise schneller anzufreunden, als ihr es getan hättet. Auf euch wirft das kein schlechtes Licht, ihr wärt ja klug genug gewesen, das Haus schleunigst zu verlassen.
    Ich rannte nicht davon. Allerdings ging ich auch nicht wie zuvor erst ins Schlafzimmer des Pilzmanns – mit der verstreuten Wäsche und der halb gegessenen Rosinenschnecke auf dem Nachttisch – und dann ins Bad.
    Stattdessen legte ich den Liebesroman weg, blieb ganz still stehen und überdachte sorgfältig die möglichen Konsequenzen, falls ich den anderen Odd Thomas traf, um gewissenhaft zu kalkulieren, was das sicherste und vernünftigste Vorgehen war.
    Okay, das ist Quatsch. Ich konnte mir zwar Sorgen bezüglich der Konsequenzen machen, aber ich hatte weder genug Erfahrung mit dem Unglaublichen noch genügend Intelligenz, um mir alle Eventualitäten vorzustellen oder mir gar die beste Methode auszudenken, wie ich mich aus dieser bizarren Lage befreien konnte.
    Leider habe ich nämlich weniger Geschick dazu, mich aus Problemen zu befreien, als dazu, mich in welche hineinzustürzen.
    Am Ausgang des Wohnzimmers spähte ich vorsichtig in den Flur und sah mein Alter Ego an der offenen Tür der schwarzen Kammer stehen. Offenbar war es das frühere Ich, das noch nicht die Schwelle überschritten hatte.
    Wären inzwischen nicht alle Geräusche im Haus völlig unterdrückt gewesen, dann hätte ich diesem anderen Odd Thomas
etwas zurufen können. Ich bin mir nicht sicher, ob das besonders klug gewesen wäre, und ich bin dankbar, dass die Umstände mich davon abgehalten haben.
    Wäre ich tatsächlich in der Lage gewesen, mit ihm zu sprechen, weiß ich nicht recht, was ich gesagt hätte. Na, wie läuft’s denn so?
    Wenn ich zu ihm hingegangen wäre, um ihn narzisstisch zu umarmen, dann wäre das Paradox der beiden Odd Thomasse womöglich ruck, zuck gelöst gewesen. Vielleicht wäre einer von uns einfach verschwunden – oder wir beide wären explodiert.
    Bedeutende Physiker erklären uns, dass sich zwei Objekte unter keinen Umständen zur selben Zeit am selben Ort befinden können. Warnend behaupten sie, jeder Versuch, zwei Objekte zur selben Zeit an denselben Ort zu bringen, werde katastrophale Folgen haben.
    Wenn man darüber nachdenkt, ist vieles aus der elementaren Physik nur eine hochtrabende Bestätigung absurd offensichtlicher Dinge. Im Grunde ist jeder Betrunkene, der seinen Wagen dort zu parken versucht, wo ein Laternenpfahl steht, ein kleiner Physiker.
    In der Annahme, dass zwei Ausgaben von mir tatsächlich nicht ohne Unheil koexistieren konnten, ging ich einer möglichen Explosion aus dem Weg, blieb unter dem Türbogen des Wohnzimmers stehen und beobachtete die Szene, bis der andere Odd Thomas über die Schwelle in die schwarze Kammer getreten war.
    Nun nehmt ihr zweifelsohne an, das Zeitparadox wäre durch das Verschwinden meines zweiten Ichs ebenso gelöst worden wie die mögliche Krise, vor der pessimistische Physiker warnen. Verständlich, aber euer Optimismus entspringt der Tatsache, dass ihr das Glück habt, in eurer Welt der fünf normalen Sinne zu leben. Ihr werdet nicht – anders als ich – von einem
paranormalen Talent zum Handeln gezwungen, das ihr weder versteht noch völlig beherrschen könnt.
    Gut für euch.
    Sobald der andere Odd Thomas in der lichtlosen Kammer verschwunden war, ging ich schnurstracks zu der Tür, die er hinter sich offen gelassen hatte. Natürlich konnte ich ihn dort in den Geheimnissen der schwarzen Kammer nicht sehen, nahm jedoch an, dass er sich bald umdrehen, zurückblicken und mich sehen würde – ein Ereignis, das in meiner Erfahrung bereits eingetreten war.
    Als er nach meiner Einschätzung das kleine rote Licht gesehen hatte, etwa zwanzig Schritte darauf zugegangen war, sich dann umgedreht und mich hier stehen gesehen hatte, blickte ich auf meine Armbanduhr, um den Anfang dieser Episode festzustellen. Dann griff ich mit der rechten Hand in die Schwärze, um mich zu vergewissern, dass sich in diesem seltsamen Reich nichts anders anfühlte als vorhin, und überschritt zum zweiten Mal die Schwelle.

11
    Meine größte Sorge – abgesehen davon, zu explodieren oder zu spät zum Abendessen mit Stormy zu kommen – bestand darin, in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Dann hätte ich mir nämlich bis in alle Ewigkeit immer wieder selbst durchs Haus des Pilzmanns

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