Ancient BladesDie Metropole der Diebe
Lauschposten. Wenn Cubill ihn hier hereinschickte, dann mit gutem Grund. Malden legte das Auge an das Loch und verhielt sich ganz still.
Im Kontor waren der Vogt und der Gildenmeister bereits in eine ernste Unterhaltung vertieft.
»Wenn einer deiner Diebe die Krone gestohlen hat«, sagte der Vogt, »lasse ich jedes Mitglied deiner Mannschaft aufhängen. Dich lasse ich vierteilen und deine Überreste über das ganze Königreich verteilen. Ich lasse diesen Bau niederreißen und deine Organisation …«
»Das war keiner meiner Leute. Das kann ich Euch versichern. Keiner meiner Diebe wäre der Meinung, dass die Beute die Mühe wert wäre. Wo sollten sie denn die Krone verkaufen, sobald sie sie entwendet hätten? Kein Hehler in der Freien Stadt nähme sie und würde erst recht nicht dafür bezahlen. Das bedeutet, dass ihr Wert für uns gleich null ist. Ihr müsst anderswo suchen, mein Lord Vry.«
»Vielleicht hat jemand den Diebstahl in Auftrag gegeben. Jemand, für den es sich auszahlt, die Stadt in Verlegenheit zu bringen.«
»Aber warum sollte einer meiner Diebe einen solchen Auftrag annehmen? Er wüsste mit Sicherheit, wie viel Ärger das für meine Organisation bedeuten würde. Ich rekrutiere keine Dummköpfe oder Narren.«
Im Schrank zuckte Malden zusammen.
»Schluss mit diesem Unsinn!«, schäumte Vry. »Ich kann dir nicht vertrauen. Du würdest doch alles sagen, um deinen Hals zu retten, nicht wahr?«
»Ich habe Euch alles gesagt, und es war die Wahrheit, soweit sie mir bekannt ist.«
»Glücklicherweise muss ich dich nicht beim Wort nehmen.« Vry schnippte mit den Fingern, und einer seiner Wachmänner eilte aus dem Raum. Er kam einen Augenblick später zurück und führte eine Gestalt in einer Robe mit einer schweren Holzmaske vor dem Gesicht herein.
In seinem Versteck keuchte Malden auf. Glücklicherweise hörte ihn keiner.
»Ein Zauberer, Vry? Ihr lasst mich mit Magie verhören? Das ist nicht Euer Ernst«, sagte Cubill, als der Magier zu seinem Schreibpult geführt wurde. »Ihr brecht doch niemals eines Eurer eigenen kosbaren Gesetze.«
Vry zuckte mit den Schultern. »Das ist richtig. Kein Mann darf vor einem ordenlichen Gericht mihilfe von Hellsehen verurteilt werden. Aber dies ist kein ordenliches Gericht. Und was die Ehik angeht … Not kennt kein Gebot.«
Cubill schürzte die Lippen und legte die Feder weg. »Also gut. Und wie habt Ihr Euch den Ablauf vorgestellt?«
Der Magier zog einen Gegenstand aus den Falten seines langen Gewands. Eine Steinplatte von der Größe und Dicke eines Buchs. Eine Seite war geschliffen und poliert, glatt wie Glas. »Das ist ein Zeigestein«, erklärte sein Besitzer mit gurgelnder, unnatürlicher Stimme. »Er sieht, was verborgen ist, was außer Sicht versteckt ist. Ich muss mich enhüllen, um ihn richtig benutzen zu können.«
Die Wächter zeigten deulich ihr Unbehagen bei dem Gedanken. Cubill und Vry reagierten überhaupt nicht. »Macht schon!«, verlangte Vry.
Der Magier schob die Maske nach oben auf den Kopf.
Maldens Aufschrei ging im allgemeinen Entsetzen unter.
Kapitel 39
Technisch gesehen war Zauberei in Skrae keinesfalls illegal. Allerdings war sie auch nicht weit verbreitet. Und sie konnte außerordenlich lukrativ sein. Es gab strenge Gesetze, was die Dämonenbeschwörung anging, und die Strafe dafür war eindeutig, schnell vollstreckt und einhundert Prozent tödlich. Aber andere Gebiete der Magie wie Wahrsagen, der Schutz vor Flüchen und ihre Anwendung, die Zubereitung von Liebestränken und Ähnlichem waren erlaubt, und es gab genügend Kunden für dieses Handwerk. Die reichen Bürger von Ness waren stets auf der Suche nach einem Vorteil oder danach, ihre Stellung zu bewahren, und sie rümpften nicht einmal vor dem verrufensten Scharlatan die Nase. Es gab in Ness mindestens tausend Männer, die von sich behaupteten, in der Kunst der Magie bewandert zu sein, und von ihnen konnten vielleicht zwei oder drei Dutzend diese Behauptung mit Ergebnissen untermauern. Sie alle wurden für ihre Lehrzeit in den magischen Künsten entschädigt.
Allerdings hatte es nie genug von ihnen gegeben, um eine Gilde zu bilden. Denn in der Freien Stadt erfuhr jedes Kind schon in frühem Alter eine Tatsache über haumaturgie, und die hielt die meisten schon davon ab, eine Karriere in den okkulten Künsten anzustreben. Die Tatsache lautete wie folgt: Magie hat immer einen Preis.
Magier zogen ihre Macht aus dem Höllenpfuhl mit seinen teuflischen Bewohnern. Durch
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