Ancient BladesDie Metropole der Diebe
Tür stand einen Spalbreit offen.
Malden wollte die Flucht ergreifen. Er kam nicht weit. Die Tür wurde aufgestoßen, und in Augenumhänge gehüllte Männer mit Hellebarden stürmten herein. »Schnappt ihn euch«, rief jemand, »wer auch immer das ist!« Und dann ergriff ihn ein Dutzend Hände und schleppte ihn in Cubills Allerheiligstes.
Kapitel 38
Grobe Hände zerrten Malden durch die Tür und stießen ihn zu Boden, wo er auf Händen und Knien landete. Der Knauf einer Hellebarde bohrte sich ihm ins Kreuz, und jemand stemmte ihm einen Stiefel in den Nacken und drückte ihn nach unten. Die Ahle wurde aus der Scheide gerissen, der Geldbeutel vom Gürtel gezogen. Ein Wächter fand den Goldsack auf seinem Rücken und zog daran herum, bis er aufplatzte und die Münzen über den Fußboden prasselten.
»Bei den Kniescheiben der Göttin, das ist ja ein Schatz!«, fluchte jemand. Von seiner Lage aus sah Malden kaum etwas außer Stiefeln und der Unterseite von Cubills Schreibtisch. Er hörte aber die Stimmen von einem halben Dutzend Männern und wusste, dass er hoffnungslos unterlegen war.
»Was meinst du – gestohlen?«
»Natürlich! Wir sind hier doch in der Festung des Verbrechens.«
»Wir sollten es für die Stadkasse beschlagnahmen.«
»Zählt es, damit wir es später aufteilen können und …«
»Zählt es. Alles. Und dann legt es hierher.« Als sich die letzte Stimme zu Wort meldete, nahmen alle Wächter in Maldens Nähe Haltung an. »Lasst ihn aufstehen, damit ich mit ihm reden kann!«, befahl die Stimme. Der Stiefel in Maldens Nacken verschwand, und er rappelte sich auf. Endlich konnte er sehen, was in dem Kontor vor sich ging.
Die Männer der Stadtwache säumten die Wände des Raums; die Spitzen ihrer Hellebarden kratzten beinahe über die Decke. In der Mitte saß Cubill an seinem Schreibpult, die Feder in der Hand – genau wie bei der letzten Begegnung mit Malden.
Neben ihm stand Anselm Vry.
Malden erkannte den Vogt der Freien Stadt, so wie ihn jeder erkannt hätte, der sein Leben lang in Ness lebte. Nach dem Burggrafen verkörperte Vry das menschliche Anlitz der Stadt. Als Vogt unterstand ihm nicht nur die Wache, er kümmerte sich auch um jede Einzelheit der Verwaltung des Stadlebens. Er setzte die Erlasse des Burggrafen durch, sorgte dafür, dass die Gewichte und Maßlängen gewissenhaft eingehalten wurden, beaufsichtigte die Handelsgilden. Er war der zweitwichtigste Mann der Stadt, und seine Anwesenheit konnte nur eines bedeuten. Er wusste über den Diebstahl der Krone Bescheid, und er wollte sie um jeden Preis finden.
Malden hatte bereits den Preis gesehen, den Bellard gezahlt hatte.
»Gehört der zu dir?«, fragte Vry und starrte Malden an.
Die Frage war allerdings an den Herrn der Diebe gerichtet. »Ob der zu meinen Dieben gehört? Nein, natürlich nicht«, erwiderte Cubill. Er notierte etwas in seinem Kontobuch. »Seht Euch doch den Zustand seiner Kleidung an. Meine Leute können es sich leisten, sich vernünftig anzuziehen.«
»Und das Geld? Dieses Gold?«, wollte Vry wissen.
Cubill blickte auf. Er betrachtete die Goldmünzen, die ein Wächter auf seinen Schreibtisch legte. Dann richtete er den Blick auf Malden und hob eine Braue. Er übermittelte Malden eine Botschaft, und die lautete: Sei besonnen und widersprich mir nicht. Malden war schlau genug, sich nicht anmerken zu lassen, dass er die Anweisung verstanden hatte.
Der Gildenmeister winkte ab. »Das Geld gehört mir, ja. Der Junge hatte es lediglich hier abzuliefern. Vielleicht sollten wir ihn wegschicken, bevor wir weitersprechen.«
Vry studierte Malden mit konzentrierter Verachtung. »Gut. Gebt ihm sein Messer zurück – der gefährdet keinen mit diesem Schweinestecher.«
»Junge«, sagte Cubill, »wenn du durch die Tür zu meiner Linken trittst, findest du den Rückweg ins Stinkviertel.«
Malden nickte und nahm von einem Wächter seine Ahle entgegen. Er fragte nicht, warum ihn Cubill durch die linke Tür schickte, während doch die Tür unmittelbar hinter dem Schreibtisch zur Oberfläche hinaufführte. Er schob den Wandteppich zur Seite, der die besagte Tür verbarg, und schlüpfte schnell hindurch. Dahinter befand sich ein winziger Raum ohne Ausgang – kaum mehr als ein leerer Schrank.
Allerdings gab es eine ganz besondere Auffälligkeit. Neben der Tür hatte man auf Augenhöhe ein ganz kleines Loch durch die Wand gebohrt. Jemand, der dort stand, konnte alles sehen und hören, was im Kontor geschah.
Also war dies ein
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