Ancient Blades 3: Der Thron der Barbaren
jeder
Burggraf die Freiheit eines jeden Bürgers geschützt, sich seinen Gott selbst zu
wählen. Ihr scheint uns diese Freiheit nehmen zu wollen.«
»Es gibt nur eine Göttin, die Skrae noch retten kann«,
behauptete Hood. »Was glaubst du eigentlich, was Sadu für dich heute Nacht tun
soll? Worum willst du ihn bitten? Den Boden zu spalten, damit die Kerkertore
einstürzen und dein alter Dieb fliehen kann? Er würde allerdings im
Handumdrehen wieder geschnappt. Vielleicht wünschst du dir ja, dass Sadu dir
Dämonen zu Hilfe schickt.«
Ein Raunen lief durch die Menge. Dämonologie war Sache
von Zauberern, und denen vertraute keiner. Falls das Maldens Ziel war, würde er
jede Unterstützung verlieren, die er sich möglicherweise erhofft hatte.
Glücklicherweise hatte er
etwas anderes im Sinn. »Ich habe eine einzige Bitte an den Blutgott. Ich bitte
um das Einzige, das er uns je versprach: Gerechtigkeit für jeden Mann und jede
Frau. Und ich biete ihm dafür das von ihm gewünschte Opfer.«
Er zog das Gürtelmesser und schnitt sich die linke
Hand auf, und zwar so schnell, dass er dabei nicht einmal zusammenzuckte. Die
Wunde zeigte er den versammelten Menschen, dann ballte er die Hand mehrere Male
zur Faust, damit das Blut auch floss.
»Für dich, Sadu!«, rief er und ging in die Hocke,
damit er die blutige Hand gegen den Gottstein schlagen konnte. Blut rann die
Oberfläche hinunter. Im Mondschein wirkte es schwarz, sodass es alle sehen
konnten.
Einen Augenblick lang wagte niemand auf dem
Gottsteinplatz zu atmen.
Pritchard Hood brach das Schweigen und lachte.
»Malden, du hast dich selbst ans Messer geliefert! Du weiÃt, dass Blutopfer in
Skrae gesetzeswidrig sind, und das schon seit hundert Jahren. Du weiÃt ganz
genau, dass jeder, der diesem Stein opfert, mit dem Tod bestraft wird.«
Malden warf einen Blick auf die Keulen und Knüppel der
Stadtwächter. »Dann kommt und holt mich, Diebfänger!«, rief er.
Hätte Pritchard Hood eine
Leiter holen lassen und wäre dann hinaufgeklettert, um Malden zu verhaften,
wäre der Dieb rettungslos verloren gewesen. Hätte er einen
Bogenschützen auf die Dächer des Platzes geschickt, wäre Malden auf der Stelle
gestorben.
Stattdessen wollte Hood
zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. »Du hast mir einen
groÃartigen Vorwand gegeben, etwas zu tun, das sich kein Burggraf oder Vogt
zuvor traute. Malden, ich danke dir! Männer â kippt ihn um!«
Einer der Stadtwächter hob die Keule und donnerte sie
gegen den uralten Stein. Risse bildeten sich auf der Oberfläche, kleine Stücke
brachen ab. Zeit und Wetter hatten ihn brüchig gemacht, und es würde nicht
lange dauern, bis ihn der Wächter umgestürzt und zertrümmert hätte.
Zumindest wenn ihn niemand aufhielt.
Pritchard Hood hatte sich auf schlimme Weise
verrechnet. Der allgemeinen Lehre zufolge wies die Göttin jedem Menschen
aufgrund ihres geheiligten Dekretes einen Platz im Leben zu. Die im Leben
Erfolgreichen schuldeten ihr Treue, denn sie sorgte für Reichtum. Die Könige
von Skrae und sämtliche ihrer Adligen, jeder reiche Kaufmann und Gildenmeister
im Königreich, jeder geweihte Priester, sie alle beteten die Göttin an und
verabscheuten die Riten des Blutgottes. Sie hatten die Anbetung Sadus mit
Gewalt unterdrückt. Sie hatten Kriege gegen seine treuen Anhänger geführt. Aber
sie hatten den alten Glauben niemals völlig ausmerzen können.
Die Armen und die AusgestoÃenen der Gesellschaft
vergaÃen Sadus Namen nie. Sie lieÃen nicht zu, dass er in Vergessenheit geriet.
Als die Nachricht von der Invasion der Barbaren Ness
erreicht hatte, waren alle reichen Bürger geflohen. Sämtliche Kaufleute waren
verschwunden. Die Adligen und Höflinge, die Oberen der Göttinnenkirche hatten
die Stadt ihrem Schicksal überlassen.
Wer zurückgeblieben war, hatte es sich nicht leisten
können, aus Ness zu fliehen. Das waren die Menschen, die sich als Sadus Kinder
betrachteten. Die wahren Gläubigen, für die die alte Religion noch lebendig
war, waren die Menschen, die sich in dieser Nacht auf dem Gottsteinplatz
eingefunden hatten.
Bevor der Stadtwächter erneut zuschlagen und den Stein
zerschmettern konnte, wurde die ungezügelte Wut des Höllenpfuhls entfesselt.
Kapitel 59
Ein altes Fischweib mit dem Gesicht einer
verschrumpelten Rübe warf sich vor
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