Anbetung
schwach im Bett gelegen und in den Schlund der eigenen Sterblichkeit geblickt hatte.
Weil ich schon genug sauber zu machen hatte, ohne das historische letzte Speien von Elvis nachzuspielen, biss ich die Zähne zusammen, unterdrückte meinen Drang und knöpfte Robertsons Hemd fertig zu.
Ich bin zwar bestimmt besser als ein Durchschnittsbürger in der Lage, den Zustand einer Leiche zu beurteilen, aber ein Spezialist für forensische Medizin bin ich noch lange nicht. Deshalb konnte ich den Zeitpunkt von Robertsons Tod auch nicht auf die halbe Stunde genau bestimmen.
Logischerweise lag er zwischen 17.30 und 19.45 Uhr. In diesem
Zeitraum hatte ich das Haus in Camp’s End durchsucht und die schwarze Kammer erforscht, hatte Elvis zum Grillabend von Wyatt Porter chauffiert und an der Baptistenkirche abgesetzt und war dann allein zu Little Ozzie gefahren.
Für einen Teil dieser Zeit konnten Chief Porter und seine Gäste meinen Aufenthaltsort bestätigen, aber kein Gericht würde die Behauptung akzeptieren, für das restliche Alibi sei der Geist von Elvis zuständig.
Mit jeder Minute wurde mir klarer, wie gefährdet ich war, und ich wusste auch, dass die Zeit immer knapper wurde. Wenn es irgendwann an der Tür klopfte, war das wahrscheinlich die Polizei, die einem anonymen Hinweis folgte.
34
Ein an Panik grenzendes Gefühl der Dringlichkeit verlieh mir neue Kraft. Unter Stöhnen und Ächzen und der Erfindung einiger interessanter Obszönitäten hievte ich Robertson aus der Badewanne und ließ ihn auf das Laken plumpsen, das ich auf dem Boden ausgebreitet hatte.
In die Wanne war erstaunlich wenig Blut gelaufen. Ich drehte die Dusche auf und spülte die Flecken mit dampfend heißem Wasser vom Porzellan.
Ich würde nie wieder imstande sein, hier ein Bad zu nehmen. Entweder musste ich das restliche Leben ungewaschen verbringen oder mir eine neue Wohnung suchen.
Als ich Robertsons Hosentaschen nach außen krempelte, fand ich in beiden je ein Bündel Bargeld: zwanzig kassenfrische Hundert-Dollar-Scheine in der linken Tasche, dreiundzwanzig in der rechten. Des Geldes wegen hatte man ihn eindeutig nicht umgebracht.
Ich steckte die Geldbündel in die Taschen zurück.
Die Brieftasche enthielt noch mehr Cash. Das Geld stopfte ich in eine von Robertsons Hosentaschen, die Brieftasche behielt ich. Wenn ich Zeit hatte, den restlichen Inhalt zu untersuchen, fand ich vielleicht einen Hinweis auf die von Robertson geplanten Morde.
Die Leiche gurgelte besorgniserregend, als ich sie ins Laken wickelte. Offenbar platzten Bläschen aus Schleim oder Blut in ihrem Schlund, was sich wie ein grausiges Rülpsen anhörte.
An Kopf und Füßen zwirbelte ich den Saum des Lakens zusammen und verschnürte die Enden so fest wie möglich mit weißen Schnürsenkeln, die ich aus einem Paar Ersatzschuhe gezogen hatte.
Das Paket sah aus wie ein monumentaler Joint. Ich stehe zwar nicht auf Drogen, nicht mal auf Gras, aber so sah es eben aus.
Vielleicht auch wie ein Kokon mit einer riesenhaften Larve oder Puppe, die sich in etwas Neues verwandelte. Was das sein mochte, darüber wollte ich lieber nicht nachdenken.
In Ermangelung eines Köfferchens packte ich eine Plastiktüte aus dem Buchladen mit einer Garnitur Wechselkleidung, Shampoo, Zahnbürste und Zahnpasta, Elektrorasierer, Handy, Taschenlampe, Schere, einer Packung Feuchttücher in Folie – und einer Rolle Magensäurehemmer, die ich brauchen würde, um die Nacht zu überstehen.
Ich zerrte die Leiche aus dem Bad und dann weiter durch mein dunkles Zimmer zu dem größeren der zwei nach Süden gehenden Fenster. Hätte ich in einem normalen Wohnblock mit Nachbarn unter mir gelebt, dann hätte sich am nächsten Morgen sicherlich gleich das Mieterkomitee versammelt, um eine neue Regel aufzustellen, die das Leichenschleppen nach 22.00 Uhr untersagte.
Die Leiche wog viel zu viel, um sie tragen zu können. Sie die Außentreppe hinunterpurzeln zu lassen hätte Lärm gemacht – und zudem ein eindrucksvolles Schauspiel abgegeben, wenn in einem ungünstigen Augenblick jemand auf der Straße vorbeigekommen wäre.
Vor dem Fenster standen ein kleiner Esstisch und zwei Stühle. Ich schob sie beiseite, öffnete den unteren Teil des Schiebefensters, entfernte das Fliegengitter und beugte mich hinaus, um mich zu vergewissern, dass man von den Nachbarhäusern aus wirklich keinen Einblick in den Garten hatte.
Ein Bretterzaun und alte Pappeln sorgten für Tarnung. Falls man durch die Äste hindurch doch
Weitere Kostenlose Bücher