Ancient Blades 3: Der Thron der Barbaren
einen Pfeil von der
Sehne schnellen lassen. Die Barbaren hatten weder angegriffen noch mit den
Verteidigern der Stadt ins Gespräch zu kommen versucht. Malden wusste, dass
dies die Ruhe vor dem Sturm war. Dunkle Tage kamen auf sie zu.
Aber in diesen Tagen herrschte in Ness gute Stimmung.
Sogar der unaufhörliche Strom der Petitionen und die Ansprüche an sein Amt als
Lord Bürgermeister waren vergleichsweise zu einem Rinnsal geworden. Die
Gildenmeister der Stoffhändler und Schuster hatten ihm Botschaften geschickt,
in denen sie ihn ihrer Unterstützung und ihrer Zuversicht versicherten. Die Bettler
der Stadt hatten einen Feiertag verkündet und für ihn eine unangekündigte, wenn
auch leicht anrüchige Parade abgehalten.
»Begreifen sie nicht, dass sie innerhalb einer Woche
vermutlich alle sterben oder zumindest versklavt werden?«
»Ach, mein Junge, da
überschätzt du verdammt noch mal den menschlichen Verstand«, erwiderte Slag.
»Bis dahin sind es noch immer sieben Tage. Im Augenblick wiegen sie sich in
Sicherheit und haben einen halbwegs vollen Magen. Und sie lernen etwas, das
wussten die Zwerge schon immer. Wenn du keine Zeit hast, auf dem Hintern zu
sitzen und Daumen zu drehen, dann hast du auch keine Zeit, dich ständig zu
beklagen.«
Das war wohl wahr. Es gab so viel zu tun, dass Malden
eine Aufgabe für jede untätige Hand gefunden
hatte. Oben auf der Mauer hatten an strategischen Stellen Hurden aus
Holz konstruiert und dann mit Tierhäuten abgedeckt und befeuchtet werden
müssen, damit die Barbaren sie nicht in Brand setzen konnten. Unzählige Waffen
wurden gesäubert, geschärft und mit Tierfett eingerieben, damit sie nicht
rosteten. Pfeile mussten gleich fässerweise geschnitzt, begradigt, befiedert
und mit Spitzen versehen werden. Jeder, der auf zwei Beinen stehen und
zumindest mit einem Arm kämpfen konnte, wurde gedrillt und auf den Ernstfall
vorbereitet.
Es hatte eine Zeit gegeben, als schon die Aussicht auf
harte Arbeit oder gar Opfer â was der Blutgott verhüten mochte! â
ausgereicht hatte, damit in Ness ein Aufruhr losbrach. Inzwischen hatte die
ganze Stadt durch die Bemühungen zur Abwehr der Belagerung neuen Schwung
erhalten.
»Der gemeinsame Gegner führt sie zusammen«, erklärte
Slag schlieÃlich. »Sie arbeiten für ihre verdammte Rettung, und das wissen sie.
Du solltest auch etwas mehr Bürgersinn zeigen, du dummer Arsch!« Slag schlug
Malden auf den Unterarm und wollte sich ausschütten vor Lachen.
Anscheinend teilte der Zwerg das Gefühl der
Kameradschaft der Bürger gegen den gemeinsamen Feind.
»Wenn ich bloà halbwegs den Eindruck hätte, dass die
ganze Plackerei ihren Zweck erfüllt!«, seufzte Malden. »Das meiste wird für die
Katz sein. Die Barbaren wissen, wie man Bogenschützen auf Stadtmauern bekämpft.
In Rotwehr haben sie das Tor nicht gestürmt â wir wissen bis heute nicht,
wie sie dort über die Mauer gekommen sind, aber sie sind nicht durch das Tor
eingedrungen. In Helstrow haben sie es mit einem einfachen Trick und einem
entschlossenen Ansturm geschafft. Hätte ich doch bloà irgendeine Geheimwaffe,
irgendeine unbezwingbare Macht, auf die ich zurückgreifen könnteââ¦Â« Er dachte
an Coruth und dass sie Cythera zur Hexe ausbildete. Derzeit wäre Magie sehr
hilfreich gewesen, aber er verlieà sich lieber nicht auf arkane Hilfe. Die
Geschichtsbücher waren voller Beispiele von Lords, die sich auf Hexen und
Zauberer verlassen hatten, nur um dafür bitter bezahlen zu müssen, wenn sich
die Magie als noch launischer als Eisen erwies.
»Mein Junge«, sagte Slag.
»Hm?« Malden war völlig in Gedanken versunken.
»Mein Junge, komm her!«, flüsterte der Zwerg und
führte Malden um eine Ecke in den Schatten einer Stallung. »Mein Junge,
vielleicht kann ich dich genau damit ausrüsten.«
Der Dieb hatte das Gefühl, mit einem Kübel Eiswasser
übergossen zu werden. »Mich mit etwasâ⦠ausrüsten?«, fragte er vorsichtig.
»Mit einer unbezwingbaren Macht.« Die Augen des
Zwerges funkelten in der Dunkelheit. »Es wäre nicht einfach. Auch nicht
billig.«
»Ich bin ganz Ohr«, raunte Malden.
»Erinnerst du dich noch an das Buch, das ich im
Vincularium fand?«
»Ehrlich gesagt nicht«, gestand Malden.
Slag schüttelte den Kopf. »Gut, gut. Aber
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