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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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überraschten mich. Es waren Liebesromane. Nach den Titelillustrationen zu urteilen, waren sie von der keuscheren Sorte, bei der nur selten Busen wogten und Mieder nicht allzu oft lustvoll aufgerissen wurden. Diese Geschichten, in denen es weniger um Sex als um Liebe ging, waren ein merkwürdiger Gegensatz zu den Zeitschriften voller Frauen, die ihre Brüste streichelten, die Beine spreizten und sich lasziv die Lippen leckten.
    Als ich eines der Bücher aufhob und durchblätterte, verursachten die flatternden Seiten kein Geräusch.
    Inzwischen schien ich gar keine Geräusche mehr hören zu können außer jenen, die einen inneren Ursprung hatten: das Pochen des Herzens, das Rauschen des Bluts in den Ohren.
    Ich hätte auf der Stelle fliehen sollen. Die gespenstisch dämpfende Wirkung der unheilvollen Atmosphäre, die im Haus herrschte, hätte mich alarmieren sollen.
    Weil meine Tage jedoch ebenso sehr von seltsamen Erfahrungen geprägt sind wie vom Duft bratenden Fleischs und dem Zischen von Fett auf der Bratplatte, reagiere ich nicht so schnell alarmiert. Außerdem muss ich die manchmal bedauerliche Neigung eingestehen, mich immer meiner Neugier zu überlassen.
    Während ich weiter in den lautlosen Seiten des Liebesromans blätterte, überlegte ich, ob der Pilzmann womöglich nicht allein hier lebte. Bei den Büchern konnte es sich ja auch um die Lieblingslektüre seiner Partnerin handeln.
    Von den Indizien im Schlafzimmer wurde diese Hypothese nicht gestützt, wie sich herausstellte. Der Kleiderschrank enthielt nur Männersachen. Auch das ungemachte Bett, die achtlos herumliegende Unterwäsche, die Socken von gestern und ein Pappteller mit einer halb gegessenen Rosinenschnecke auf dem Nachttisch sprachen gegen die kultivierende Anwesenheit einer Frau.

    Die ins Fenster montierte Klimaanlage war nicht eingeschaltet. Aus ihren Schlitzen kam keine kühle Brise.
    Der schwache faulige Geruch, den ich schon in der Küche wahrgenommen hatte, wurde hier stärker. Er erinnerte an den Gestank eines durchbrennenden Stromkabels, wenn auch nicht ganz; er enthielt einen Anflug von Ammoniak, eine Spur Kohlenstaub und einen Hauch Muskat, aber nichts davon traf es ganz genau.
    Der kurze Flur, durch den man ins Schlafzimmer gelangte, führte auch ins Bad. Dort hätte der Spiegel gereinigt werden müssen. Die Zahnpastatube auf der Ablage war nicht zugeschraubt. Ein kleiner Abfallkorb quoll von Papiertaschentüchern und anderem Kram über.
    Gegenüber dem Schlafzimmer des Pilzmanns befand sich eine weitere Tür. Ich nahm an, dass sie entweder in einen begehbaren Kleiderschrank oder ein zweites Schlafzimmer führte.
    Vor der Schwelle wurde die Luft so bitterkalt, dass ich meinen Atem sehen konnte, einen fahlen Dunsthauch.
    Ich schloss die Hand um den eisigen Knauf und drehte. Hinter der Tür befand sich ein Strudel aus Stille, der mir das letzte Geräusch aus den Ohren saugte und mich vorübergehend völlig taub machte, selbst gegen das Hämmern meines Herzens.
    Die schwarze Kammer wartete.

10
    In meinen zwanzig Lebensjahren war ich schon an vielen dunklen Orten gewesen. Manchen hatte es an Licht gefehlt, anderen an Hoffnung. Soweit ich mich erinnerte, war keiner dunkler gewesen als jenes seltsame Zimmer im Haus des Pilzmanns.
    Entweder besaß diese Kammer keinerlei Fenster, oder sämtliche Fenster waren verbarrikadiert und gegen jeden neugierigen Sonnenstrahl abgedichtet worden. Keine Lampen glommen. Hätte in diesem tiefen Dunkel eine Digitaluhr mit LED-Anzeige gestanden, so wäre mir das schwache Glühen der Ziffern wie ein grelles Leuchtfeuer vorgekommen.
    An der Schwelle stehend, starrte ich in eine derart vollkommene Schwärze, dass ich nicht in ein Zimmer zu schauen schien, sondern in den öden Raum einer fernen Region des Universums, wo uralte Sterne nur noch ausgebrannte Asche waren. Auch die arktische Kälte, hier noch schlimmer als sonst irgendwo im Haus, und die lastende Stille sprachen dafür, dass es sich um eine trostlose Zwischenstation im interstellaren Vakuum handelte.
    Noch absonderlicher als alles andere: Dem Flurlicht gelang es nicht, auch nur einen Millimeter in den Bereich jenseits der Tür vorzudringen. Die Abgrenzung von Licht und äußerster Lichtlosigkeit führte scharf wie eine aufgemalte Linie an der Innenkante der Schwelle entlang, den Pfosten hoch und über den Türsturz. Das vollkommene Dunkel widersetzte sich dem eindringenden Licht nicht nur, es löschte es gänzlich aus.

    Das Ganze schien eine Wand

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